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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 39
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0161

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Sonntage 4. April 1869

>0. 39.

Dritter Jahrgang.

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Die Boten erhalten
2 kr. monatlich.
für die Bcchke Schwetzingen und Phiiippsliurg.
Verkündigungsblatt des Amts- und Amtsgerichts-Bezirks Schwetzingen.
Hrgan der badischen Kopfenproducenten
(unter Kontrole der landwirthschoftlichen Bezi rksdi rekt i o n Schwetzingen stehend).


H Tagesübersicht.
Schwetzingen, 2. April.
Die Broschüre Arkolay, die angeblich von
einem „deutschen" Offizier verfaßt wurde, an wel-
chem aber nichts deutsch zu sein scheint als der
Name und dieser erst recht nicht, soll soeben in
einer zu München erschienenen Schrift, die in kla-
rer. bündiger Weise dem Gegner auf den Leib
rückt, eine Widerlegung gesunden haben.
Die Raume des preußischen Abgeordnetenhauses
werden schon für das Zollparlament hergerichtet,
welches nach Pfingsten zusammentreten wird. Für
die bevorstehenden Parlamentsverhandlungen war
eine Erhöhung der Tabackssteuer ins Auge gefaßt,
doch ist man wieder davon abgegangen und will
Len Branntwein einer Steuererhöhung unterwerfen.
Ein in Oesterreich fast unerhörtes Ereigniß
erregt das freudigste Erstaunen der guten Wiener!
Der Eingang der direkten Steuern hat den Vor-
anschlag um zwei Millionen übertroffen und noch
ein weit günstigeres Resultat hinsichtlich der indi-
rekten Steuern ergeben! Das ist freilich noch nicht
dagewesen und dürfte auch so bald nicht wieder-
kommen.
Zwischen dem Reichskanzler und dem Minister
des Innern sollen Plötzlich ernstliche Meinungs-
verschiedenheiten aufgetaucht sein. Beust will den
Polen Zugeständnisse machen, Dr. Giskra nicht.
In den Arbeiterzirkeln von Paris finden ernst-
liche Unruhen statt. In den öffentlichen Versamm-
lungen wird der gewaltsame, blutige Umsturz der
socialen Zustände verlangt und die Köpfe sind in
Folge der aberwitzigen Deklamationen s. g. Volks-
männer total erhitzt. Die Regierung wird geuö-
thigt sein, der steigenden Erbitterung einen Dämpfer
aufzusetzen, oder für einen Ableiter Sorge zu tra-
gen. Dank Monsieur Haußmann — zu Barrika-

Aeu belebt.
Novelle von Hermann U h d e.
(Fortsetzung.)
Bei dem Gitterthor angekommen, warf sich Ferdinand
eilends in den Wagen, — auch ich wollte ihm schnell fot-
zen, als ich im dichten Schatten der Büsche Clementinc
von Wartenau erblickte. Sie ergriff, ohne eine Sylbe zu
sagen, meine Hand, und ehe ichs hindern konnte, drückte sie
dieselbe inbrünstig an ihre Lippen — ich fühlte eine Thräne.
Einen Augenblick später zogen die geschwinden Rosse an —
und hinaus rollten wir in die dunkle Nacht, einem unge-
wissen Schicksal entgegen.
Welch eine Reise war das, mein Freund! — Erlasse
«s mir, Dir ein- detaillirte Schilderung derselben zu geben
es würde unmöglich sein. — Wie der Doktor voraus-
gcsagt hatte, machte der Zustand Ferdinands voll Tag zu
Tag mehr Fortschritte zum Bessern, je näher wir der Grenze
kamen. Ti- Eisenbahnen konnten wir selbverständlich gar
nicht benutzen, sondern bedienten uns der Extrapost odci
grotzer Kutschen, um unser Ziel, das schone sonnige Italien
zu erreichen. — Als wir die Alpen hinter uns hatten, gab
ftch mein unglücklicher Freund bisweilen schon ganz gleich-

deu kouu es nicht mehr kommen, dazu fehlt es au
Pflastersteinen!
Marschall Niel brennt darnach, der Unentbehr-
liche Frankreichs zu werden und wenn es ihm
nach ginge, hätten wir die Rothhosen schon längst
hüben. Dinge, die Kriegsvorbereitnngen gleichen,
werden durch ihn mit einer Vorliebe und Hast be-
trieben, die beinahe einer fixen Idee gleichen. So
hat er jeder Eisenbahnverwaltung einige Militärs
beigegeben, deren Aufgabe es ist, im Verein mit
den Verwaltungsbeamten ausfindig zu machen auf
welche Weise mau Truppen, Munition und die
übrige Baggage recht schnell und umfangreich be-
fördern könne.
Die englischen Freiwilligencorps, die einst zum
Schutze der englischen Küste gegen den Nachbar
Franzmann errichtet wurden, hatten vor einigen
Tagen großes Manöver bei Dover. Bei den
Scheingefechten wurde viel Pulver verpufft und die
steifen englischen Beaflleaks machten ihre Sache wie
.am Schnürchen ab.
Am Jvsephstage kam es in einigen Städten
Italiens — Bologna nnd Modena — zu Demon-
strationen. Die Bevölkerung verlangte Abends in
den Theatern zu Ehren Joseph Garibaldi's und
Joseph Mazzini's die Garribaldihymne. Das Mi-
litär und die Polizei war jedoch hinsichtlich dieser
Heiligen anderer Meinung als die „verdammten"
Civilisten und es kam zu Tumulten.
Die Neapolitaner haben Viktor Emanuel dem
König Ehrenmanne, anläßlich des Jahrestags von
Novara, ihre Loyalität durch ein reiches, pracht-
volles Ehrengeschenk bewiesen „und zu derselben
Stunde —" wurde in eben demselben Neapel eine
großartige Verschwörung entdeckt, an welcher sich
sogar das Militär betheiligt hatte.
Der neue türkische Gesandte ist in Athen ein-
getroffen ; ein Zeichen. daß der Conflict vollstän-

gültig und unbefangen, — man hätte in der That glauben
können, einen geistig vollständig gesunden Menschen vor sich
zu haben, wenn nicht die Rede auf seine fixe Idee kam. —
Aber nur der Erwähnung des Namens seiner Frau bedurfte
es, um den vollen Wahnsinn wieder bei ihm zum Ausbruch
zu bringen. Schwerniüthig war er jedoch fast immer, denn
nie verlies; ihn die Erinnerung an die begangene Tödtung
seines Kindes, dessen blutige Gestalt wieder und wieder als
entsetzliches Schrcckbild vor seinem Geiste aufsticg.
Indessen hielt ich treu meine der Gräfin und dem Doktor
gegebene Zusage, und wöchentlich berichtete ich ihnen in
weitläufigen Briefen von dem Befinden des Patienten.
Ebenso pünktlich und regelmäßig gingen mir ihre Ant-
worten zu. Zwei Monate nach unserer Abreise erhielt ich
zu Genua einen Brief von Klementinen . . . ein Schreiben,
in welchem mir die bcjammernswerthe Frau ihr ganzes
Gcmllth enthüllte, und . . . mir schlug das Herz höher!
— am Schlüsse in einigen wenigen Worten einen entfernten
Hoffnungsschimmer auf eine glückliche Wendung der Dinge
zum Bessern erglänzen ließ. Es wurde mir zu Sinne, wie
dem Schiffbrüchigen, welcher auf einem kleinen Brette im
endlosen Ozean von den Wogen nmhergcschleudert, unstät
treibt, und plötzlich wider alle Erwartung von Ferne Hülfe
erblickt.

big beseitigt und die Freundschaft wieder hcrge-
stellt ist.. '
In den Vereinigten Staaten Nordamcrika's
legt man, wie es scheint weniger Gewicht aus die
Zucht und Ausbildung der Militärkräste als in
der alten Welt. Ein Tagesbefehl des General
Shermann trifft die Verfügung, daß künftighin
keine Rekrutirnngen, keine Beförderungen mehr
stattfinden nnd alle Militärschnlen bis aus eine
Einzige, aufgelöst werden! Eine einzige Militär-
schnle in dem ganzen, Ungeheuern Gebiet der Union!
Man schwebt in einer wahren Seelenangst, wenn
man an die Zukunft der nordamerikanischen Staa-
ten bei sothanen Umständen denkt!
Die „Krtsr. Ztg." weist heute die Angriffe
des „Bad. Beobachters" auf die in ihren Spalten
erschienenen Artikel: „Ultramontaner Kommunis-
mus." in der ruhigen, fast pedantischen, aber stets
scharfen nnd schlagfertigen Weise, welche ihr eigen
ist, zurück.

* Kortesbcschlüsse und Volkswillen.
Im politischen Leben geht man von der An-
sicht ans, daß die Beschlüsse einer Nationalver-
tretnng der getreue Ausdruck des Volkswillcns
sind.
In Spanien hingegen, wo der Parlamentarismus
erst Wurzel fassen und Keime treiben muß, tritt
ihm eigenthnmlicherweise Niemand schroffer entge-
gen als die Republikaner, gerade Diejeni-
gen, welchen das Prinzip der Unterordnung unter
die Beschlüsse der Mehrheit höher stehen sollte als
allen Andern. Mit Hilfe der gewonnenen Volks-
massen suchen sie fortwährend einen Druck ans
die Beschlüsse der Kortes anszuüben, der nachge-
rade in einen wahren Terrorismus ausartet.
Der Schw. M. bringt ein interessantes Bild
über die jüngsten Vorgänge in Spanien, welches
wir unfern Lesern nicht vorenthalten wollen:

Ter treue Arzt hatte einige Zeilen bcigelcgt, welche
die glückliche, segensverheißende Nachricht bestätigten, zugleich
aber mich beschworen, gegen Ferdinand das tiefste, äugst-
lichste Stillschweigen zu beobachten — ein Wunsch, welchem
ich natürlich auf das Genaueste nachkam.
Einige Monate darauf erhielt ich zu Florenz abermals
zwei Briefe: den einen von der Gräfin Wartenau, den an-
dern von dem Arzte; — der erste war ein Lobgesang --
das Tankesstammeln eines übervollen Herzens gegen Gott,
den allgütigcn Lenker der Tinge — ich las ihn unter her-
vorsirömendcn Thronen! Ter zweite gab mir allerdings
Verhaltungsmaßregeln für die Zukunft. — „Wir brauchen
nicht ganz zu verzagen — Alles kann nach gut werden" --
so schloß der alte liebenswürdige Herr, nachdem er mir das
Ziel gezeigt, welches wir von nun ab unverückt in's Auge
zu fassen hatten, — „nur vergessen sie nicht, daß in des
Grafen Gedächtniß erst all die entsetzlichen Vorfälle verwischt
werden müssen, welche seinen Geist zur Zeit noch Nieder-
drücken, wenn wir nur die mindeste Aussicht auf einen
glücklichen Erfolg der Heilung behalten sollen, und daß
Alles von Ihrer Verschwiegenheit und Verficht abhängt."
(Fortsetzung folgt.)
 
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