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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0974

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System der Hieroglyphik

einem vollständigem Zustande als seine Schwestern erhalten zu haben, hat es doch auch nicht we-
nig andere Formen mehr beeinträchtigt, als diess selbst das Nhd. und Litthau. bis auf diesen Tag,
mithin beinahe nach einem Verlaufe von 2 Iahrtausenden zu thun vermocht haben. Ist diese Form-
Zerset/iiing etwa nur in den jüngsten Werken der Sanskr.-Literatur wahrnehmbar'? Mit Nichten.
Schon die ältesten Hymnen seiner ältesten Literatur, d. i. der Veda's, boten auffallende Beispiele
von arger Form-Verkürzung dar. Dennoch aber, so belehrt uns Hr. Bopp Vgl. Gr. p. 506., „hat
manches Veda-Eigenthum in den Europ. Schwestersprachen häuligern Gebrauch als in dem gewöhn-
lichen Skr. behauptet." Es ist hier die Bede von dem Pronomin.-Stamme cT tu, welcher sich im
Skr. mit dem Belat. <J ya zur Bildung eines neuen, vorzüglich den Veda's eignen Pronora, verbin-
den soll. Wer verbürgt uns indess, dass Nora, ^^syas; Acc. Ff^lyam nicht ein neuer, sondern
das ältere Deraonstrat. mit Subject.-Stainme und Object.-Bezeichnung enthalte, als dessen Vertrock-
nung titl^Jal, cT^[ lus, ^kX^sus, sa anzusehen sei, während die beiden S in syas selbst schon
Erweichung eines ältern t waren? So nahe er auch liegt, so wollen wir keinen Schluss ziehen
von der Zerstörung älterer Sprachformen auf den dadurch bedingten Lautwandel. Wenden wir
vielmehr den Blick auf die Wohllautsgesetze des Skr. selbst. Nun besitzt keine Sprache der Erde,
so viel ich weiss, ein so fein ausgesponnenes System von Wohjlautsregeln als das Skr. Keine ist
in so hohem Grade empfindlich gegen zahlreiche Verbindungen von Vocalen und Consonanten als
dasselbe. Ist nun diess bis auf die Spitze getriebene euphon. System der Charakter einer Urbild-
ung? Durchaus nicht. Im Gegentheil der Charakter der Urbildung musste wie jeglicher Anfang
und wie es das Verhältniss jeder ältern Sprachperiode mit ihrer jüngern (wofern diese nicht Ver-
fall und Bückkehr zur Barbarei) darthut, härter, ungelenker, breiter, eckiger sein, musste, wie wir
diess bereits bei dem Altlatein, erwähnten, häufige Lautverbindungen enthalten, an denen die jün-
gere Zeit entschieden Anstoss nahm. Das Lautsystem des Skr. setzt eine lange Beihe von Ab-
schleifungen und Verfeinerungen voraus, welche nur das Ergebniss einer allmälilig gereiften Em-
pfänglichkeit, eines geschärftem Sinnes für die Harmonie der Töne sein konnte. Ia dieser Sinn
zeigte sich in dem Gesetze, welches 2 Vocale selbständig neben einander auszusprechen verbietet,
unter welches Gesetz sich das so zarte Griech. Organ nie gebeugt hat, als ein verwöhnter und
verzärtelter. Und dennoch herrscht dieses Gesetz mit eiserner Strenge schon in den ältesten
Denkmählern der Sprache. Das, was wir oben (p. 593.) über die Laütglättutfg des Bora, sag-
ten, gilt natürlich auch für das Skr. Auch das Skr. als die Sprache eines der gebildetsten Völker
des Alterthums musste sich jenes neutrale Lautelement, jenen ruhigem Farbenton zu verschaffen su-
chen, auf welchem die hervor stechenden Lichter und Schatten mit desto grösserer Wirkung aufge-
tragen wurden. Das Skr. wird nicht minder als das Latein., ja «m so viel mehr, je überlegner es
demselben an feinem] Sprächsinne war, bemüht gewesen sein, die zu stark und voll aufgetragenen
Farben einer kindlichen Periode zu mildern und zu sänftigen. Wie nun aber das hellere Organ
der Occidentalen jenen indifferenten Farbenton hauptsächlich in dem c gewann, so erlangte ihn das
tiefere Organ der Orientalen in dem a. Weit entfernt also,, in diesem vorwaltenden Vocale des
Skr. noch die Urbildung der menschlichen Sprache belauschen zu wollen, wird man in ihm ein Er-
zeugniss der Sprachglättung erkennen, welche eine unbekannte Beihe von Lautveränderungen durch
schritten hat, bevor sie zu dem uns jetzt vorliegenden Zustande gekommen ist. War also auch
das a der Hauptvocal der Ursprache, so haben doch die nachfolgenden Perioden dieses a häufigst
 
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