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Kunsthistorische Bilderbogen: für den Gebrauch bei akademischen und öffentlichen Vorlesungen, sowie beim Unterricht in der Geschichte und Geschmackslehre an Gymnasien, Real- und höheren Töchterschulen zusammengestellt: Textbuch zu Seemann's kunsthistorischen Bilderbogen — Leipzig, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.1298#0244
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Flachdecoration.

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maier nahmen regelmäßig auch die Ausfchmückung der unmittel-
baren Umgebung ihrer Gemälde als ihre Aufgabe in Anfpruch. Sie
bemalten die Pfeiler, welche die Gemälde trennen, fügten den letz-
teren einen decorirten Sockel und Fries hinzu, und wenn ihr Werk
fich an der Decke befand, fo bedachten fie auch die architektoni-
fchen Glieder derfelben (bei Gewölben die Gurten) mit Ornamenten.
Mufter folcher Decorationsmalerei bieten vornehmlich die Fresken
Mantegna's und der umbrifchen Schule. Die Gewölbefelder werden
mit Medaillons verziert, diefe durch Feftons verbunden, die Ge-
wölberippen mit Fruchtfchnüren verdeckt. Das Gewölbe in der
erften Vaticanifchen Stanze ift noch ähnlich decorirt. Als die
Grottesken in der Raffaelifchen Schule zur Aufnahme gelangten,
empfing die Flächendecoration der Gewölbe und Wände einen
neuen Charakter. Zur Farbe tritt noch das Stucco hinzu, neben
der freien Nachahmung antiker Decorationsmotive macht fich be-
fonders in den Fruchtfchnüren, Kränzen ein frifcher Naturalismus
geltend. Bei allem Reichthume der Decoration bleibt diefelbe doch
der Architektur untergeordnet und treten die einzelnen Bauglieder
fcharf und deutlich hervor. Die Raffaelifchen Loggien bewahren für
diefeArt der Decoration eine ewigeMuftergeltung (No.158,4)*). Neben
Giovanni da Udine erwiefen fich Giulio Romano (in Rom und Man-
tua) Perin del Vaga (in Genua) als Decorationsmaler befonders frucht-
bar. In ihren fpäteren Gewölbemalereien offenbart fich die Ab;
hängigkeit von der antiken Gewölbedecoration noch ftärker, als diefes
in den Loggien der Fall ift.

Die Flächenbemalung fchränkt fich nicht auf die inneren Räume
der Kirchen und Paläfte ein, auch die Faf faden maierei ift in
der Renaiffanceperiode beliebt. Von einzelnen figürlichen Darftel-
lungen an diefem oder jenem Theile der Faffade fteigt man zur voll-
ständigen Bemalung der Faffade empor, wobei entweder die letztere
als neutraler Grund behandelt und die ganze Fläche mit figür-
lichen Darftellungen' bedeckt wurde oder die malerifche Decoration
fich enger an die architektonifche Gliederung anfchließt, diefelbe be-
lebt oder theilweife erfetzt. Vielfarbigkeit und Einfarbigkeit (Chia-
roscuro) kommen gleich häufig vor; für buntfarbigen Faffaden-
fchmuck zeigten die oberitalienifchen Städte, befonders Venedig, eine
große Vorliebe. Eine Abzweigung der Faffadenmalerei ift die
Sgraffitomalerei, in Toskana (No. 160, 2)\und Rom reich ver-
treten. Die Mauer wird mit einem doppelten, einem unteren
Ichwarzen, und einem oberen weißen Mörtelüberzuge bedeckt und die
Zeichnung durch Wegkratzen und Wegfchaben bewirkt. Sie er-
fcheint dann fchwarz auf hellem Grunde.
*) Im 2. Abdruck No. 3.
 
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