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Seidlitz, Woldemar
Die Kunst in Dresden vom Mittelalter bis zur Neuzeit (Buch 1 - 3): 1464 - 1625 — Dresden, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.43932#0473
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ZWEITER ABSCHNITT - ADMINISTRATOR FRIEDRICH WILHELM

erste Sorge, außer der Herstellung geordneter Verhältnisse gegenüber dem bis-
herigen starken Aufwand für Bauten und weitausschauende politische Unter-
nehmungen, die Befestigung des lutherischen Glaubensbekenntnisses und die
Wiederherstellung der alten Regirung. Sämtliche Beamte wurden wieder auf die
alte Konkordienformel verpflichtet, viele akademische Lehrer entfernt, Prediger
eingesperrt wenn sie nicht widerrufen wollten/Volksaufläufe gegen die angeb-
lichen Kalvinisten im Mai 1592 in Dresden und im folgenden Jahr in Leipzig
unterstützten ihn in diesem Bestreben. Der Kanzler Krell wurde einen Monat
nach des Kurfürsten Tode auf den Königstein gebracht, in seine Stelle trat Dr,
Peifer wieder ein. Die Furcht vor dem erstarkenden pfälzischen Kalvinismus
machte den Administrator blind für die Gefahren die gleichzeitig von katolischer
Seite dem deutschen Protestantismus erwuchsen. So nahm das Geschick seinen
Lauf, das bereits in den Anfängen der Reformation begründet war: nachdem
in der Protestation von Speier durch die Feststellung daß es in Sachen des
Glaubens keine Majorität gebe, dem Christentum eine neue Gestalt gegeben
worden war, war durch den Einfluß der Teologen die evangelische Freiheit in
ihr Gegenteil, in den Glaubenszwang auf Grund der augustinischen Lehre ver-
wandelt worden. Der Kampf gegen die Reformirten wie später gegen die Filip-
pisten zerriß das einigende Band196a>.
In der Pfalz hatte der verschwenderische Friedrich IV Anfang Januar 1592 die
Regirung angetreten, gleichzeitig war der alte Herzog Wilhelm IV von Jülich, Kleve
und Berg in Düsseldorf gestorben, wodurch in der Folgezeit große Wirrnisse ent-
standen,da sein Nachfolger JohannWilhelm nicht nur geisteskrank war sondern auch
kinderlos blieb. Der Straßburger Bischofssitz des Markgrafen Johann Georg von
Brandenburg, des Sohnes des Kurfürsten, erschien im folgenden Jahr gefährdet
als Heinrich IV von Frankreich nach seinem Übertritt zum Katolizismus mit dem
Herzog Karl von Lotringen, der auf dieses Bistum Anspruch machte, im August
1593 einen Waffenstillstand geschlossen hatte. Alle diese Ereignisse ließen für
Sachsen die Lage bedrohlich erscheinen, da sie geeignet waren das Direktorium
der Evangelischen, das Kurpfalz damals allein innehatte, noch mehr zu stärken.
Anderseits hatten sich 1593 im Süden die Verhältnisse der Katolischen
sehr zu Ungunsten der Protestanten gestaltet, trotzdem sie deren Hilfe gerade
in diesem Jahr brauchten, da nach 25jährigem Stillstand der Türkenkrieg wieder
ausgebrochen war. Im August erließ der Reichshofrat in Wien das kaiserliche
Urteil daß alle seit dem Statut von 1560 in Religionssachen eingeführten Neue-
rungen unstatthaft seien, wodurch der Verweltlichung der Stifte nachträglich ent-
gegengewirkt werden sollte. Besonders scharf wurde in Ober- und NiederösH

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