Textile Kunst. Die Romer im Verfalle.
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in welcher Richtung selbst die spätrömische Baukunst noch
Grossartiges hervorbringt, das formal-tektonische Element da-
gegen verkümmert zusehend und kehrt immer entschiedener
zurück zu dem asiatischen Bekleidungsmaterialismus. Dieselben
glänzenden buntgestickten Hüllen, welche gleichsam die Windeln
der antiken Kunst waren, sollten auch die Grabtücher sein, worein
sich ihre Mumie verpuppte. Wie sehr gleicht der Teppichreich-
thum, die Verschwendung edler Metalle, womit die Mauern und
Strukturen aller Art beblecht sind, die Juwelierarbeit und Email-
leursgeschicklichkeit, vergeudet für Wände, Decken und Fuss-
böden, das Getäfel der Räume mit Jaspis und Elfenbein, mit Glas
und Bernstein, die Mosaikmalerei und sonstiger Bekleidungs-
schmuck, für den das asiatisirende alternde Rom seine geraubten
Schätze preisgibt, wie sehr gleicht alles dieses der barbarischen
Pracht der zugleich rohen und raffinirten chaldäisch - assyrischen
inkrustirten Erdwände!
Ein grosser Theil des Luxus der späten Kaiserzeit war schon
den Diadochen nichts Neues, und unter Nero, ja schon unter
Augustus, in Rom eingeführt, aber er wusste sich wenigstens noch
einigermassen innerhalb der Schranken des allgemeinen archi-
tektonischen Gesetzes zu bewegen, und der Kostbarkeit der
Stoffe entsprach noch die Kunst die ihre Verarbeitung über-
nahm, obschon der Rückschritt, den letztere bereits unter den
Ptolemäern gemacht hatte, ausdrücklich bei der Beschreibung
des durch seine unglaubliche Pracht berühmten ptolemäischen
grossen Nilschiffes (des Talamegos) mit Bedauern erwähnt wird.
Des Ruffinus Bericht von dem ptolemäischen Serapeum zu
Alexandria, wonach das innere Heiligthum dreifach, zuerst mit
Gold, dann mit Silber, zuletzt mit Erz belegt war, zeugt davon,
wie ein tiefsinnig-religiöses Herkommen, das auch Phidias achtete
aber zugleich künstlerisch verwerthete, unter verschrobenen Zeit-
verhältnissen zu plattestem Unsinn wird.
Mit dieser asiatischen Pracht wetteiferte zu Rom schon M. Scau-
rus bei seinem hölzernen Theater, dessen dreistöckige Scene mit
Marmor, Gold und Mosaik belegt war. Unerhörtes, später nicht
mehr Erreichtes, wagte in dieser Richtung der tolle Nero in sei-
nem goldenen Hause. Die alexandrinische Stoffverhüllung, das
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in welcher Richtung selbst die spätrömische Baukunst noch
Grossartiges hervorbringt, das formal-tektonische Element da-
gegen verkümmert zusehend und kehrt immer entschiedener
zurück zu dem asiatischen Bekleidungsmaterialismus. Dieselben
glänzenden buntgestickten Hüllen, welche gleichsam die Windeln
der antiken Kunst waren, sollten auch die Grabtücher sein, worein
sich ihre Mumie verpuppte. Wie sehr gleicht der Teppichreich-
thum, die Verschwendung edler Metalle, womit die Mauern und
Strukturen aller Art beblecht sind, die Juwelierarbeit und Email-
leursgeschicklichkeit, vergeudet für Wände, Decken und Fuss-
böden, das Getäfel der Räume mit Jaspis und Elfenbein, mit Glas
und Bernstein, die Mosaikmalerei und sonstiger Bekleidungs-
schmuck, für den das asiatisirende alternde Rom seine geraubten
Schätze preisgibt, wie sehr gleicht alles dieses der barbarischen
Pracht der zugleich rohen und raffinirten chaldäisch - assyrischen
inkrustirten Erdwände!
Ein grosser Theil des Luxus der späten Kaiserzeit war schon
den Diadochen nichts Neues, und unter Nero, ja schon unter
Augustus, in Rom eingeführt, aber er wusste sich wenigstens noch
einigermassen innerhalb der Schranken des allgemeinen archi-
tektonischen Gesetzes zu bewegen, und der Kostbarkeit der
Stoffe entsprach noch die Kunst die ihre Verarbeitung über-
nahm, obschon der Rückschritt, den letztere bereits unter den
Ptolemäern gemacht hatte, ausdrücklich bei der Beschreibung
des durch seine unglaubliche Pracht berühmten ptolemäischen
grossen Nilschiffes (des Talamegos) mit Bedauern erwähnt wird.
Des Ruffinus Bericht von dem ptolemäischen Serapeum zu
Alexandria, wonach das innere Heiligthum dreifach, zuerst mit
Gold, dann mit Silber, zuletzt mit Erz belegt war, zeugt davon,
wie ein tiefsinnig-religiöses Herkommen, das auch Phidias achtete
aber zugleich künstlerisch verwerthete, unter verschrobenen Zeit-
verhältnissen zu plattestem Unsinn wird.
Mit dieser asiatischen Pracht wetteiferte zu Rom schon M. Scau-
rus bei seinem hölzernen Theater, dessen dreistöckige Scene mit
Marmor, Gold und Mosaik belegt war. Unerhörtes, später nicht
mehr Erreichtes, wagte in dieser Richtung der tolle Nero in sei-
nem goldenen Hause. Die alexandrinische Stoffverhüllung, das