No. 101
Sechster Jahrgang
Samstag, 24. August 1872.
Eiicheim
wöchentlich drei Mai
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Aste Bostanstalten
u nd Boten nehmen
Bestellungen an.
chwHnger
ochrnblatt.
Amtsverkündigungsölalt für den Aezirk Schwetzingen.
Dadischc Hopsen Leitung.
Prei«
vierteljährlich 45 kr
Inserate
die dreigespaltene
Petitreile »der deren
Raum 3 kr.
Lokalanzeigrn
2 kr.
"Alle im »Schwetzinger Wochenblatt (Amtsblatt) erscheinenden Anttincen wervcn in Vas wöiheytlich t mal erschetnende, an Plätzen.^in
Schwetzingen. Hockenheim und Plankstadt angeschlagene -Steatzen-Placat* gratis ausgenommen.
Hagesüberstchl.
Schwetzingen, 24. August.
Nach Berliner Blätter werden mindestens 20 regierende
Fürste» in Berlin zusammenkommen.
Aus Wildbad G a st e i » wird Wiener Zeitungen be-
richtet : Kaiser Wilhel m beschäftigt sich voll Eifer mit
den Vorbereitungen zu der Drei-Kaiser-Zlffammenkunft in
Berlin. Der Telegraph schwirrt, die Conriere fliege-n und
nicht selten brennt noch um Mitternacht das Licht auf dem
Arbeitstische des Kaisers. Weder Andrassy (Oesterreichs
Kanzler), noch Bismarck sind Väter zu diesem Kinde, dem
Ersten fehlt die Liebe, dem Andern der Glaube, eS ist Kai-
ser Wilhelms heißer Wunsch, der Welt den Frieden zu ge-
ben und zu sichern, wo möglich über sein Grab hinaus.
Aber nicht den äußeren Frieden allein, sondern auch den
Frieden der Gemüther. Es wird ihn hoch beglücken, wie
einst sein Pater auf dem Schlachtfeldc von Leipzig, mit den
Kaisern von Oesterreich und Rußland vor den An gen
der ganzen Wel t Hand in Hand zn stehen in Frieden
lind Freundschaft. Vertrauensvoll wird er es seinem Bis-
marck überlassen, dafür zu sorgen, daß die Wel! an keine
zweite unselige „Heilige Allianz" denkt, daß er vielmehr mit
den Staatsmännern Oesterreichs und Rußlands den Frieden
im Osten und Westen sichert und der „Internationale" und
der Socialdemokratie den bluirothe» Lebeusfaden abschncidet.
Aber Ein Wort wird der Kaiser persönlich an seine Gäste
richten: Laßt uns unseren Völkern, laßt uns der Welt den
Religionsfrieden geben. Dieses Wort zur That
zu machen, ist ihm das größte Bedtirfniß und er freut sich
so auf die Berliner Besuche, weil er von ihnen Großes
hofft.
Es wird jetzt wohl nicht mehr in Zweifel gezogen wer-
den, daß auch der Fürst Gortschakofs zur Zeit der
Dreikaiserzusammenkunft in Berlin anwesend sein wird. Wie
man hört, wird derselbe schon vor dem russischen Kaiser und
zwar am 2. Sept. hier eintreffe,I.
Durch Decrete des Präsidenten vom 14. August sind
der Freiherr Alphons von Ro t Hs chi l d, Banqnier uno
Mitglied des Regentschaftsraths der Bank von Frankreich,
zum Offizier, >,„d pjx Herren Edmond Joubert, Ver-
waltungsrath der Banque de Paris, und G u i l h i e r m o z,
Wechsel-Agent an der Pariser Börse, zn Rittern der Ehren-
legion ernannt worden.
Nach den Anschlägen der Archiiekten wird der Aufbau
des Hauses des Herrn Thiers 315,000 Franken kosten.
Es bleiben daher demselben fjo- pix Ansmöblirnng und die
Kunstgegenstündc ungefähr 700.000 Franken übttg. Die
Nationalversammlung bewilligte ihm bekanntlich über eine
Million.
Ueber die Revolution auf Cuba bringt „Daily
News" einen Auszug ans brieflichen Mittheilnngen eines
cubanischen Offiziers, die vom 15. Juli datirt sind und
einzelne erwähnenswerthe Angaben enthalten. Das Haupt-
quartier des Generals Perez liegt diesem Briefe zufolge im
Mittelpunkte einer gebirgigen Gegend, die etwa 120 Oua-
dratmeilen umfaßt und von der Natur zu einem großar-
tigen, mächtigen Waffenplatze bestimmt erscheint. Behaup-
tet wirv dieser Landstrich von einigen 2000 Mann, die in
der Mehrzahl mit Hinterladern bewaffnet sind und unter
dem Oberbefehl des General Perez stehen Letzterer
theilte im Gespräche unserem Gewährsmanne mit, er sei
in seiner festen Stellung während der letzten 8 Monate
elfmnl von den Spaniern angegriffen worden und jedesmal
habe er mit leichter Mühe ihre Stürme znrückgewiesen.
Im Ganzen seien die Verluste der Spanier bei den ver-
schiedenen Gelegenheiten auf 700—800 Mann an Todten
und Verwundeten anzngeben, während die Aufständischen
hinter ihrer Deckung nur geringfügige Einbuße erlitten.
Farbige und Weiße verkehren unter den Aufständischen in
vollster Gleichberechtigung und ein Drittel der unter Perez
stehenden Mannschaften bestehe aus kräftigen Negern. Die
Offiziere sind übrigens mil wenige» Ausnahmen Weiße.
General Perez steht unmittelbar unter General Gomez,
der das Kommando über die Aufständischen im ganzen öst-
lichen Cuba führt und an der Spitze van 3000 wohlbe-
waffneten Männern steht. Außerdem sind innerhalb der
Linien noch etwa 2000 unbewaffnete Männer aus Eentral-
Cuba einqnartirt. Als Grund für letzteren Umstand wird
angegeben, daß zwar die Patrioten in Central-Cuba sehr
rührig und zahlreich, allein im klebrigen nicht so günstig
gestellt seien, als im Osten. Man, darf übrigens auchwohl
den weiteren Schluß ziehen, daß eS stark an Waffen, we-
nigstens an guten Waffen, sowohl wie an Lebensmitteln
und sonstige» Vorräthen fehlt. Obschon nämlich der Brief
weiterhin diesen Mangel geradezu in Abrede stellt, so geht
doch aus den sonstigen Mittheilungeii hervor, daß die Auf-
ständischen in den meisten Dingen beinahe ganz auf sich
selbst angewiesen sind, was im Kriege eine sehr mißliche
Sache ist, mag das Land auch noch so fruchtbar und er-
giebig sein
Deutsches Reich.
Berlin. Im königlichen Schlosse wie in den
Schlössern z» Potsdam und Charlottenburg ist seit vielen
Wochen Tag und Nacht das regste Treiben von Onvriers
aller Gattungen. Aehnliches wie die bevorstehende Entrevue
hat unsere Stadt^überhanpt noch Msi gesehen. Für die
erste Hälfte des September sind bereits sammttiche Zimmer
in den guten Hotels belegt und ebenso ist im Voraus das
gesammte bessere Fuhrwerk vermiethet worden.
Auf Allerhöchsten Befehl Sr. Majestät des Kaisers
und Königs sind zur Aufwartung und als Ordonnanz-
Offiziere zu den in nächster Zeit hier eintressenden Aller-
höchsten und Höchsten Herrschaften folgende Generate »nd
Offiziere kominandirt worden. Bei Sk. Majestät dem
Kaiser von Oesterreich: Der General der Kavallerie und
General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs
Frhr. von Manteuffel, Ober-Befehlshaber der Okkupations-
armee in Frankreich. Bei Ir. Majestät dem Kaiser von
Rußland: Der General der Infanterie von Goeben,
kominandirender General des 8. Armeekorps, der General-
major und General a 1a «ulte Sr. Majestät des Kaisers
und Königs, von Werder, ein Ordonnanz-Offizier der Er-
satz-Eskadron des Brandenburgischen Kürassier-Regiments
(Kaiser Nikolaus 1. von Rußland) Nr. 6., ein Ordonnanz-
Offizier des 1. Brandenburgischen Ulanen-Regiments (Kai-
ser von Rußland) Nr. 3. Bei Sr. kaiserl. Hoh. dem
Großfürsten Thronfolger von Rußland: Der General-
Lieutenant Frhr. von Loen, Konimand. der 21. Division,
der Oberst-Lieutenant v. Brauchitsch, Kommandeur des West-
preußische» Ulanen - Regiments Nr 1., ein Ordonnanz-
Offizier des Westpreußischen Ulanen-Regiments Nr. 1. Bei
Sr. kaiserlichen Hoheit dem Großfürsten Nikolaus von Ruß-
land : der Major v. Rosenberg vom 1. Hannoverschen
Ulanen-Regiment Nr. 13., ein Ordonnanz-Offizier vom 1.
Westpreußischen Kürrassier-Negiment Nr. 5. Bei Sr. kai-
serlichen Hoheit dem Großfürsten Wladimir von Rußland:
der General-Lieutenant und General ü irr sniks Sr. Maje-
stät des Kaisers und Königs Graf v. Brandenburg I.,
Kommandeur der 11. Division, der Oberst v Suckow,
Kommandeur des Thüringischen Hnsareii-Reginients Nc. 12.,
ein Ordonnanz-Offizier vom Thüringischen Husaren - Regi-
ment Nr. 12. Bei dem kaiserlich russischen Feldmarschall
Grafen v. Berg: der Major v. Buddenbrock vom Leib-
Kürassier-Regement (Schlesisches) Nr. 1.
Die großen P o n t o nn ie r - U e b u n ge n bei Neu-
wied sind am 14. Aug. mit dem Schlagen einer dritte»
Brücke über den ganzen ungetheilien Rhein zum Abschluß
gekommen. Die Brücke wurde oberhalb Andernach bei dem
Dorfe Fahr hergestellt. Der Rhein zeigte sich dießmal et-
was störrisch, und schlug, von ziemlich lebhaftem Winde be-
wegt, 2 Fuß hohe Wellen. Ungeachtet dieser bedeutende»
Erschwerung der Arbeiten wurde die Brücke in einer Länge
von mehr als 300 Metern innerhalb einer Stunde und 50
Minuten vollendet. Sie ward mit Berwendung von 72
Pontons geschlagen, von welchen 24 streckenweise und 48
gliederweise eingebaut wurden. Bon de» 12 Gliedern ä 4
Pontons wurden 6 stromaufwärts und 6 stromabwüris
eingefahren. Auch am 14. wohnten, außer einer Znschauer-
menge, die nach Tausenden zu berechnen wäre, zahlreiche
deutsche und fremdherrliche Offiziere, unter ersteren die
General Kamecke und v Göden (Kommandirendcr des 8.
Das deutsche Reich.
iv.
Der Bau oder die Eoncessioniruug neuer Eisenbah„e„
erfolgt durch einen übereinstimmenden Beschluß von Bn„.
desrath und Reichstag. Die vermittelnden und oberaufsicht-
führenden Functionen gehören zum Ressort des Bnndesraths.
Die Aufstellung eines Spezialtnrifs bei Notständen ist Sache
des Kaisers, in gleicher Weise die Anstellung und Entlassung
der Reichsbeamten. Die nichlgesitzgeberischen militärischen
Befugnisse übt der Kaiser aus, ebenso ist die Finanzverwal-
tung Sache des Kaisers. Die Feststellung des Reichshans-
haltsetats, die Aufnahme einer Anleihe und die Uebernahme
von Zinsengarantien gehören vor Bundesrath und Reichs-
tag und muß auch diesen beiden hierüber Rechnung abgelegt
werden.
Die richterlichen Funktionen sind bei dem z. Z- »ach
bestehenden Mangel eines Reichsgerichts verschieden vertheilt:
1) Bei Verbrechen gegen das Reich richtet das Ober-
, appellationsgericht zu Lübeck;
2) Streitigkeiten zwischen den Bundesstaaten erledigt
der Bundesrath;
3) Verfaffungssireitigkeiten in den einzelnen Bundes-
staaten sollen durch eine gemeinsame Thätigkeit von Bundes-
rath und Reichstag erledigt werde» ;
4) In Fällen einer Justizverweigerung hat der Bun-
desrath die Abhilfe zu treffen und
5) Für Handelssachen besteh! das „Reichsoberhandels-
gerichl" in Leipzig, das zugleich Cassationshof für die
Reichslande Elsaß-Lothringen ist.
Was nun die Thätigkeit der Reichsorgane angeht, so
steht der Kaiser an sich dem Bundesrathe als Mitglied ge-
genüber und handelt als solches; aber daneben ist ihm die
Leitung der Geschäfte übertragen und es steht ihm die Be-
fugniß zu, den Bundesrath zu berufen, zu eröffnen, zn ver-
tagen und zu schließen. Die Berufung muß mindestens
alljährlich und immer erfolgen, wenn sie von einem Dritt-
theil der Stimmen verlangt wird.
Der Bunde srath steht zu dem Reichstag in dem
Berhäliniß einer Regierung, demnach kan» der Reichstag nie
ohne den Bundesrath, wohl aber dieser ohne jenen berufen
werden; die Vorlagen gehen vpm Bundesrathe an den
Reichstag und werden hier durch Mitglieder Jenes vertreten;
die Vertagung darf ferner ohne Zustimmung des Bundes-
raihs die Frist von 30 Tagen nicht übersteige» und wäh-
rend derselben Sitzungsperiode nicht wiederholt werden; die
Schließung kann ohne Zustimmung des Bundesraths nicht
eher geschehen, als bis der Reichstag die von diesem ge-
machten Vorlagen durchberathen hat; eine Auflösung des
Reichstags erfolgt nur auf Grund eines Bundesrathsbe-
schluffes unter Zustimmung des Kaisers; dann müssen aber
i innerhalb 60 Tagen Neuwahlen angeordnet und innerhalb
i 90 Tagen die Abgeordneten wieder versammelt werden,
s Der Reichstag hat das Recht der Ueberweisung von Petilio-
i neu, der Interpellation und der Adresse. Die Form der
Verhandlungen im Bundesrathe setzt die Geschäftsordnung
fest. Jedes Mitglied kann Vorschläge mache», die dann zur
Berathung kommen müssen. Bei Ltimmenglcichheit gibt die
Prüsidialstimme den Ausschlag. Die Bundesrathsglieder
haben die Stellung Von instruirten Gesandten. Der Kaiser
muß für den üblichen diplomatischen Schatz sorgen. Das
Organ des Kaisers ist der Reichskanzler, er ist
Stimmführer der Vertreter Preußens und führt als solcher
die Leitung und den Vorsitz; weiter ist er der oberste Ver-
waltungsbeamte, Minister des Reichs. Unter seiner Leitung
steht das Reichskanzleramt für die Bearbeitung der Ange-
legenheiten der Neicbsverwaltnug (mit den Abtheilnngm:
Generalposjantt, Generaldireciion der Telegraphie, statistisches
Amt und Rechnungshof). Der Reichskanzler wird durch seine
Gegenzeichnung, die für alle Anordnungen in ReichSangelcgen-
heiten erforderlich ist, verantwortlich.
Der Re ichstag geht aus allgemeinen, dirccien und
geheimen Wahlen hervor und zwar nach Maßgabe des
Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 (B.-G.-Bl. 1869, S.
145 ff.). Bis zu der gesetzlichen Regelung, welche im 8 5
des gen. Wahl-Gesetzes Vorbehalten ist, werden in Preußen
init Lauenburg 236, in Bayern 48, im Kgr. Sachsen 23,
in Württemberg l7, in Baden 14, in Hessen 9, in Meck-
lenburg-Schwerin 6, in Sachsen-Weimar, Oldenburg, Braun
schweig und Hamburg je 3, in Sachsen-Meiningen, Sachsen-
Koburg-Gotha und Anhalt je 2 und in den übrigen 1l
Staaten je 1 Abgeordneter gewählt und beträgt demnach
die G-s«mmtzahl der Abgeordneten 382. Elsaß-Lothringen
wird erst im nächsten Jahre Abgeordnete in den Reichstag
wählen und zwar 15.
Sechster Jahrgang
Samstag, 24. August 1872.
Eiicheim
wöchentlich drei Mai
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Aste Bostanstalten
u nd Boten nehmen
Bestellungen an.
chwHnger
ochrnblatt.
Amtsverkündigungsölalt für den Aezirk Schwetzingen.
Dadischc Hopsen Leitung.
Prei«
vierteljährlich 45 kr
Inserate
die dreigespaltene
Petitreile »der deren
Raum 3 kr.
Lokalanzeigrn
2 kr.
"Alle im »Schwetzinger Wochenblatt (Amtsblatt) erscheinenden Anttincen wervcn in Vas wöiheytlich t mal erschetnende, an Plätzen.^in
Schwetzingen. Hockenheim und Plankstadt angeschlagene -Steatzen-Placat* gratis ausgenommen.
Hagesüberstchl.
Schwetzingen, 24. August.
Nach Berliner Blätter werden mindestens 20 regierende
Fürste» in Berlin zusammenkommen.
Aus Wildbad G a st e i » wird Wiener Zeitungen be-
richtet : Kaiser Wilhel m beschäftigt sich voll Eifer mit
den Vorbereitungen zu der Drei-Kaiser-Zlffammenkunft in
Berlin. Der Telegraph schwirrt, die Conriere fliege-n und
nicht selten brennt noch um Mitternacht das Licht auf dem
Arbeitstische des Kaisers. Weder Andrassy (Oesterreichs
Kanzler), noch Bismarck sind Väter zu diesem Kinde, dem
Ersten fehlt die Liebe, dem Andern der Glaube, eS ist Kai-
ser Wilhelms heißer Wunsch, der Welt den Frieden zu ge-
ben und zu sichern, wo möglich über sein Grab hinaus.
Aber nicht den äußeren Frieden allein, sondern auch den
Frieden der Gemüther. Es wird ihn hoch beglücken, wie
einst sein Pater auf dem Schlachtfeldc von Leipzig, mit den
Kaisern von Oesterreich und Rußland vor den An gen
der ganzen Wel t Hand in Hand zn stehen in Frieden
lind Freundschaft. Vertrauensvoll wird er es seinem Bis-
marck überlassen, dafür zu sorgen, daß die Wel! an keine
zweite unselige „Heilige Allianz" denkt, daß er vielmehr mit
den Staatsmännern Oesterreichs und Rußlands den Frieden
im Osten und Westen sichert und der „Internationale" und
der Socialdemokratie den bluirothe» Lebeusfaden abschncidet.
Aber Ein Wort wird der Kaiser persönlich an seine Gäste
richten: Laßt uns unseren Völkern, laßt uns der Welt den
Religionsfrieden geben. Dieses Wort zur That
zu machen, ist ihm das größte Bedtirfniß und er freut sich
so auf die Berliner Besuche, weil er von ihnen Großes
hofft.
Es wird jetzt wohl nicht mehr in Zweifel gezogen wer-
den, daß auch der Fürst Gortschakofs zur Zeit der
Dreikaiserzusammenkunft in Berlin anwesend sein wird. Wie
man hört, wird derselbe schon vor dem russischen Kaiser und
zwar am 2. Sept. hier eintreffe,I.
Durch Decrete des Präsidenten vom 14. August sind
der Freiherr Alphons von Ro t Hs chi l d, Banqnier uno
Mitglied des Regentschaftsraths der Bank von Frankreich,
zum Offizier, >,„d pjx Herren Edmond Joubert, Ver-
waltungsrath der Banque de Paris, und G u i l h i e r m o z,
Wechsel-Agent an der Pariser Börse, zn Rittern der Ehren-
legion ernannt worden.
Nach den Anschlägen der Archiiekten wird der Aufbau
des Hauses des Herrn Thiers 315,000 Franken kosten.
Es bleiben daher demselben fjo- pix Ansmöblirnng und die
Kunstgegenstündc ungefähr 700.000 Franken übttg. Die
Nationalversammlung bewilligte ihm bekanntlich über eine
Million.
Ueber die Revolution auf Cuba bringt „Daily
News" einen Auszug ans brieflichen Mittheilnngen eines
cubanischen Offiziers, die vom 15. Juli datirt sind und
einzelne erwähnenswerthe Angaben enthalten. Das Haupt-
quartier des Generals Perez liegt diesem Briefe zufolge im
Mittelpunkte einer gebirgigen Gegend, die etwa 120 Oua-
dratmeilen umfaßt und von der Natur zu einem großar-
tigen, mächtigen Waffenplatze bestimmt erscheint. Behaup-
tet wirv dieser Landstrich von einigen 2000 Mann, die in
der Mehrzahl mit Hinterladern bewaffnet sind und unter
dem Oberbefehl des General Perez stehen Letzterer
theilte im Gespräche unserem Gewährsmanne mit, er sei
in seiner festen Stellung während der letzten 8 Monate
elfmnl von den Spaniern angegriffen worden und jedesmal
habe er mit leichter Mühe ihre Stürme znrückgewiesen.
Im Ganzen seien die Verluste der Spanier bei den ver-
schiedenen Gelegenheiten auf 700—800 Mann an Todten
und Verwundeten anzngeben, während die Aufständischen
hinter ihrer Deckung nur geringfügige Einbuße erlitten.
Farbige und Weiße verkehren unter den Aufständischen in
vollster Gleichberechtigung und ein Drittel der unter Perez
stehenden Mannschaften bestehe aus kräftigen Negern. Die
Offiziere sind übrigens mil wenige» Ausnahmen Weiße.
General Perez steht unmittelbar unter General Gomez,
der das Kommando über die Aufständischen im ganzen öst-
lichen Cuba führt und an der Spitze van 3000 wohlbe-
waffneten Männern steht. Außerdem sind innerhalb der
Linien noch etwa 2000 unbewaffnete Männer aus Eentral-
Cuba einqnartirt. Als Grund für letzteren Umstand wird
angegeben, daß zwar die Patrioten in Central-Cuba sehr
rührig und zahlreich, allein im klebrigen nicht so günstig
gestellt seien, als im Osten. Man, darf übrigens auchwohl
den weiteren Schluß ziehen, daß eS stark an Waffen, we-
nigstens an guten Waffen, sowohl wie an Lebensmitteln
und sonstige» Vorräthen fehlt. Obschon nämlich der Brief
weiterhin diesen Mangel geradezu in Abrede stellt, so geht
doch aus den sonstigen Mittheilungeii hervor, daß die Auf-
ständischen in den meisten Dingen beinahe ganz auf sich
selbst angewiesen sind, was im Kriege eine sehr mißliche
Sache ist, mag das Land auch noch so fruchtbar und er-
giebig sein
Deutsches Reich.
Berlin. Im königlichen Schlosse wie in den
Schlössern z» Potsdam und Charlottenburg ist seit vielen
Wochen Tag und Nacht das regste Treiben von Onvriers
aller Gattungen. Aehnliches wie die bevorstehende Entrevue
hat unsere Stadt^überhanpt noch Msi gesehen. Für die
erste Hälfte des September sind bereits sammttiche Zimmer
in den guten Hotels belegt und ebenso ist im Voraus das
gesammte bessere Fuhrwerk vermiethet worden.
Auf Allerhöchsten Befehl Sr. Majestät des Kaisers
und Königs sind zur Aufwartung und als Ordonnanz-
Offiziere zu den in nächster Zeit hier eintressenden Aller-
höchsten und Höchsten Herrschaften folgende Generate »nd
Offiziere kominandirt worden. Bei Sk. Majestät dem
Kaiser von Oesterreich: Der General der Kavallerie und
General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs
Frhr. von Manteuffel, Ober-Befehlshaber der Okkupations-
armee in Frankreich. Bei Ir. Majestät dem Kaiser von
Rußland: Der General der Infanterie von Goeben,
kominandirender General des 8. Armeekorps, der General-
major und General a 1a «ulte Sr. Majestät des Kaisers
und Königs, von Werder, ein Ordonnanz-Offizier der Er-
satz-Eskadron des Brandenburgischen Kürassier-Regiments
(Kaiser Nikolaus 1. von Rußland) Nr. 6., ein Ordonnanz-
Offizier des 1. Brandenburgischen Ulanen-Regiments (Kai-
ser von Rußland) Nr. 3. Bei Sr. kaiserl. Hoh. dem
Großfürsten Thronfolger von Rußland: Der General-
Lieutenant Frhr. von Loen, Konimand. der 21. Division,
der Oberst-Lieutenant v. Brauchitsch, Kommandeur des West-
preußische» Ulanen - Regiments Nr 1., ein Ordonnanz-
Offizier des Westpreußischen Ulanen-Regiments Nr. 1. Bei
Sr. kaiserlichen Hoheit dem Großfürsten Nikolaus von Ruß-
land : der Major v. Rosenberg vom 1. Hannoverschen
Ulanen-Regiment Nr. 13., ein Ordonnanz-Offizier vom 1.
Westpreußischen Kürrassier-Negiment Nr. 5. Bei Sr. kai-
serlichen Hoheit dem Großfürsten Wladimir von Rußland:
der General-Lieutenant und General ü irr sniks Sr. Maje-
stät des Kaisers und Königs Graf v. Brandenburg I.,
Kommandeur der 11. Division, der Oberst v Suckow,
Kommandeur des Thüringischen Hnsareii-Reginients Nc. 12.,
ein Ordonnanz-Offizier vom Thüringischen Husaren - Regi-
ment Nr. 12. Bei dem kaiserlich russischen Feldmarschall
Grafen v. Berg: der Major v. Buddenbrock vom Leib-
Kürassier-Regement (Schlesisches) Nr. 1.
Die großen P o n t o nn ie r - U e b u n ge n bei Neu-
wied sind am 14. Aug. mit dem Schlagen einer dritte»
Brücke über den ganzen ungetheilien Rhein zum Abschluß
gekommen. Die Brücke wurde oberhalb Andernach bei dem
Dorfe Fahr hergestellt. Der Rhein zeigte sich dießmal et-
was störrisch, und schlug, von ziemlich lebhaftem Winde be-
wegt, 2 Fuß hohe Wellen. Ungeachtet dieser bedeutende»
Erschwerung der Arbeiten wurde die Brücke in einer Länge
von mehr als 300 Metern innerhalb einer Stunde und 50
Minuten vollendet. Sie ward mit Berwendung von 72
Pontons geschlagen, von welchen 24 streckenweise und 48
gliederweise eingebaut wurden. Bon de» 12 Gliedern ä 4
Pontons wurden 6 stromaufwärts und 6 stromabwüris
eingefahren. Auch am 14. wohnten, außer einer Znschauer-
menge, die nach Tausenden zu berechnen wäre, zahlreiche
deutsche und fremdherrliche Offiziere, unter ersteren die
General Kamecke und v Göden (Kommandirendcr des 8.
Das deutsche Reich.
iv.
Der Bau oder die Eoncessioniruug neuer Eisenbah„e„
erfolgt durch einen übereinstimmenden Beschluß von Bn„.
desrath und Reichstag. Die vermittelnden und oberaufsicht-
führenden Functionen gehören zum Ressort des Bnndesraths.
Die Aufstellung eines Spezialtnrifs bei Notständen ist Sache
des Kaisers, in gleicher Weise die Anstellung und Entlassung
der Reichsbeamten. Die nichlgesitzgeberischen militärischen
Befugnisse übt der Kaiser aus, ebenso ist die Finanzverwal-
tung Sache des Kaisers. Die Feststellung des Reichshans-
haltsetats, die Aufnahme einer Anleihe und die Uebernahme
von Zinsengarantien gehören vor Bundesrath und Reichs-
tag und muß auch diesen beiden hierüber Rechnung abgelegt
werden.
Die richterlichen Funktionen sind bei dem z. Z- »ach
bestehenden Mangel eines Reichsgerichts verschieden vertheilt:
1) Bei Verbrechen gegen das Reich richtet das Ober-
, appellationsgericht zu Lübeck;
2) Streitigkeiten zwischen den Bundesstaaten erledigt
der Bundesrath;
3) Verfaffungssireitigkeiten in den einzelnen Bundes-
staaten sollen durch eine gemeinsame Thätigkeit von Bundes-
rath und Reichstag erledigt werde» ;
4) In Fällen einer Justizverweigerung hat der Bun-
desrath die Abhilfe zu treffen und
5) Für Handelssachen besteh! das „Reichsoberhandels-
gerichl" in Leipzig, das zugleich Cassationshof für die
Reichslande Elsaß-Lothringen ist.
Was nun die Thätigkeit der Reichsorgane angeht, so
steht der Kaiser an sich dem Bundesrathe als Mitglied ge-
genüber und handelt als solches; aber daneben ist ihm die
Leitung der Geschäfte übertragen und es steht ihm die Be-
fugniß zu, den Bundesrath zu berufen, zu eröffnen, zn ver-
tagen und zu schließen. Die Berufung muß mindestens
alljährlich und immer erfolgen, wenn sie von einem Dritt-
theil der Stimmen verlangt wird.
Der Bunde srath steht zu dem Reichstag in dem
Berhäliniß einer Regierung, demnach kan» der Reichstag nie
ohne den Bundesrath, wohl aber dieser ohne jenen berufen
werden; die Vorlagen gehen vpm Bundesrathe an den
Reichstag und werden hier durch Mitglieder Jenes vertreten;
die Vertagung darf ferner ohne Zustimmung des Bundes-
raihs die Frist von 30 Tagen nicht übersteige» und wäh-
rend derselben Sitzungsperiode nicht wiederholt werden; die
Schließung kann ohne Zustimmung des Bundesraths nicht
eher geschehen, als bis der Reichstag die von diesem ge-
machten Vorlagen durchberathen hat; eine Auflösung des
Reichstags erfolgt nur auf Grund eines Bundesrathsbe-
schluffes unter Zustimmung des Kaisers; dann müssen aber
i innerhalb 60 Tagen Neuwahlen angeordnet und innerhalb
i 90 Tagen die Abgeordneten wieder versammelt werden,
s Der Reichstag hat das Recht der Ueberweisung von Petilio-
i neu, der Interpellation und der Adresse. Die Form der
Verhandlungen im Bundesrathe setzt die Geschäftsordnung
fest. Jedes Mitglied kann Vorschläge mache», die dann zur
Berathung kommen müssen. Bei Ltimmenglcichheit gibt die
Prüsidialstimme den Ausschlag. Die Bundesrathsglieder
haben die Stellung Von instruirten Gesandten. Der Kaiser
muß für den üblichen diplomatischen Schatz sorgen. Das
Organ des Kaisers ist der Reichskanzler, er ist
Stimmführer der Vertreter Preußens und führt als solcher
die Leitung und den Vorsitz; weiter ist er der oberste Ver-
waltungsbeamte, Minister des Reichs. Unter seiner Leitung
steht das Reichskanzleramt für die Bearbeitung der Ange-
legenheiten der Neicbsverwaltnug (mit den Abtheilnngm:
Generalposjantt, Generaldireciion der Telegraphie, statistisches
Amt und Rechnungshof). Der Reichskanzler wird durch seine
Gegenzeichnung, die für alle Anordnungen in ReichSangelcgen-
heiten erforderlich ist, verantwortlich.
Der Re ichstag geht aus allgemeinen, dirccien und
geheimen Wahlen hervor und zwar nach Maßgabe des
Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 (B.-G.-Bl. 1869, S.
145 ff.). Bis zu der gesetzlichen Regelung, welche im 8 5
des gen. Wahl-Gesetzes Vorbehalten ist, werden in Preußen
init Lauenburg 236, in Bayern 48, im Kgr. Sachsen 23,
in Württemberg l7, in Baden 14, in Hessen 9, in Meck-
lenburg-Schwerin 6, in Sachsen-Weimar, Oldenburg, Braun
schweig und Hamburg je 3, in Sachsen-Meiningen, Sachsen-
Koburg-Gotha und Anhalt je 2 und in den übrigen 1l
Staaten je 1 Abgeordneter gewählt und beträgt demnach
die G-s«mmtzahl der Abgeordneten 382. Elsaß-Lothringen
wird erst im nächsten Jahre Abgeordnete in den Reichstag
wählen und zwar 15.