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Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik: Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik — 1.1946

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https://doi.org/10.11588/diglit.7376#0067
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DIE SCHULE DER DEMOKRATIE

Wir haben uns alle recht übel benommen, die letzten
Jahre. Soweit wir es uns noch nicht eingestehen,
fühlen wir es immerhin recht deutlich oder läßt man
es uns fühlen. Wir Deutsche sind leider autoritäts-
hungrig. Fehlt die Autorität, geht unser Staat leicht
auseinander, fängt an zu laufen wie ein Käse (böse
Zungen reden sogar von entsprechendem Geruch und
von unzähligen Maden). Kurz, die Symptome sitt-
licher Verrohung sind vorhanden, gewisse sogar
ständig unter unseren Augen, und unsere politische
Verwahrlosung kann auch der Verstockteste nicht
bestreiten. Somit wären wir erziehungsreif und sitzen
mehr oder weniger in der Schule der Demokratie
(die Auswahl der Schulen ist beschränkt).
Das erste Schuljahr liegt nun hinter uns und DANA
berichtet durch die ,,Süddeutsche Zeitung" vom
7. Juni, daß der „Umerziehungsprozeß zur demo-
kratischen Einstellung sehr langsam sei". Es klingt
beinahe so, als wären wir gleich im ersten Jahre
schon sitzengeblieben. Man schätzt „vorsichtig", daß
wir noch 15 Jahre werden in die Schule gehen müs-
sen, bis man uns ein politisches Reifezeugnis zu-
gestehen kann. Mit geistiger Nahrung sind wir jeden-
falls bis auf weiteres versorgt. (Um die Brotzeit
müssen wir uns wohl selbst kümmern, obgleich die
Schulleitung den Gedanken einer zusätzlichen Schüler-
speisung nicht aus dem Auge läßt.)
Hinsichtlich des Lehrplanes bestehen noch einige
Unklarheiten im Erziehungsministerium. Molotow
erklärt nämlich, daß die östliche Anschauung allein
die Demokratie verbürge, während die westlichen
Anschauungen offen oder versteckt faschistisch seien.
Byrnes und Bevin verwahren sich nachdrücklichst
dagegen. Als Schüler sind wir, glaube ich, schon so-
weit fortgeschritten, um einmal eine eigene Meinung
zu versuchen. Aus den westlichen Demokratien be-
richtet man uns von fortgesetzten und umfangreichen
Streiks. Nun erinnern wir uns der Streiks — aus
unserem demokratischen Kindergarten Weimar —
als eines untrüglichen Zeichens wirklicher Demo-
kratie. Aus den östlichen Demokratien kommen leider
nur spärliche Nachrichten. Aber wir halten Haus-
vertrauensleute, Frauenarbeitseinsätze und gewisse
Propagandamittel — diesmal in Erinnerung an unsere
Flegeljahre ■— für noch nidit unbedingt demokra-
tische Einrichtungen. Was Molotow, Byrnes und Bevin
auch damit meinen mögen, der Abstand vom Er-
ziehungsministerium zum Schüler ist sehr groß. Un-
sere Ueberlegungen soüen ja nur zeigen, daß wir
immerhin das demokratische Prinzip des freien Mei-
nungsaustausches „langsam" begreifen.
Ueberzeugte Klarheit über den Begriff Demokratie
herrscht zweifellos in den Köpfen unserer Lehrer,
als da sind die CSU., die SPD., die KPD. und der
Studienreferendar (Aufbaupartei). Oh, ich sagte nicht:
übereinstimmende Klarheit! Die CSU. predigt uns
die christliche Nächstenliebe, die Heiligkeit des Be-
sitzes und ähnliche Heiligkeiten als die Substanz der
Demokratie a priori. Die SPD. will etwas anderes,
meint aber zutiefst im Grunde etwas Ähnliches, aber
mehr sachlich (als christlich) und auf breiterer Basis,
weshalb sie sich auch des marxistischen Vokabulars
bedient. Das Vokabular finden wir -bei der KPD.
wieder und sogar die Begriffe dazu. Sie bemüht sich
aufrichtig, diese Begriffe mit der Quintessenz der
Demokratie an sich zu identifizieren. Der Referen-
dar meint es, wie scheint, zunächst nur gut, aber es
fehlen ihm eben noch die dema . . . oh, Verzeihung,
pädagogischen Erfahrungen. Somit ist die Situation
für die Schüler reichlich verwickelt. Ein eifriger

DROHUNG

H. M.-Brockmann

„Siehgst, da ham ma's schwarz auf weiß: Die CSU. hat d' Mehr-
heit, und bal dö Bazi net ziah'ng, genga ma zua dö Parteilosen!"

Schüler versicherte mir, er habe nach Besuch dreier
verschiedener Parteiversammlungen feststellen müs-
sen, daß er nun noch weniger wisse als zuvor, was
Demokratie sei. Er fragte, ob man nicht, wie in
Frankreich, erst einmal bei einer neuen Verfassung
anfangen sollte, um grundsätzlich zu erfahren, was
wir eigentlich wollen. Dann fügte er noch zögernd
hinzu: „Wenn Frankreich sich schon eine 4. Republik
leistet, könnten wir es doch mit einem 4. Reich
probieren."

Ich sehe, der Aermste hat wirklich noch gar nichts
verstanden. Werden 15 Jahre ausreichen?

M. Schrimpf

Aus dem Mitteilungsblatt der Christi. Soz. Union 15.fi. 1946

An Herrn KLEINER-MANN:

„Ihre Zuschriften behandeln wir streng vertrau-
lich. Wir sind erklärte Gegner jedes unlauteren
Denunzierungssystems."

Was versteht die CSU. nun unter einem „lauteren"

Denunzierungssystem?

WAS DIE UNION VON EINER KÜNFTIGEN VER-
FASSUNG VERLANGT?

„Das Recht auf freien Zusammenschluß und
freie Meinungsäußerung darf auf Grund gesetz-
licher Vorschriften höchstens vorübergehend ein-
geschränkt werden."
Beispiel: Für die Gegner der CSU. vor den Wahlen.

M. Schrimpf

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Drohung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Meyer-Brockmann, Henry
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Der Simpl, 1.1946, Nr. 6, S. 67.

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