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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0658

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G04

System der Hicroglyphik

ursprünglich den zwischen E und I schwankenden, aher mit dem E geschriebenen Laut enthielten,
welcher in die neuere Orthographie um so störender eingriff, da das häufig vorliegende E-Zeichen
der alten Orthographie und sein aus der alten Sprache empfangener I-Laut trotz ihrer materiellen
Einheit formell von einander abwichen und die jüngeren Römer nach zwei verschiedenen Richtun-
gen führten. Wenn aber auch gewiss die Römische Volkssprache öfters einen uralten, für die
Etymologie wichtigen Laut rettete, ja wenn sogar die Tochtersprachen des Lateinischen einen sol-
chen Laut aufnehmen und fortpflanzen konnten, ob schon ihn die classische Latinität längst aufge-
geben hatte so muss doch auch zugestanden werden, dass, da ein grosser Theil der uns über-
lieferten Latein. Inschr. Nicht-Römer, seien es'Griechen oder Barbaren, zu Verfassern hat, häufig
ein I für E nicht wegen der schlaffem Aussprache, sondern wegen ungenauer Kenntniss der Latein.
Sprache überhaupt gesetzt werden konnte. Wer würde z. B. nicht erröthen, aus einer Inschrift
wie folgender bei Orelli no. 2521. Tl. CLAVB1VS || OLYMPVS || VDIO SVCCIPIO || IX HOSIIA
(=.volo susceplo ex hoslici) QVAM |j 1PSI FECIT || SILVANO |j D. Di irgend einen Beweis für
eine etymologische Frage entlehnen zu wollen? Dem zu Folge muss ich wenigstens bei einer
Anzahl der bereits oben p. 571. von mir bemerkten Sprachfälle, in denen I für E steht, so wie
bei einigen anderen der Art, welche ich in Gmters Index gram, nicht aufgenommen finde 2), völlig
dahin gestellt sein lassen, welcher Antheil einerseits der durch die Etymologie begründeten alten
Volkssprache, anderseits aber der Unkenntniss der Lateinischen Sprache zuzuschreiben sei.

Cafer p. 2345. 'Bärgina non Bargenna, p. 2246. Filicent non felicem, torpedo non turpido, p. 2247. Assiduui non
ctsseduus, p. 2258. Circinus non cercinus, delitum nou deletum, dellrare non delerare. Letzteres auch Sos. Chams, p.
59., vgl. aber Vel. Long. p. 2233. Delirus placet Varroni, non delerus. — Der im Texte angeführte Grund mochte auch
obwalten, als man einstmals das tot Griech. Wörter wie xo/Uu, vavoiu in das ea von Cochlea, nausea übertrug. ■

1) Vgl. das Lat. Sex, Kai. sei, Franz. six, Span, seis, Neuhochdeutsch Sechs, dagegen Gothisch Saihs., Lat.
decem, decim, Ita). diece, dieci, Franz. dix, Span, diez, Neuhochdeutsch Zehen, Zehn, dagegen Gothisch taihun (Bopp
Veryl. Gram. §. 82. p. 70. „durch Schwächung des a zu i (im Sanskr. heisst sechs s'as, zehn das an) sind die Formen
slhs, tihun geworden, woraus später durch die von h und r erworbene gunirende Kraft saihs, taihun geworden. Das
Hochdeutsche aber ist auf der früheren Stufe stehen geblieben, denn Ahd. sehs (vgl. über dieses e oben p. 533. no. 3.),
Angels. six und tiihan oder tehun stützen sich auf ein Vor-Gothisches sihs, tihun'1. Vgl. Hebr. K'K'und zwar Zere —
1—— ai, Mt&'tl'.j. Ferner Lat. detis, Kai. dio, Franz. dieu, Span, dios; Lat. pes, Ital. piede, pie, Franz. pied, Span.
pie, vgl. Griech. novg, Goth. Fötus, Altiiochd. vuoz, Neuhochd. Fuss; Lat. coelurn, caüütn, Ital. cielo, Franz. ciel, Span.
cielo; Lat. coecus, caecus, Ital. cieco, Span, cieyo; Lat. nepos, Ital. nipote, nepote, Franz. neveu , Span, nieto; Lat. mel,
Ital. miete, Franz. und Span, miel; Lat. aequalis, Ital. uyuale, eyuale, Franz. iyal, egal, Span, iyual; Lat. seculum, sae-
culum, Ital. secolo, Franz. siede, Span, siylo; Lat. febris, Ital. febbre, Franz. fievre, Span, flebre, Deutsch Fieber. Feste
Bestimmungen sind jedoch auf diesem Wege für die altlatein. Aussprache nicht zu erlangen, weil die Tochtersprachen,
während sie hier altlateinische Bestandteile bewahrten, dort andere absterben Hessen, und doch zugleich wieder einen neuen
Bildungstrieb ansetzten, so dass sie häufig da Vocale schüren, wo der Mutterstamm entweder ganz andere oder auch gar
keine besessen hatte. Man vgl. in dieser Beziehung das Span, tinieblas, Lat. tenebrae, Ital. tenebre , Franz. te'nibres;
Span, tienro, tierno, Lat. teuer, Ital. tene.ro, Fr. tendre; Span. Ines, Ital. Aynese, Fr. Aynes; Span, bachiller, Lat. bac-
callaureus, Ital. baccelliert>, Fr. bachelier ; Span, deleitar, Lat. delectare, It. deliziare, Fr. deleeter; Span, reino, Lat.
reynum, It. regno, Fr. regne; Span, peine, Lat. pecten, It. pettine, Fr. peigne; Span, quinientos, Lat. quingenti, It. cin-
qutcenti; Span, tiempo, Lat. tempus, It. tempo. Fr. temps. Bisweilen kann aber auch die Mutter und die Mehrzahl der
Töchter einen ursprünglichen Laut verlieren und doch eine der letzteren ibn behaupten wie z. JB. im Lat. minor, minus,
Vulgarspraciie menus, iL meno, Span, menos, Franz.. moinsj Engl, meaner.

2) Orelli no. 1017. RINOVATO, no. 5013. VITVSTVS, no. 3100. (vom I. 261. nach Chr.) ITIM neben ITEM,
no. 4383. DIDIT Cvgl. oben p. 586. DIIDHO), no. 3399. SVPERSTIS, no. 3414. MILIS, no. 5016. COL.LIG. no. 341«.
VIXILLABIVS, no. 4217. MANCIPS neben OVINQVAE, no. 3381. BINEMEHENTI neben NATVS COL. AG1UPP1NENSE,
no. 3120. MIN1MI DIEINOEPS (incorrecte Iuschr. vom I. 331. nach Chr.).
 
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