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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — München: Bruckmann, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.66814#0354
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Viertes Hauptstück.

entdeckte nämlich Herr Loftus Mauern aus Luftziegeln, die mit einer
Mosaik von kleinen in Asphalt versetzten Kegeln oder Nägeln aus
gebranntem und an dem dicken sichtbaren Ende farbig glasirtem Thone
inkrustirt sind; die etwa sechs Zoll langen und vorne dreiviertel Zoll
dicken Nägel sind im Durchmesser rund und so geordnet, dass sie geo-
metrische Muster in bunten Farben bilden, und durch sie ist das Lehm-
mauerwerk zugleich in einer Tiefe von mehreren Zollen gegen den Ein-
fluss der Feuchtigkeit geschützt. Wir werden weiter unten sehen, dass
auch diese Inkrustationsmethode der Lehmwände an den ältesten ägyp-
tischen Gebäuden vorkommt, wiewohl nicht in derselben primitiven Weise
wie hier; auch wird sich zeigen, wie dieselbe zu einer andern Methode,
die Lehmwände mit glasirter Kruste zu überkleiden, die ebenfalls an



Grundplan und Aufriss einer assyrischen Mosaikwand.

babylonischen und assyrischen Gebäuden vorkommt, gleichsam den prin-
zipiellen Gegensatz bildet. Häufig finden sich unter dem Schutte der
ältesten assyrischen Pyramidenanlagen derartige glasirte Thonkeile, die
von der öftern Anwendung dieser Bekleidungsmethode in einer Früh-
periode der diesen Ländern eigenthümlichen Baukunst Zeugniss ablegen
und das Beispiel vonWurka, wo noch ganze Wände solcherweise bekleidet
sich erhielten, weder als isolirt noch als einer spätem Zeit angehörig
erscheinen lassen.
An einer kleinen Ruine, gegenüber dem Wusswass, entdeckte Herr
Loftus eine niedrige Mauer, die ganz aus Töpfen besteht, die horizontal
mit den Oeflhungen nach Aussen geschichtet sind und der Mauer das An-
sehen einer Honigswaabe geben. Wenn man nur genau wüsste, welcher
Zeit diese merkwürdigen Konstruktionen angehören!
 
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