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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0764

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System der Hieroglyphik

balinhaltes völlig maasslos. Nur erst dadurch, dass der Infin. wirklich zum Substantive wird, fasst
er jenen maasslosen Inhalt unter einer Einheit zusammen. Zum Substantive aber wird er, indem
er ein Persönlichkeitszeichen, das ist ein Pronomen: das == D, das Lesen, das Schreiben, empfängt.
So verwandte Vorstellungen nun auch die Infinitive Lesen, Schreibett und die Substantive das
Lesen, das Schreiben in der Seele erregen, so unterscheiden sich doch die ersteren von den letz-
teren wie eine unbestimmte Reihe von Zahlen gegen die bestimmte Zahl ihres Facit. Der zum
Substantiv erhobene Infinitiv muss seiner Natur nach einen abstracten Inhalt haben. Indem jedoch
dieser abstracte Inhalt irgend einem concreten Gegenstande ausnehmend zu zukommen schien, so
ging derselbe allmählig in dem Namen dieses concreten Gegenstandes unter. Demnach hiess z. B.
jD'P, l-iia->.A, ftäßu (-t^?:) von jO1 ursprünglich das Rechls-Sein und davon der Süden und noch
concreter der Südwind, bin, 'iCs\2 S£d2 V^z^ V=z von ^S* das Hervorbringen und davon
die Erde (vgl. Skr. ZfjJ d'ard — terra, y^THT d'arani, die Tragende), l^oomz von Oin

das tosend in Einandergehen und davon die lobende Flulh, der Abgrund, niDPl, ^Uü'j ^A^'- von
nSJ das angenehm Duften, der Apfel. Ist diese Ansicht von dem D die richtigere, so haben wir
in ihm ein uraltes pronominales Präfix der 3t. Pers. gefunden. An und für sich war dieses Prä-
fix, wie das Demonstrativ überhaupt, gemeingeschlechtig. Da nun die älteste Sprache und nament-
lich das Semit, in den Nennwörtern nur ein Belebtes, sei es ein Männliches oder Weibliches, dagegen
nichts Neutrales wahrnahm, so wäre es möglich, dass gleich vom Anfange an dieses demonstrative n
so wohl vor männlichen als weiblichen BegrhTen Platz genommen hätte. Allein erwägt man den eben
bemerkten Ursprung der Nomen mit vorgesetztem n, erinnert man sich, dass die Semiten das
Abstracte als die schwächste Existenz dem schwächern Geschlechte, dem Feminino, anwiesen, so
wird man es für ungleich wahrscheinlicher halten, dass die Substantiva auf—n ursprünglich durch-
aus und zwar so lange für Feminina galten, als sie noch ihren abstracten Inhalt aufrecht erhielten
und dass erst dann eine Anzahl von ihnen in das Mascul. übertrat, als sich denselben ein concre-
ter Inhalt untergeschoben hatte !). Nichts desto weniger blieb der bei weitein grössere Theil die-
ser Bildungen auf dem Gebiete des Femininums. Während das Nominal-JVö/ia; n unstreitig aus
einer sehr frühen Sprachperiode abstammt, so ist ein anderes n, welches als Nominal - Suffix ge-
braucht wird, keinesweges von so unbezweifeltem Alter. Wir treffen dieses den weibl. Charakter
bildendeNominal-SinTix für denllebr. und Aram. stat. absol. in den Formen auf Tf\ und n1- , in den In-
finitiv- und Participial-Formen auf n_ und n_, in der Aussprache des Arab. * und in der regel-
mässigen Aethiop. Femininalbezeichnung = PI wie z. B. <D\K' genilor, (DAS,^: genilrix, <3="5"t£:
mnator, (PWjirl sanalrix, asinus, AM^: asina, Wf!': bonus, UJf J^: bona, -HB-O: bea-

ius, -nöö^." beata, «£J?<^: firimus, ^Jfc^t-; prima, X1<P'. secunäus, XKp'f. secunda, etc. 2).
Eben dieses n soll ja aber der Ursprünglichkeit ermangeln und erst aus einem n entstanden sein.
Allein gerade das Aethiop., welches sich unter den Semit. Sprachen am Durchgreifendsten des t
als Femininalzeichen bedient, macht die angebliche Entstehung dieses l aus h äusserst verdächtig.
Im Aethiop. nämlich liegt der Bildung des stat. constr. im Allgemeinen dasselbe Princip zum Grunde,
wie im Ilebr., nach welchem nicht das Nomen rectum, sondern das regens verwandelt wird. Im

1) Vgl. Gksknius Hebt: Gram. §. 73, 11. p. 151.

2) Ludolf Gram. Aethiop. p. 80. 96. 99. 112. sq.
 
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