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15 —
Das bedeutet aber, daß sich hier die Beleuchtung leise zur
Atmosphäre steigert und der Rhythmus unmerklich in Erschei-
nung übergeht: wie es in der Malerei Dinge gibt, bei denen
wir das Atmosphärische zurückzütreten sehen glauben, Dinge,
die die Gesetze der Einheit nicht außer sich zu suchen brauchen
und in denen sich die Erscheinung zum Rhythmus zu verdichten
scheint.
Hiermit sind wir an der vorhin allgemein angedeuteten
Scheidung der beiden Begriffspaare angelangt.
Plastik und Malerei sind summarische Begriffe für die kon-
kreten Denkmäler, für das tatsächlich Zustandegekommene.
Malerisch und Plastisch dagegen sind von vornherein ge-
gebene Anschauungsweisen der Materie auf dem Gesamtgebiete
der bildenden Künste.
Es sind die beiden Angriffsweisen der künstlerischen Ge-
staltung, wenn wir uns den Prozeß im Sinne der Bewältigung
und Bändigung der im drohenden Chaos unzähliger Gestaltungen
umlagernden Welt vorstellen.
Es sind die beiden Grundausdrucksmöglichkeiten, wenn
man den künstlerischen Vorgang in diesem Sinne deuten will:
indem die einheitlich bewegte Seele ihre zusamnientretenden
Empfindungen in Rhythmen ertönen — die tieferregte ihre Träume
aus dem Hell und Dunkel der ewig bewegten Phantasie in
blitzartigem Lichte eines glücklichen, vereinheitlichenden Augen-
blicks in die Erscheinung treten läßt.
In diesem Sinne sind Malerisch oder Plastisch die sich
aus der natürlichen Veranlagung selbst ergebenden Grundten-
denzen des künstlerischen Schaffens, das Daimonion sozusagen
des bildenden Künstlers, das Medium, durch das bei ihm so
oder so sich das Innere in das Aeußere umsetzt.
Er ist Plastiker oder er ist Maler1: «nach dem Gesetz

1 Die Architektur, dem Plastischen und dem Malerischen Prinzip
ebenso unterworfen, ist im Rahmen dieser Ausführungen nicht berührt
worden.
 
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