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Seyler, Gustav A. [Oth.]; Siebmacher, Johann [Bibliogr. antecedent]
J. Siebmacher's großes und allgemeines Wappenbuch: in einer neuen, vollständig geordneten u. reich verm. Aufl. mit heraldischen und historisch-genealogischen Erläuterungen (Band 1,1): Wappen der deutschen Souveraine und Lande — Nürnberg, 1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.27908#0053
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FÜRSTENTHUM ANHALT-DESSAU-COTHEN.

43

II. Aiilialt-Dessau-Cötlien.

Tafel 92.

Staatswappen.

Der nähere Ahnherr der Linie ist Johann Georg, Fürst
von Anhait, der ällere Bruder des Stifters der bernhurgi-
schen Linie,

Das Herzogthum enlstand am 22. Mai 1853 durch Yer-
einigung der Herzogthtimer Anhalt-Dessau und Anhalt-Cö-
then, deren iezteres mit Ilerzog Heinrich, f 23. Nov. 1847,
im Mannesstamme erloschen war.

Bei Yereinigung der Herzogthiimer ging im Wappen
des neuen Herzogthums keine Yeränderung vor sich, und
es besteht selbes : *)

Aus einem Schilde, der in Theilung und Bildern dein
obenbeschriebenen von Anhalt-Bernburg ganz gleich ist,
mit der einzigen Ausnahme dass der Fürstenhut iiber dem
Herzschild fehlt.

Helme auf dem Schilde werden hier nicht gefiihrt,
dagegen statt derselben eine r.-gefiitterte Königskrone.

Schi 1 dha 11er: Zwei gekrönte widersehende Bären
mit g. Halsband.

Wappenzelt wie oben.

Tafel 93.

Stainmwappen.

Es ist bisher allgemein angenommen und ausgesprochcn
worden, das Wappen der Fürsten von Anhalt als solcher
sei ein gespaltener Schild, in welchem die Bilder von
Brandenburg und Sachsen dergestalt vereint sich zei-
gen, dass vorne ein hälber r. Adler in S. , hinten das 4Ü
und g.-gestreifte Fekl init dem gr. Rautenkranz iiberlegt
erscheint, dergestalt es heutzutage im Herzschild des
Staatswappens gefiihrt wird.

Man hat die Entstehung dieses Wappens einfach dem
Umstande zugeschrieben, dass wie schon oben erwähnt, die
Vorfahren der Herzoge, sowohl die Mark Brandenburg, als
auch das Herzogthum Sachsen inne gehabt und desshalb
von ihren Nachkommen die Wappenbilder gedachter Län-
der seien angenommen und beibehalten worden. Wiewohl
nun diese Erkiärung vieles fiir sich hat, so möchte sie doch
nicht so unbedingt richtig sein.

Ich bin durch Yergleichen vieler Siegel und Zeichnun-
gen an der diplomatischen Genauigkeit obiger Annahmen
einigermassen irre geworden.

Zum ersten, so finde ich in keinem Siegel oder Abbil-
dung des Wappens von Anhalt auf dem Adler die g. Klee-
stengel, welche als charakteristisches Beizeichen des bran-
denburger Adlers sonst iiberali vorkommen (siehe oben
Tafel 12), zum zweiten, so ist in keinem der zahlreichen
Siegel, die bei Beckmann ahgebildet sind, bis herauf in
das Jahr 1468 dcr Rautenkranz im Anhalt’schen Schilde
zu finden, sondern iiberall zeigt sich der Schild nur in der
Art, wie er auf vorliegender Tafel zu sehen, zuweilen ganz
allein, zuweilen in Yerbindung mit andern Schilden, z. B.
dem Bäringer, Askanier oder herzoglich sächsischen, als
solcheu, wie dessen ein Beispiel auf den folgenden Tafeln
sich zeigt. **)

Ich kann demnach nicht einsehen, wie Spener, Beck-
mann, Brotuff u. A., wenn sie die älteren anhalt’schen
Siegel vor Augen hatten, behaupten konnten, es sei der
Schild, wie er gewöhnlich seit der Mitte des XV. Jahrhun-
derts dargestellt wird, das Stammwappen der Fürsten
von Anhalt.

Wenn es nun ausgemacht sicher ist, dass der Rauten-
kranz ursprünglich nicht in’s anhalt’sche Wappen o-ehörte
so lässt sich auch behaupten, dass das Wappenbild der hin-
teren Ilälfte des Schildes in seiner ersten Bedeutung nicht
Sachsen bedeutete; und init einiger Wahrscheinlichkeit
liesse sich ebenso darthun, dass der halbe Adler in der

Nach gefä'.liger Mittlieilung des herzog], anhalt-dessau-höthen’-
sehen Staatsniinisters tlerr v. P1 ö tz.

**) Das Siegel das BecKmann a. a. 0. Pag. 3. N. 3. von Herzo»
Aibrecht von Sachsen, Burggrafen zu Magdeburg aus dem Jahre 1273
beibringt, davauf sich die hintere Hälfte des Schildes, der sächsisehe
Rautenkranz zeigt, »itösst meine Behauptung nicht um denn es führte
Herzog Aibrecht hier r.icht das anhalt’sche, sondern d’as zusammenge
sezte magdeburg-sächsische Wappen, sowie es oben hei Sachsen. Taf. 24,
Nr. 1, bereits ahgebildet ist.

vordc-ren Hälfte des Schildes gleichfalls nicht Branden-
burg, sondern irgend ein anderes Besizthum zu bedeuten
habe.

Ich bin weit entfernt, mit der lezteren Hypolhese die
bisher übliche anhall’sche Heraldik als unrichtig verwer-
fen zu wollen, aher ich hoffe hiedurch Diejenigen, denen
die Mittel zu gründlichereu Forschungen in dieser Be/.ie-
hung zur Iland iiegen, aucli zu veranlassen, die Giiltigkeit
der bisherigen Annahmen diplomatisch nachzuweisen, wie
ich in Bezug des einen Wappenbildes, die Unrichtigkeit
der gewöhnlichen Angaben darzuthun versucht habe.

Das Bedenken, dass die gewöhnliche bisherige Erklä-
rungsweise überall noch für richtig angenommen und nir-
gends heslrÄen worden sei. hat wohl Einiges fiir sich.
W enn wir aher uus erinnern, wie so häufig die Erklärung
der Wappen erst Jahrhunderte nach ihrem Entstehen un-
ternominen worden, wenn wir vergleichen, wie solche all-
gemeine Annahmen dennoch grundfalsch sein können (ich
verweise z. B. nur auf die Hörner des lüneburgischen
Wappens, die aus missverstandener Auffassung in Sicheln
verwandelt worden sind, worauf man zu deren Sanktion
eine eigene Erzählung erfunden hat oder auf die sonst all-
gemein als gnltig angenommenen Angaben von dem Ur-
sprung der Wappen von Bayern, Ilenneberg, Mecklenburg
etc.) so diirfen wir anch nicht zu sehr auf die Richtigkeit
der bisherigen Rlasonirung der anhalt’schen Wappenbilder
zählen, um so weniger, als uns in deniseihen Wappen ein
auffallendes Beispiel ftir die Art wie man mit der Umge-
staltung und Erklärungs - Kombination solcher Bilder um-
zugehen pflegte, vor Augen steht.

Es werden näinlich seit dem Anfange dcs XVI. Jahr-
hunderts als anhalt’sches Kieinod zwei verschränkte
von 4L und G. geviertete Arme dargestellt, deren jeder in
der Hand einen Pfauenwedel hält. Dazu hat Brotuff in
seiner anhalt’schen Kronik die Ursprungs-Erklärung: dass
Fiirst Heinrich von Anhalt (circa 1270) einmal bei Tafel
dem Kaiser mit Pfanenwedeln die Fliegen ahgewehrt,
und dafiir die zwei Arme mit den Federn zum Kleinod
erhalten.

Es waren aher ursprünglich nie Arme auf dem anhalt’-
schen Helm, sondern einfach zwei Pfauenwedel, an ahge-
hogenen g, Stähen, wie sich deren die Frauenzimmer als
Fächer hedienen, und wurden erst in der angefiihrten
Zeit dieselben zu der gegenwärtigen iihlichen Form ver-
ändert.

Wie nun bei dem Kleinod die unrichtige Erltlärung im
XVI. Jahrhundert entstanden, so konnte ein Jahrhundert
früher auch die jezige Blasonirung oder vielmehr Ursprungs-
angabe der Bilder im Schilde^selbst aus leicht denkbaren
Ursachen sich gebildet habtfi’, ohne dass ihr desswegen
die diplomalisch richtige Grundlage zur Seite gestanden war.

Tafel- 94.

Aeltere anhalt’sche Wappen vom Jahre 1344 und S458

Das erstere Wappen ist nach einein Siegel Fiirst Bern-
Iiards aus der ältern Bernburger Linie v. J. 1344.

Es erscheint hier im s. Schild einfach ein schreitender
44 Bär, auf dem Helm aber das anhalt’sche Kleinod mit den
Pfauenwedeln. Dass der ßär auf Bernburg Bezug habe,
ist um so wahrscheinlicher als er zuerst auf Siegehi dieser
Linie erscheint und zwar auf einem Reitcrsiegel Fiirst
Bernhards vom Jahre 1323, wo derselbe das anhalt’sche
Wappen auf dem Armschild und der Faline, das bernhurg'-
sche, den Bären, aber in zwei Schilden, auf der Pferddecke
fiihrt. Nach den neueren Erklärungen miisste diess Wap-
penbild eigentlich das Stammwappen der Bäringer sein,
allein gerade der Umstand, dass es zuerst von den in Bern-
burg residirenden Fiirsten und zwar wie aul dem Siegel
von Ftirst Bernhard vom Jahre 1344 ganz allein erscheint,
diirfte die neuere Annahme als unstatthaft erweisen.

In Siegcln späterer Zeit fiihrte man den Bären zwei-
rnal wie es hei Vereinigung von zweierlei Wappenbiidern
in einen gevierteten Schild gewöhnlich geschah und noch
geschieht, daraus lässt sich jedoch nicht im Entferntesten
mit einigem Grunde bekräftigen, dnss diese zwei Bären
aucli zweierlei Besizungen oder Wappen vorstellen müss-
ten, die Bäringer und Bernhurg, da die jezigen Haupt-
Unterscheidungs-Merkmale, wornach der Bäringer Bär ge-

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