Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0889

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
von Champollion.

835

dieses Gesetz keine absolute Nöthigung besass. Denn sonst würde man den willkührlichen Gebrauch
von I^^H siriyath und ^T^slrim gemieden und einen Acc. JT^im in der Sprache ganz getilgt
haben. Nicht minder würde man auch den einsylbigen Nom. sing, auf analoge Weise mehrsylbig
gemacht haben. Denn das, nicht auf Reflexion, sondern auf den Sinn des Gehörs begründete Ge-
setz des Wohllautes fragt nicht, ob eine übelklingende. Form diesem oder jenem Casus zukomme,
um sie etwa für den Nominativ zuzulassen und für den Acc. zu meiden, sondern es richtet sich
schlechthin nach dem euphonischen Werth einer Lautverbindung, welche sie als solche entweder
hilligt oder verwirft. Noch weit unpassender zeigt sich aber das Wohllautsgesetz von dem Stand-
puncte des Latein, aus. Ein Streben, kürzere Worte der Euphonie wegen zu verlängern, lässt
sich hier wohl schwerlich nachweisen, dagegen aber mit der grössten Leichtigkeit das entgegen-
gesetzte, längere Worte zu verkürzen und selbst bis auf Einsilbigkeit herabzubringen Qüebs, urbs,
stirps, fax, ncx, nix, mens, lens, dens, lue, sal, mel, etc.). Diese Richtung ist auch, wie
bereits früher aus einander gesetzt wurde, eine völlig naturgemässe, indem die ältere Zeit durch
das Remühen, alle Theile einer Vorstellung vermittelst entsprechender Lautgebilde so deutlich als
möglich darzustellen, Formen geschaffen hatte, welche dem Gefühl einer jüngern Zeit viel zu lang,
schleppend und übelklingend erschienen und welche man daher nach Kräften abzukürzen suchte.
Diese Abkürzungsperiode ging, wie wir gleichfalls sahen Q>. 594. no. 4.) in ihrem Eifer selbst zuAveit,
so dass eine spätere Zeit nicht wenig Formen, welche ihr über die Gebühr beeinträchtigt zu sein
schienen wie z. R. die gewiss nur als Zusamraenziehungen von eins, eam, eos, iis, ii anzusehen-
den Casus des Pronom. is: ei (vgl. die relativ älteren Genit. nulü, neuiri, etc. mit dem wieder
zur Alleinherrschaft gebrachten nnllius, neutrius, etc.), am, os, is, i, allgemein wieder auf die
ältere, längere Dildung zurück führte. Diese auf Kosten der äussern Regriffs-Darstellung zu Gun-
sten des Wohllautes geschehene Form-Verkürzung ist aber ganz und gar nicht dem Lateinischen
allein, sondern allen alten Sprachen, den Indo-Germanischen wie den Semitischen und sicherlich
auch den zu keinem dieser Stämme gehörenden eigenthümlich. Zwar besitzt das Sanskr. in dem
Guna und Wriddhi (p. 627. no. 3.) offenbar eine secundäre Lauterweiterung, welche ich oben zur Er-
klärung des a der Latein. Ist. Declin. anführen zu dürfen geglaubt habe. Allein da selbst nach
dem Geständnisse Hr. Ropps das Latein, sich anderweit frei von der Gunirung gehalten hat (p.
779.), da ferner die dem a parallel laufenden übrigen Vocale sich aus diesem Lautgesetze nicht
befriedigend ableiten lassen, und da endlich die dort gegebene Auffassung dieser Vocale als Rinde-
laute darum unzulässig ist, weil ein Vocal, um sich an einen Consonant zu schliessen, eines andern
Vocales nicht nur nicht bedarf, sondern sogar diesen zweiten Vocal als störende Einmischung von
sich abstossen wird, und weil beim Anschlüsse an einen wurzelhaften Vocal die Sprache nicht ei-
nen dritten Vocal zu Hülfe ruft, sondern entweder einen verwanden Consonant (Halbvocal) dazwi-
schen setzt, oder die beiden Vocale sei es in einen Diphthong, sei es in einen einfachen Vocal
verschmelzt, so sehe ich mich genöthigt, von dieser frühern Ansicht abzustehen. Desshalb wird
es wohl vergönnt sein, den von Hr. Bopp mit dem Namen eines unorganischen Zusatzes bezeich-
neten und in dieser Eigenschaft mit dem allgemeinen Gange der Latein. Sprachentwickelung unver-
einbaren zweiten Vocal als einen aus dem Wesen der Declination organisch hervorgegangenen He-
standtheil der Wortbildung zu rechtfertigen. Da hierbei das Wesen der Declination den leitenden
Grundsatz abgiebt, so müssen wir unsern Blick über die Declination der Pronomina hinaus zugleich
auf die der Nomina und überhaupt der übrigen declinationsfähigen Wörter richten. Ein Nomen,

105*
 
Annotationen