HOFTRAUER
H. M.-Brockmann
WEISS BLAU ES MÄRCHEN
. . . Hoooooch! Hoooooch! Hoooooch!.. . Was ist
das! Die Fenster auf! Ei, sieh einer an! Wer kommt
denn da in der goldenen, motorisierten königlichen
Karosse von Anno dazumal? Das ist doch . . . das
sind doch Seine Majestät, der allergnädigste König
von weiß Gott welchen Gnaden, unser allerhöchster,
allerhundlreichster (Druckfehler, soll natürlich hudl-
reichster heißen!) Landesherr Rupprecht I. vom
Bayerlandl! Wie die Majestät allerhöchst leutselig
aus dem Wagen winken! Schade, daß sie vergessen
haben, die Museumsnummer vorn (am Wagen, nicht
an der Majestät!) wegzukratzen. Es stört . . . Wo,
frage ich, bleibt die Königin, Verzeihung, Ihre Maje-
stät, die. . . (wie oben, mit einem ,,in" hinten
dran!)?
Ueber die strammen Hartschiere in der farbig-
frohen Festuniform geht nix. Sowas machen uns die
Breißen nicht nach. Schau, es sind vom Kardi. . .,
von seiner Eminenz, dem allerhochwürdigsten
Dachauer SS.-Kapellenchorprotektor Fleißkorn eigen-
händig bekehrte und mit dem Chrisam gesalbte einst
irregeführte Mitläuferschäfchen, hochgradig rehabili-
tiert und seit Geburt Konsumierer des König-Lud-
wig-Feigenkaffces (leicht braune Packung). Und die
vielen, vielen Ehrenjungfrauen in Weiß und Blau,
da sag'n die ewig Unzufriedenen, wir haben keine
Jungfrauen mehr im Land! Der BDM. war doch ein
prima Vorunterricht für den Ehren- und Zofendienst
am Hof. Ein paar reizende Löwchen trägt man hin-
ten nach, aber garantiert stubenrein, Vegetarier,
keine fleischfressenden Militaristen. Wer sind denn
diese ein bisserl vertrottelt ausschauenden Geh-
rockler mit den geschulterten Regenschirmen? Ach
so, die Herrn Max-Josef-Ordensritter mit der ruhm-
reichen Tradition. Und dann die begeistert falsch
singenden Mannder und Weiberleut' zu Dritt in einer
Reihe — Kinder, Kinder, laßt's ja den Militarismus
net so schnell blicken, die Ami könnten in der Nähe
sein! Jaso, das ist die neue Partei, das sind die
plombierten und prädestinierten Untertanen, die
kommenden Hoflieferanten und Lakaien, die Kam-
merzofen und Alkovenkatzerln für die neue Schön-
heitsgalerie', vom Herrn Hanfstängl selber für den
Hausgebrauch ausgesucht und etikettiert. Und die
braven und frommen Nönnchen und Brüder in der
romantisch-kleidsamen Kutte, nur zu braun — soll-
ten das alles Ettaler Klosterlikörtrinker sein, Marke
Eses, oder sind doch ein paar richtige drunter? Wer
wird denn so gehässig sein, wo doch alles längst
rehabilitiert und ausgesegnet ist! Weihrauch ist ja
nicht gespart worden, Original bayerischer Königs-
rauch, versteht sich. Und die Schulkinder singen so
wunderbar durcheinander, sie haben gleichzeitig zwei
Lieder angefangen, aber das tut der Begeisterung
keinen Abbruch. Gott sei Dank, also dann sind wir
endlich so weit. Königreich Bayern — klingt nicht
schlecht; man muß sich halt ein wenig dran ge-
wöhnen. A propos, mir fällt auf, daß das eigent-
liche Volk gar nicht vertreten ist. Jawohl, wo ist
denn das Volk? Ich sehe gar keinen einzigen Ar-
beiter. Ach so, die werden wahrscheinlich von der
„Schwarzen Schmach" — Sie wissen doch, unsere
beliebte berittene Polizei — als nicht standesgemäß-
nicht zugelassen gewesen sein. Vielleicht haben sie
auch zu viel geschimpft und sind nicht in der ge-
bührenden alleruntertänigsten Ehrfurcht erstorben?
Na, Strafe muß sein. Geschieht dem Volk schon
recht! Soll sich die Hörndl nur ein bisserl einstoßen.
Wenn das Bier wieder um ein Fünferl billiger und
um 5 Prozent besser wird, werden sie auch begeistert
„Hoch" schreien, spätestens am nächsten Oktober-
fest, wenn es die ersten Brathenndl und Steckerl-
fisch wieder gibt und ein Wiesenbier. Sie, das wird
eine Zeit. . .
Rrrrrrrrr, ja Kruzitürkn, jetzt hab ich verschlafen
für den englischen Unterricht! Und das Königreich
Bayern, es war ein Zichorienkaffeerauschtraum
(Marke König Ludwig IL). Hoffentlich habe ich
nicht zu laut geträumt ... ]. Menter
72
H. M.-Brockmann
WEISS BLAU ES MÄRCHEN
. . . Hoooooch! Hoooooch! Hoooooch!.. . Was ist
das! Die Fenster auf! Ei, sieh einer an! Wer kommt
denn da in der goldenen, motorisierten königlichen
Karosse von Anno dazumal? Das ist doch . . . das
sind doch Seine Majestät, der allergnädigste König
von weiß Gott welchen Gnaden, unser allerhöchster,
allerhundlreichster (Druckfehler, soll natürlich hudl-
reichster heißen!) Landesherr Rupprecht I. vom
Bayerlandl! Wie die Majestät allerhöchst leutselig
aus dem Wagen winken! Schade, daß sie vergessen
haben, die Museumsnummer vorn (am Wagen, nicht
an der Majestät!) wegzukratzen. Es stört . . . Wo,
frage ich, bleibt die Königin, Verzeihung, Ihre Maje-
stät, die. . . (wie oben, mit einem ,,in" hinten
dran!)?
Ueber die strammen Hartschiere in der farbig-
frohen Festuniform geht nix. Sowas machen uns die
Breißen nicht nach. Schau, es sind vom Kardi. . .,
von seiner Eminenz, dem allerhochwürdigsten
Dachauer SS.-Kapellenchorprotektor Fleißkorn eigen-
händig bekehrte und mit dem Chrisam gesalbte einst
irregeführte Mitläuferschäfchen, hochgradig rehabili-
tiert und seit Geburt Konsumierer des König-Lud-
wig-Feigenkaffces (leicht braune Packung). Und die
vielen, vielen Ehrenjungfrauen in Weiß und Blau,
da sag'n die ewig Unzufriedenen, wir haben keine
Jungfrauen mehr im Land! Der BDM. war doch ein
prima Vorunterricht für den Ehren- und Zofendienst
am Hof. Ein paar reizende Löwchen trägt man hin-
ten nach, aber garantiert stubenrein, Vegetarier,
keine fleischfressenden Militaristen. Wer sind denn
diese ein bisserl vertrottelt ausschauenden Geh-
rockler mit den geschulterten Regenschirmen? Ach
so, die Herrn Max-Josef-Ordensritter mit der ruhm-
reichen Tradition. Und dann die begeistert falsch
singenden Mannder und Weiberleut' zu Dritt in einer
Reihe — Kinder, Kinder, laßt's ja den Militarismus
net so schnell blicken, die Ami könnten in der Nähe
sein! Jaso, das ist die neue Partei, das sind die
plombierten und prädestinierten Untertanen, die
kommenden Hoflieferanten und Lakaien, die Kam-
merzofen und Alkovenkatzerln für die neue Schön-
heitsgalerie', vom Herrn Hanfstängl selber für den
Hausgebrauch ausgesucht und etikettiert. Und die
braven und frommen Nönnchen und Brüder in der
romantisch-kleidsamen Kutte, nur zu braun — soll-
ten das alles Ettaler Klosterlikörtrinker sein, Marke
Eses, oder sind doch ein paar richtige drunter? Wer
wird denn so gehässig sein, wo doch alles längst
rehabilitiert und ausgesegnet ist! Weihrauch ist ja
nicht gespart worden, Original bayerischer Königs-
rauch, versteht sich. Und die Schulkinder singen so
wunderbar durcheinander, sie haben gleichzeitig zwei
Lieder angefangen, aber das tut der Begeisterung
keinen Abbruch. Gott sei Dank, also dann sind wir
endlich so weit. Königreich Bayern — klingt nicht
schlecht; man muß sich halt ein wenig dran ge-
wöhnen. A propos, mir fällt auf, daß das eigent-
liche Volk gar nicht vertreten ist. Jawohl, wo ist
denn das Volk? Ich sehe gar keinen einzigen Ar-
beiter. Ach so, die werden wahrscheinlich von der
„Schwarzen Schmach" — Sie wissen doch, unsere
beliebte berittene Polizei — als nicht standesgemäß-
nicht zugelassen gewesen sein. Vielleicht haben sie
auch zu viel geschimpft und sind nicht in der ge-
bührenden alleruntertänigsten Ehrfurcht erstorben?
Na, Strafe muß sein. Geschieht dem Volk schon
recht! Soll sich die Hörndl nur ein bisserl einstoßen.
Wenn das Bier wieder um ein Fünferl billiger und
um 5 Prozent besser wird, werden sie auch begeistert
„Hoch" schreien, spätestens am nächsten Oktober-
fest, wenn es die ersten Brathenndl und Steckerl-
fisch wieder gibt und ein Wiesenbier. Sie, das wird
eine Zeit. . .
Rrrrrrrrr, ja Kruzitürkn, jetzt hab ich verschlafen
für den englischen Unterricht! Und das Königreich
Bayern, es war ein Zichorienkaffeerauschtraum
(Marke König Ludwig IL). Hoffentlich habe ich
nicht zu laut geträumt ... ]. Menter
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Hoftrauer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 1.1946, Nr. 6, S. 72.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg