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Sillib, Rudolf
Die Geschichte der Handschrift [Die Manessische Lieder-Handschrift] (aus: Die Manesse'sche Handschrift, Faks.-Ausg., Textbd.: Die Manessische Lieder-Handschrift / Einl. von Rudolf Sillib, Friedrich Panzer, Arthur Haseloff) — Leipzig, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.3970#0037
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hing wurden im Umtausch gegen die Liederhandschrift, der Rest gegen
Zahlung von 150000 Franken von Frankreich akzeptiert. So wurden auf
Grund eines am 7. Februar von Trübner abgeschlossenen Vertrages am
23. Februar 1888 die 166 Handschriften in London von Trübner an
Deslisle übergeben und gleichzeitig die Liederhandschrift auf der deut-
schen Botschaft in Paris deponiert. Das Deutsche Reich hatte die Mittel
zum Ankauf der Handschrift bewilligt, Kaiser Friedrich bestimmte, daß
sie „in Erfüllung der Eurer Königlichen Hoheit [dem Großherzog von
Baden] von Meinem in Gott ruhenden Herrn Vater gemachten Zusage
der Bibliotheca Palatina in Heidelberg wieder zugeführt werde". Am
10. April 1888 wurde die einst verlorene Handschrift nach Heidelberg über-
bracht, ein nationales Kleinod war Deutschland wiedergewonnen. Blatt
3 der Handschrift, die nunmehr die amtliche Bezeichnung Cod. Pal. germ.
848 trägt, enthält das Dokument der Übergabe: „Le present manuscrit
entre ä la Bibliotheque du roi avec les collections des freres Dupuy, en
1656, a ete raye des Catalogues et Inventaires de la Bibliotheque Natio-
nale et remis ä M. Trübner, libraire ä Strasbourg, conformement ä l'arrete"
ministeriel du 17 novembre 1887, reglant les conditions auxquelles ont ete"
acquis 166 manuscrits des fonds Libri et Barrois. Paris, le 23 fevrier 1888."
(Darunter roter Stempel mit): „Bibliotheque Nationale Administration."
„In der Geschichte der Handschrift spiegeln sich die Phasen der allge-
meinen deutschen Geschichte ab. Was die mittlere Zeit Edles erzeugt,
das ging im 17. Jahrhundert verloren; was auch in der Zeit allmählicher
Erstarkung deutscher Macht wiederholt vergeblich versucht war, das ist
dem neuen Reich gelungen" - Worte des Dankes, die der Senat der
Universität Heidelberg am 10. April 1888 an den großen Kanzler des
Reiches gerichtet hat.

Das alte deutsche Liederbuch wurde seiner deutschen Heimat wiederge-
wonnen, wenn auch nicht dem Orte seiner Entstehung, so doch der
Stätte, die, wie wir gesehen haben, allein in deutschen Landen ein histo-
risches Recht auf seinen Besitz hat, und nicht nur ein historisches, ebenso-
sehr auch ein ideelles. Welche deutsche Stadt, und wir dürfen auch fragen,
welche deutsche Bibliothek hat auch ideell ein stärkeres Anrecht auf den

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