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Seidelsche Buchhandlung <Wien> [Editor]; Buch- und Kunstantiquariat Doktor Ignaz Schwarz <Wien> [Editor]
Katalog der hervorragenden Bibliothek des Wiener Schriftstellers Friedrich Schlögl: enthaltend eine reichhaltige Sammlung von seltenen Büchern über das alte Wien, das frühere Gesamt-Österreich u. Ungarn ; ferner eine bedeutende Sammlung von Seltenheiten aus dem Gebiete der deutschen Literatur, besonders aus der klassischen und romantischen Periode ; Versteigerung am 21. Februar u. ff. Tage — Wien, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.21652#0010
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Schlögl: Bücher-Freunde und Bücher-Narren.

trennen muß, und ich werde fast weich, wenn ich die Scharen
meiner Lieblinge betrachte, von denen die meisten eine nicht
uninteressante Akquisitionsgeschichte haben. Begann ich doch
schon als zehnjähriger Bube zu sammeln und fand ich mich mit
den paar meinem Hunger abgekargten Groschen doch schon bei-
den) seligen Felln er auf dem seligen alten Tan del markt,
und bei seinen Geschäftsgenossen: auf dem Hohen Markt, im
Michaeler Durchhause, unter dem Schwibbogen des Bäcken-
hofes im Bürgerspital etc. etc., wie bei den fliegenden Ständen
der „Mau er sitz er" (innerhalb und außerhalb der Barrieren),
zu jeder freien Stunde ein und stöberte in den aufgetürmten
Stößen und Packen und zwischen den Kluppenschnüren und war
überfroh, wenn ich ein abgegriffenes Kleinod erwischen konnte.
Später schleppte ich derlei Kostbarkeiten auch noch aus aller
Herren Ländern heim, Koffer und Taschen gefüllt mit gedrucktem
Zeug, denn ich war und blieb allezeit ein ruheloser —
Bücherwurm. ,

Dies von mir und über mich zur Kenntniß meines Stand-
punktes in den nachfolgenden Fragen, wo ich keineswegs un-
parteiisch erscheine.

Hatte ich und habe ich in meiner edlen Liebhaberei auf
dem Wiener Platze Genossen? Gewiß, aber wenn auch nicht
allezeit zuviel, so doch einst unstreitig in größerer Menge als heute.

Die Bücher-Freunde sterben aus, heißt der Klageruf
der respektiven Händler, und selbst die Bücher-Fexe
sind schon so selten geworden wie die echten Mö.pse, nicht zu
reden davon, daß jene leidenschaftlichen Bücher-Sportsmen,
wie sie beispielsweise in Paris und London zur Freude der
Antiquare, Sortimenter und Buchbinder in Abundanz blühen, hier
von jeher nur in sporadischen Exemplaren zu finden gewesen.
Machte man doch die begründete Bemerkung, daß sogar zur Zeit
des sattsam bekannten „volkswirtschaftlichen Aufschwunges",
als die Millionen auf der Straße lagen und diese selbst von
neuesten Millionärs wimmelte, letztere allen möglichen Kulten
huldigten, aber eine fast heilige Scheu vor dem Bücherkaufe
manifestierten, so daß, als die frischgebauten Feenpaläste (tutti
quanti) wieder geräumt wurden, man jeden denkbaren Luxus-
Zierat fand, nur — keine Bücher! Die kostspieligsten, wenn
auch dubiosesten Meisterwerke des Pinsels und Meißels, die
üppigsten Möbel, die elegantesten Karossen und vollblütigsten
Renner, die. fermst dressierten Meuten und die idealsten Schlaf-
röcke mit Goldtroddeln und Silberquasten, Diamanten und Perlen
und Alles, was Menschen begehren, das heißt, was zum unum-
gänglichen Hausbedarf eines — Parvenüs nötig, kam in Aufstrich,
nur — keine Bücherl Wurden doch sogar fein rougierte

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