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Viertes Hauptstück.
der Zaunwand, besonders an den Eingangstho ren,
mit buntgemalten S chnitz werken verziert und zu die-
sem Zwecke überragen sie die Reihe der Nachbarpfahle. Die
Skulptur ist hier aus dem Pfahlschnitzwerke her-
vorgegangen. Die Pfahlköpfe sind durch fratzenhafte Men-
schenköpfe symbolisirt deren Typus wohl ohne Zweifel die wirk-
lichen Köpfe erlegter oder geopferter und gefressener Feinde
waren. Dazu tritt eine bunte Polychromie, eine Nachahmung der
Ornamente die sich die Neuseeländer mit vieler Kunst auf die
Haut tättowiren, in der That nichts weiter als eine Tättowirung
der dargestellten knorrigen Popanze.
Am künstlichsten sind die eigentlichen Wohnhäuser in dem
Innern dieser Gehege mit Holzschnitzwerk verziert, wobei das
Hauptornament die am Giebel sich überkreuzenden Dachfetten
bilden, die, ähnlich wie an den niedersächsischen Bauernhäusern,
über den Firsten des Daches hinausragen und wieder mit tätto-
wirten Popanzen endigen. Ausserdem bezeichnet Schnitzwerk und
Polychromie nach dem Prinzipe der Tättowirung auch andere
Hauptbestandtheile des Hauses z. B. die Thürpfosten und bilden
diese Elemente der Verzierung einen nach Umständen sparsamer
oder reicher vertheilten inneren und äusseren Schmuck desselben.
Die Bilder sind auch zuweilen selbst Producte der textilen
Kunst. Sie haben in Oweihi die Form der Brustbilder die „aus
„einer Art dünnen biegsamen Holzes sammt dem Halse, Kopf,
„Nase, Mund und Ohren geflochten sind.“ 1
Das Flechtwerk und selbst die Weberei hat bei diesen merk-
würdigen kulturfähigen Bewohnern der Südseeinseln von weisser
Race, die ein erobernder Stamm sind, zwar weitere Fortschritte
gemacht, doch ohne später auf die Architectur einzuwirken, die
offenbar schon vorher in formaler Beziehung vollständig geregelt
und arretirt war.
Die Ausbildung und vielfältige Anwendung des Schnitzwerks
in Holz bei diesen Völkern ist um so merkwürdiger, als sie den
Gebrauch des Metalls vor der Zeit der europäischen Ansiedelun-
gen nicht kannten. Der Geschmack, den sie dabei zeigen, so
lange sie im reinen Ornamente verbleiben und keine kalligra-
phische conventionelle imagines hominum et animalium darstellen,
1 Klemm’s Kulturgesch. der Menschheit, der die dahin bezüglichen Schrif-
ten und .Reisebeschreibungen anführt.
Viertes Hauptstück.
der Zaunwand, besonders an den Eingangstho ren,
mit buntgemalten S chnitz werken verziert und zu die-
sem Zwecke überragen sie die Reihe der Nachbarpfahle. Die
Skulptur ist hier aus dem Pfahlschnitzwerke her-
vorgegangen. Die Pfahlköpfe sind durch fratzenhafte Men-
schenköpfe symbolisirt deren Typus wohl ohne Zweifel die wirk-
lichen Köpfe erlegter oder geopferter und gefressener Feinde
waren. Dazu tritt eine bunte Polychromie, eine Nachahmung der
Ornamente die sich die Neuseeländer mit vieler Kunst auf die
Haut tättowiren, in der That nichts weiter als eine Tättowirung
der dargestellten knorrigen Popanze.
Am künstlichsten sind die eigentlichen Wohnhäuser in dem
Innern dieser Gehege mit Holzschnitzwerk verziert, wobei das
Hauptornament die am Giebel sich überkreuzenden Dachfetten
bilden, die, ähnlich wie an den niedersächsischen Bauernhäusern,
über den Firsten des Daches hinausragen und wieder mit tätto-
wirten Popanzen endigen. Ausserdem bezeichnet Schnitzwerk und
Polychromie nach dem Prinzipe der Tättowirung auch andere
Hauptbestandtheile des Hauses z. B. die Thürpfosten und bilden
diese Elemente der Verzierung einen nach Umständen sparsamer
oder reicher vertheilten inneren und äusseren Schmuck desselben.
Die Bilder sind auch zuweilen selbst Producte der textilen
Kunst. Sie haben in Oweihi die Form der Brustbilder die „aus
„einer Art dünnen biegsamen Holzes sammt dem Halse, Kopf,
„Nase, Mund und Ohren geflochten sind.“ 1
Das Flechtwerk und selbst die Weberei hat bei diesen merk-
würdigen kulturfähigen Bewohnern der Südseeinseln von weisser
Race, die ein erobernder Stamm sind, zwar weitere Fortschritte
gemacht, doch ohne später auf die Architectur einzuwirken, die
offenbar schon vorher in formaler Beziehung vollständig geregelt
und arretirt war.
Die Ausbildung und vielfältige Anwendung des Schnitzwerks
in Holz bei diesen Völkern ist um so merkwürdiger, als sie den
Gebrauch des Metalls vor der Zeit der europäischen Ansiedelun-
gen nicht kannten. Der Geschmack, den sie dabei zeigen, so
lange sie im reinen Ornamente verbleiben und keine kalligra-
phische conventionelle imagines hominum et animalium darstellen,
1 Klemm’s Kulturgesch. der Menschheit, der die dahin bezüglichen Schrif-
ten und .Reisebeschreibungen anführt.