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Viertes Hauptstück.
faden, die den Stoff ausmachten, erreicht ward, so hiess dieses, dem
Brokat verwandte, aber minder prachtvolle und reiche Produkt nach
einem anderen Hauptfabrikorte der orientalischen Stoffe Damast. 1
Der Ursprung des Goldbrokates ist um so interessanter als er mit
einer uralten Verfälschungsmethode des Seidenstoffs im innigsten Zusammen-
hänge steht. Je reichlicher nämlich jene alten Goldstoffe mit Gold durch-
wirkt sind, desto geringer wird der innere, d. h. der materielle Werth
des Stoffs, denn die vermeintlichen Goldfäden sind bei genauer Prüfung
nichts weiter als mit sehr dünnen Goldpapierstreifen übersponnene Baum-
wollenfäden. Die Erfindung ist ohne Zweifel in China gemacht worden.
Ich habe sehr antike japanische Goldbrokate, die in dem Garde meuble
des Königs von Sachsen aufbewahrt werden, in dieser Beziehung genau
geprüft und gefunden, dass sie sämmtlich mit solchen goldpapierüber-
sponnenen Baumwollenfäden gewirkt wurden.
Wahrscheinlich blieb diese Erfindung Geheimniss der Chinesen und
Japanesen und wurden die Goldfäden fertig aus China über Indien oder
zu Lande bezogen. Man hat sich viele Mühe gegeben, das Geheimniss
dieser Manufaktur herauszufinden, jedoch bis jetzt ohne Erfolg. Mein
Eindruck war immer, dass der papierähnliche vergoldete Stoff eine Art
von Kautschuk sei, der zuerst einen Streifen von ziemlicher Dicke bildet,
dessen obere Seite man vergoldet und ihn dann zu äusserster Dünne ver-
längert und extenuirt, wobei das Gold bei angemessener ursprünglicher
Dicke vermöge seiner gleichfalls sehr grossen Dehnbarkeit dem Ex-
tenuationsprocesse nachfolgt. Das Ueberspinnen der Fäden mit den
solcherweise gewonnenen feinen Goldflächen würde hernach keine Schwierig-
keit mehr bieten. Es gehen alljährlich Tausende von Louisd’ors durch
den Tiegel mit Versuchen, für unsere jetzige sehr schwerfällige und kost-
spielige Methode des Umspinnens seidener Fäden mit vergoldetem Silber-
draht ein, den chinesischen Goldpapiergespinnsten ähnliches, Aequivalent
zu finden, — vielleicht führt der wunderbare Stoff, von dem ich rede,
in irgend einer Anwendung zu der Lösung dieser Aufgabe, die den
Erfinder reichlich lohnen muss. Es handelt sich dabei nämlich keineswegs
1 Doch ist dieses nicht der alte Name für den angeführten Stoff, welchen letztem
es schwer hält in der Verwirrung der Benennungen für Zeuge, deren die Schriftsteller
des Mittelalters sich bedienen, herauszufinden. Vielleicht ist der korrumpirte Ausdruck
in der oben angeführten Stelle des Hugo Falcandus exarentasmata, wofür wohl rich-
tiger exanthemata zu setzen ist, auf den geblümten Damast zu beziehen. Nach Bu-
lengerus, in seinem Werke de re Vestiaria, soll das Adjectiv fundatus (vela de fundato)
dem französischen etoffe ä fond d’or entsprechen. Vergl. Ducange ad voc. fundatus.
Viertes Hauptstück.
faden, die den Stoff ausmachten, erreicht ward, so hiess dieses, dem
Brokat verwandte, aber minder prachtvolle und reiche Produkt nach
einem anderen Hauptfabrikorte der orientalischen Stoffe Damast. 1
Der Ursprung des Goldbrokates ist um so interessanter als er mit
einer uralten Verfälschungsmethode des Seidenstoffs im innigsten Zusammen-
hänge steht. Je reichlicher nämlich jene alten Goldstoffe mit Gold durch-
wirkt sind, desto geringer wird der innere, d. h. der materielle Werth
des Stoffs, denn die vermeintlichen Goldfäden sind bei genauer Prüfung
nichts weiter als mit sehr dünnen Goldpapierstreifen übersponnene Baum-
wollenfäden. Die Erfindung ist ohne Zweifel in China gemacht worden.
Ich habe sehr antike japanische Goldbrokate, die in dem Garde meuble
des Königs von Sachsen aufbewahrt werden, in dieser Beziehung genau
geprüft und gefunden, dass sie sämmtlich mit solchen goldpapierüber-
sponnenen Baumwollenfäden gewirkt wurden.
Wahrscheinlich blieb diese Erfindung Geheimniss der Chinesen und
Japanesen und wurden die Goldfäden fertig aus China über Indien oder
zu Lande bezogen. Man hat sich viele Mühe gegeben, das Geheimniss
dieser Manufaktur herauszufinden, jedoch bis jetzt ohne Erfolg. Mein
Eindruck war immer, dass der papierähnliche vergoldete Stoff eine Art
von Kautschuk sei, der zuerst einen Streifen von ziemlicher Dicke bildet,
dessen obere Seite man vergoldet und ihn dann zu äusserster Dünne ver-
längert und extenuirt, wobei das Gold bei angemessener ursprünglicher
Dicke vermöge seiner gleichfalls sehr grossen Dehnbarkeit dem Ex-
tenuationsprocesse nachfolgt. Das Ueberspinnen der Fäden mit den
solcherweise gewonnenen feinen Goldflächen würde hernach keine Schwierig-
keit mehr bieten. Es gehen alljährlich Tausende von Louisd’ors durch
den Tiegel mit Versuchen, für unsere jetzige sehr schwerfällige und kost-
spielige Methode des Umspinnens seidener Fäden mit vergoldetem Silber-
draht ein, den chinesischen Goldpapiergespinnsten ähnliches, Aequivalent
zu finden, — vielleicht führt der wunderbare Stoff, von dem ich rede,
in irgend einer Anwendung zu der Lösung dieser Aufgabe, die den
Erfinder reichlich lohnen muss. Es handelt sich dabei nämlich keineswegs
1 Doch ist dieses nicht der alte Name für den angeführten Stoff, welchen letztem
es schwer hält in der Verwirrung der Benennungen für Zeuge, deren die Schriftsteller
des Mittelalters sich bedienen, herauszufinden. Vielleicht ist der korrumpirte Ausdruck
in der oben angeführten Stelle des Hugo Falcandus exarentasmata, wofür wohl rich-
tiger exanthemata zu setzen ist, auf den geblümten Damast zu beziehen. Nach Bu-
lengerus, in seinem Werke de re Vestiaria, soll das Adjectiv fundatus (vela de fundato)
dem französischen etoffe ä fond d’or entsprechen. Vergl. Ducange ad voc. fundatus.