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Seidel, Paul [Hrsg.]; Bode, Wilhelm [Hrsg.]; Friedländer, Max J. [Hrsg.]
Gemälde alter Meister im Besitze Seiner Majestät des Deutschen Kaisers und Königs von Preussen — Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart, [1906]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23711#0139
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Französische Schule

Von PAUL SEIDEL

ie bereits in dem geschichtlichen Teile des Textes oben hervorgehoben wurde,
ist die französische Schule in den Gemäldesammlungen der Königlichen
Schlösser am geschlossensten und wertvollsten vertreten. Dieser Besitz wird
durch keine andere Sammlung weder in Frankreich, noch in England übertroffen. Beinahe
ausschließlich sind die zur Veröffentlichung gelangenden Gemälde durch Friedrich den
Großen erworben worden, und nur einige wenige sind vor ihm oder nach ihm in den
Besitz des Königlichen Hauses gelangt.

Der Lebenszeit nach ist der 1612 geborene, 1695 gestorbene Pierre Mignard
ziemlich der älteste in den Königlichen Schlössern vertretene französische Maler, und sein
Reiterbildnis König Ludwigs XIV. von Frankreich ist eines der wenigen Gemälde, das
nicht der Sammlung Friedrichs des Großen entstammt. Der ,,Sonnenkönig" ist ganz in
der von ihm zur allgemeinen Mode gemachten Art und Weise als triumphierender römischer
Cäsar aufgefaßt (Vergleiche die Tafel). In kühner Haltung sprengt er auf seinem schwarzen
Streitroß dahin; über der antiken Tracht weht ein roter Mantel, und in der Hand trägt er
den mit goldenen Lilien besetzten Kommandostab. Daran, daß bei einer solchen antiken
Gewandung die Allongeperrücke getragen wird, sind wir durch die Statue des Großen
Kurfürsten von Schlüter in Berlin so gewöhnt, daß es uns kaum noch auffällt. Der über
dem König schwebende Engel setzt ihm einen Lorbeerkranz auf das Haupt und hält in der
Linken eine weiße Fahne, auf der eine goldene Sonne mit der Inschrift: „Nec pluribus
impar" dargestellt ist. Im Mittelgrunde folgt eine Reiterschar dem König, der mit ihr aus
einer im Hintergrunde gelegenen turmreichen Stadt gekommen zu sein scheint. Dieser
Typus, den Ludwig XIV. hier in seinem Bilde erstrebt, der des über die Welt und ihre
Kleinlichkeit erhabenen göttlichen Cäsars oder Jupiters, wurde vorbildlich für die sämtlichen
europäischen Fürstenhöfe vom Ende des 17. Jahrhunderts bis weit in das 18. Jahrhundert
hinein. Das Bild ist bezeichnet und 1687 (die 8 ist unsicher) datiert. Wahrscheinlich ist

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