Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0357
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Textile Kunst. Exkurs. Tapezierwesen der Alten.

307

halten zwischen dem Möbel und der Säule als architektonischem
Glied, und die sich als Zwitterformen dieser Art durch ein Fuss-
gestell charakterisiren das zwischen dem Kandelaberfusse und der
dem ganzen Säulensysteme gemeinsamen Plinthe des dorischen
Baues als Extremen eine erste Uebergangsform bildet. Doch ge-
hört dieses in das Gebiet der Tektonik, woselbst die angedeutete
Erscheinung in ihrem Zusammenhänge mit anderen genauer be-
sprochen werden muss.
Die Wände der eigentlichen Hütte waren höchst wahrschein-
lich geneigt, nach Art der ägyptischen Tempelmauern; diess er-
sieht man aus der Erwähnung „besonderer Eckpfosten, die aus
„einem ellenbreiten Holze (keilförmig) geschnitten waren und die
„man in die Ecken so einpasste, dass sie sich an die breiteren
„Pfosten der Seitenwände und der Hinterwand genau anfügten.11 1
Vorne blieb die Vorhalle der Hütte ganz offen, so dass hier die-
selbe Vorrichtung nicht nöthig war. Das Dach bildeten Zelt-
decken.
Die erste wollene Decke bestand aus zehn Stücken, die mit
Haken und Oesen an einander geheftet waren. Jedes Decken-
feld hatte vier Ellen Breite und 28 Ellen Länge. Diese hingen
an den Aussenwänden der Hütte nach hinten und nach den bei-
den Seiten soweit herunter dass die Wände nur einen Fuss hoch
über der Erde sichtbar blieben.
Die zweite härene Decke bestand aus eilf Stücken von der-
selben Breite wie die unteren (vier Ellen). Sie waren aber be-
deutend länger als diese, nämlich dreissig Ellen lang und wurden
zeltartig bis zur Erde herabgezogen. Vorne bildeten sie ein Ae-
thoma, einen frei schwebenden Baldachin, wozu die eilfte Bahn der
Decke diente. Diess Aethoma war also vier Ellen tief. Die dritte
und letzte Decke aus Thierfellen diente zum Schutze der zweiten
und hatte dieselbe Weite und Anordnung. Das Ganze war als0
ein Zelt, dessen innere goldbeschlagene Holzwände (ausserdem
durch an ihnen herabhangende reichgestickte wollene Decken ge-
ziert) man von aussen mit zeltartig vorgespannten Tüchern, die
wahrscheinlich mit ehernen Pflöcken, ähnlich wie die Pfosten des
Peribolos, an die Erde befestigt waren, verbarg. Nur von Vorne
hatte man den freien Blick auf die prachtvollen Teppiche der
Vorhalle, die ihrerseits wieder durch Vorhänge von weisser Lein-
1 Fl. Joseph. A. Jud. III. 6. 3.
 
Annotationen