Michelangelo da Caravaggio.
Geb. 1569; gest. 1609.
Michelangelo Merisi, auch Amerigi oder Amerighi, wurde 1569 zu Caravaggio, einem Marktflecken in der Nähe
von Bergamo, als Sohn eines Maurers geboren und erhielt von seinem Geburtsort seinen populär gewordenen Namen.
Ursprünglich für das Handwerk seines Vaters bestimmt, machte er in Mailand die erste Bekanntschaft mit der Malerei.
Um Geld zu verdienen, legte er sich auf das Porträtieren, mußte aber wegen ernster Händel, bei denen er sich, wie es
heißt, einen Totschlag zu schulden kommen ließ, nach Venedig flüchten. Hierauf trat er in Rom in das Atelier des
Cavaliere d’Arpino ein, in welchem er nicht lange ausharrte, da ihm die Manier seines Lehrmeisters nicht zusagte. Er
beschloß also, sein Heil als selbständiger Künstler zu versuchen, hatte indessen längere Zeit zu warten, bis er auf
einen grünen Zweig kam. Denn erst als sich der Kardinal del Monte seiner annahm, verlebte er einige bessere Jahre.
Zwistigkeiten mit Nebenbuhlern, die ihm die Freude an seinen Erfolgen nicht gönnten, nahmen eine solche Ausdehnung
an, daß er sich wegen Verdachtes erneuter Blutschuld im Jahre 1606 zur Flucht aus Rom gezwungen sah. Er begab
sich nach Neapel und von dort weiter nach Malta, verließ nach kurzem Aufenthalt infolge eines Zwistes die Insel wieder
und wandte sich nach Sizilien. Als er im Jahre 1609 die Nachricht empfing, daß ihn der Papst begnadigt habe, schickte
er sich an, nach Rom zurückzukehren. Unterwegs geriet er mit einer spanische Behörde in Streit, wurde noch auf
neapolitanischem Gebiete verhaftet und von einem hitzigen Fieber befallen, dem er noch in demselben Jahre zu Porto
d’Ercole erlag.
An Caravaggios Namen knüpft sich das Aufkommen des bis in die neueste Zeit von den tonangebenden Kritikern
aufs höchste verabscheuten Naturalismus. Kein Wunder also, daß Caravaggio, der Führer der naturalistischen Künstler
im siebzehnten Jahrhundert, in der Regel geringschätzig behandelt und als ein Verderber der hohen Kunst gebrandmarkt
wurde. Wie verkehrt eine derartige Beurteilung ist, lehrt allein schon die Betrachtung seiner »falschen Spieler« in der
Dresdener Galerie, welche ohne Zweifel zu den hervorragendsten Stücken dieser reichen Sammlung gehören. Erst das
Hervortreten ähnlicher Bestrebungen in der Gegenwart hat dazu geführt, auch Caravaggio Gerechtigkeit widerfahren zu
lassen. Soviel mußten auch seine Gegner zugestehen, daß er der erste Meister innerhalb der von ihm eingeschlagenen
Bahn gewesen ist. So erklärt z. B. Jakob Burckhardt, der den Naturalismus entschieden verdammt, Caravaggios »Grab-
legung« in der Galerie des Vatikans für »eines der wichtigsten und gründlichsten Bilder der ganzen Richtung« und nennt
seine »Auferweckung des Lazarus« in Genua »eine der bedeutendsten Leistungen des gemeineren Naturalismus.«
Caravaggio begann seine Thätigkeit mit dem Sittenbilde, indem er Figuren und Szenen aus dem Volksleben dar-
stellte. Bilder dieser Art sind z. B. »Die Wahrsagerin mit dem Jüngling« in der Galerie des Capitols zu Rom, »Die
falschen Spieler im Palazzo Sciarra« ebendaselbst und die »Lautenspielerin« in der Galerie Lichtenstein zu Wien. Hier-
auf wandte er sich dem religiösen Gebiete zu, gewöhnte sich eine immer plastischer werdende Pinselführung an und
stellte seine Figuren in der Regel in eine grelle, durch von oben einfallende Lichter erzeugte Beleuchtung, welche man
spöttisch mit derjenigen eines Kellers verglichen hat, ohne zu bedenken, wie sehr sie mit den gewählten Gegenständen
und der Eigenart des Künstlers übereinstimmt. In dieser Art malte Caravaggio seine Kirchenbilder in Rom und Genua,
welche gegenwärtig in den größeren Galerien Europas zerstreut sind. Zu den bedeutendsten derselben gehört außer der
bereits erwähnten »Grablegung« die »Bekehrung Pauli« im Palazzo Balbi Piovera zu Genua. Burckhardt, der das Gemälde
als Beweis dafür anführt, daß Caravaggio geflissentlich einen erhabenen und idealen Gegenstand wählte, um ihn dann
»so recht con amore ins Triviale und Gemeine herabzuziehen«, muß trotzdem die Ausführung lobend anerkennen. »Da-
bei ist aber das Bild«, sagt er »in malerischer Beziehung ein Meisterwerk. Das Helldunkel ist echt künstlerisch gefühlt
und von verführerischem Reiz, die Schatten vollkommen durchsichtig, die Zeichnung scharf, die Ausführung höchst
gewissenhaft und bestechend schön.«
Nach Vollendung seiner Kirchenbilder griff Caravaggio wieder auf das ihm am meisten zusagende Sittenbild
zurück und versuchte sich in der Wiederholung schon früher behandelter Motive, jedoch unter Anwendung seiner in-
zwischen erprobten dunkleren Malweise. Zu diesen Wiederholungen zählen z. B. die schon genannten »Falschen Spieler«
in Dresden.
Wie Bedeutendes er als Porträtmaler leisten konnte, ersieht man am besten aus dem Bildnis des Großmeisters
des Malteserordens Alof de Vignacourt im Louvre zu Paris, welches während seines Aufenthaltes auf Malta entstand.
Bei dem unsteten Leben, das Caravaggio führte, kann es nicht auffallen, daß er keine eigentlichen Schüler hatte.
Gleichwohl ist sein Einfluß auf die Kunst des 17. Jahrhunderts nicht zu verkennen. Er wirkte nicht nur auf einzelne
Bolognesen, wie Guido Reni und Guercino, sondern vor allem auf die neapolitanische Schule und durch Vermittelung
einiger französischer und niederländischer Künstler, die wie Honthorst und Rubens zu seiner Zeit in Rom ihre Studien
machten, auch auf die Entwickelung der niederländischen Malerei bestimmend ein.
Stich von St. Beendet
Geb. 1569; gest. 1609.
Michelangelo Merisi, auch Amerigi oder Amerighi, wurde 1569 zu Caravaggio, einem Marktflecken in der Nähe
von Bergamo, als Sohn eines Maurers geboren und erhielt von seinem Geburtsort seinen populär gewordenen Namen.
Ursprünglich für das Handwerk seines Vaters bestimmt, machte er in Mailand die erste Bekanntschaft mit der Malerei.
Um Geld zu verdienen, legte er sich auf das Porträtieren, mußte aber wegen ernster Händel, bei denen er sich, wie es
heißt, einen Totschlag zu schulden kommen ließ, nach Venedig flüchten. Hierauf trat er in Rom in das Atelier des
Cavaliere d’Arpino ein, in welchem er nicht lange ausharrte, da ihm die Manier seines Lehrmeisters nicht zusagte. Er
beschloß also, sein Heil als selbständiger Künstler zu versuchen, hatte indessen längere Zeit zu warten, bis er auf
einen grünen Zweig kam. Denn erst als sich der Kardinal del Monte seiner annahm, verlebte er einige bessere Jahre.
Zwistigkeiten mit Nebenbuhlern, die ihm die Freude an seinen Erfolgen nicht gönnten, nahmen eine solche Ausdehnung
an, daß er sich wegen Verdachtes erneuter Blutschuld im Jahre 1606 zur Flucht aus Rom gezwungen sah. Er begab
sich nach Neapel und von dort weiter nach Malta, verließ nach kurzem Aufenthalt infolge eines Zwistes die Insel wieder
und wandte sich nach Sizilien. Als er im Jahre 1609 die Nachricht empfing, daß ihn der Papst begnadigt habe, schickte
er sich an, nach Rom zurückzukehren. Unterwegs geriet er mit einer spanische Behörde in Streit, wurde noch auf
neapolitanischem Gebiete verhaftet und von einem hitzigen Fieber befallen, dem er noch in demselben Jahre zu Porto
d’Ercole erlag.
An Caravaggios Namen knüpft sich das Aufkommen des bis in die neueste Zeit von den tonangebenden Kritikern
aufs höchste verabscheuten Naturalismus. Kein Wunder also, daß Caravaggio, der Führer der naturalistischen Künstler
im siebzehnten Jahrhundert, in der Regel geringschätzig behandelt und als ein Verderber der hohen Kunst gebrandmarkt
wurde. Wie verkehrt eine derartige Beurteilung ist, lehrt allein schon die Betrachtung seiner »falschen Spieler« in der
Dresdener Galerie, welche ohne Zweifel zu den hervorragendsten Stücken dieser reichen Sammlung gehören. Erst das
Hervortreten ähnlicher Bestrebungen in der Gegenwart hat dazu geführt, auch Caravaggio Gerechtigkeit widerfahren zu
lassen. Soviel mußten auch seine Gegner zugestehen, daß er der erste Meister innerhalb der von ihm eingeschlagenen
Bahn gewesen ist. So erklärt z. B. Jakob Burckhardt, der den Naturalismus entschieden verdammt, Caravaggios »Grab-
legung« in der Galerie des Vatikans für »eines der wichtigsten und gründlichsten Bilder der ganzen Richtung« und nennt
seine »Auferweckung des Lazarus« in Genua »eine der bedeutendsten Leistungen des gemeineren Naturalismus.«
Caravaggio begann seine Thätigkeit mit dem Sittenbilde, indem er Figuren und Szenen aus dem Volksleben dar-
stellte. Bilder dieser Art sind z. B. »Die Wahrsagerin mit dem Jüngling« in der Galerie des Capitols zu Rom, »Die
falschen Spieler im Palazzo Sciarra« ebendaselbst und die »Lautenspielerin« in der Galerie Lichtenstein zu Wien. Hier-
auf wandte er sich dem religiösen Gebiete zu, gewöhnte sich eine immer plastischer werdende Pinselführung an und
stellte seine Figuren in der Regel in eine grelle, durch von oben einfallende Lichter erzeugte Beleuchtung, welche man
spöttisch mit derjenigen eines Kellers verglichen hat, ohne zu bedenken, wie sehr sie mit den gewählten Gegenständen
und der Eigenart des Künstlers übereinstimmt. In dieser Art malte Caravaggio seine Kirchenbilder in Rom und Genua,
welche gegenwärtig in den größeren Galerien Europas zerstreut sind. Zu den bedeutendsten derselben gehört außer der
bereits erwähnten »Grablegung« die »Bekehrung Pauli« im Palazzo Balbi Piovera zu Genua. Burckhardt, der das Gemälde
als Beweis dafür anführt, daß Caravaggio geflissentlich einen erhabenen und idealen Gegenstand wählte, um ihn dann
»so recht con amore ins Triviale und Gemeine herabzuziehen«, muß trotzdem die Ausführung lobend anerkennen. »Da-
bei ist aber das Bild«, sagt er »in malerischer Beziehung ein Meisterwerk. Das Helldunkel ist echt künstlerisch gefühlt
und von verführerischem Reiz, die Schatten vollkommen durchsichtig, die Zeichnung scharf, die Ausführung höchst
gewissenhaft und bestechend schön.«
Nach Vollendung seiner Kirchenbilder griff Caravaggio wieder auf das ihm am meisten zusagende Sittenbild
zurück und versuchte sich in der Wiederholung schon früher behandelter Motive, jedoch unter Anwendung seiner in-
zwischen erprobten dunkleren Malweise. Zu diesen Wiederholungen zählen z. B. die schon genannten »Falschen Spieler«
in Dresden.
Wie Bedeutendes er als Porträtmaler leisten konnte, ersieht man am besten aus dem Bildnis des Großmeisters
des Malteserordens Alof de Vignacourt im Louvre zu Paris, welches während seines Aufenthaltes auf Malta entstand.
Bei dem unsteten Leben, das Caravaggio führte, kann es nicht auffallen, daß er keine eigentlichen Schüler hatte.
Gleichwohl ist sein Einfluß auf die Kunst des 17. Jahrhunderts nicht zu verkennen. Er wirkte nicht nur auf einzelne
Bolognesen, wie Guido Reni und Guercino, sondern vor allem auf die neapolitanische Schule und durch Vermittelung
einiger französischer und niederländischer Künstler, die wie Honthorst und Rubens zu seiner Zeit in Rom ihre Studien
machten, auch auf die Entwickelung der niederländischen Malerei bestimmend ein.
Stich von St. Beendet