AUF DEM FELD
O. Reysser
Man sagt, daß es wahr sein soll: ein gewisser
Prometheus soll vor unvorstellbaren Zeiten das
Feuer vom Himmel geholt haben.
Was heißt geholt, — gestohlen hat er es!
Und deshalb hat ihn Gott Zeus an den Kaukasus
gebunden, — sagt man. Aber wer weist das
heute nach? Wer weist nach, ob Prometheus
wirklich Prometheus geheißen hat?
In Indien soll er sich Agni genannt haben. In
Persien soll er unter dem Namen Atar auf-
getreten sein. In Rom will man ihn unter dem
Namen Vulkan, und ihm Norden Europas unter
dem Namen Loki gekannt haben. Bei den Phöni-
ziern hat er sich unter dem Namen Phlox ein-
geführt und bei den Babyloniern als ein Herr
Gilgamesch.
Wie gesagt: „er soll" — den Genaueres weiß
man nicht und was Geschichtsprofessoren sagen,
ist immer mit Vorbehalt aufzunehmen.
Neuerdings soll dieser internationale Hochstapler
:äme auf einen versuch
wieder von sich reden gemacht haben: Unter
dem Namen Hitler soll er aufgetaucht und rasch
wieder untergetaucht sein — allerdings nicht
ganz spurlos. In fünftausend Jahren werden
Geschichtsprofessoren den Nachweis zu erbringen
versuchen, dieser Hitler sei kein anderer gewesen
als die Inkarnation dieses Prometheus.
Sie werden sagen: Dieser Hitler hat genau wie
Prometheus das Feuer vom Himmel geholt und
zwar unter Mißachtung der göttlichen Kompe-
tenzen. Und genau wie Prometheus haben ihn
dafür die böse gewordenen Götter seiner Zeit
an den Kaukasus gebunden, irgendwo am Elbrus.
Und sie werden weiterhin sagen: Prometheus
hat seinen Namen von Pramathi entlehnt, was
soviel wie Feuerquirler heißt und womit man
vor aschgrauen Zeiten Feuer ausgerechnet aus
dem Hakenkreuz quirlte.
Und sie werden beweisen — anhand von ge-
fundenen Ziegelsteinen, verbogenen Eisenbalken,
an
einer Frauenschaftsbrosche und eines guterhal-
tenen Mitgliedsausweises zum Reichsluftschutz-
bund —: Auch Hitler hat seinen Namen von
Feuerquirler abgeleitet (in fünftausend Jahren
läßt sich leicht eine Erklärung dafür finden, wieso
Schickelgruber Feuerquirler heißt — für Ge-
schichtsprofessoren, denen es darum zu tun ist,
übrigens gar, aber auch gar kein Problem —) und
auch er hat gezeigt, wie man mit einem oder
mehreren unscheinbaren Stöpseln in Verbindung
mit einem Hakenkreuz Feuer erzeugen kann.
Wie gesagt, in fünftausend Jahren werden sie
das sagen, vielleicht. Vielleicht aber glaubt das
morgen schon einer.
So einer nämlich, dem es darum zu tun ist, für
die zu erwartende Union-Absolution endlich
einen glaubhaften Entschuldigungsgrund zu
finden. Der Hinweis auf Prometheus — nicht
schlecht! Es käme auf einen Spruchkammer-
Versuch an. G. Weit
Bitte an einen Kriegskameraden.
Geh' mir aus dem Wege, alter Knabe!
Ich möchte heutzutage Freunde finden
und keine Leute, die der Zufall zu mir
schlug. Ob ich den Krieg allein verloren
habe ? Ich hob' genug
von allen.
Die Kameraden sind im letzten Krieg
gefallen.
■Geh' mir aus dem Wege, alter Knabe!
Ich suche Kameraden, die mich irgendwann
begriffen Jiaben.Intelleictuelle seien Schweine,
sagte unser Hauptmann. Mit solchen Leuten
sei kein Staat zu machen. Ich blieb alleine.
Mit diesem Wissen.
Den annen Hauptmann hat ein Spreng-
geschoß zerrissen.
Geh' mir aus dem Wege, alter Knabe!
Laß auch deinen Tabak stecken,
so wie sämtliche Erinnerungen. Behalte
deine Habe und tausche sie
mit anderen.
Mmpfehle dir sogar, aus Deutschland
auszuwandern . . .
M. Kadern.'
102
O. Reysser
Man sagt, daß es wahr sein soll: ein gewisser
Prometheus soll vor unvorstellbaren Zeiten das
Feuer vom Himmel geholt haben.
Was heißt geholt, — gestohlen hat er es!
Und deshalb hat ihn Gott Zeus an den Kaukasus
gebunden, — sagt man. Aber wer weist das
heute nach? Wer weist nach, ob Prometheus
wirklich Prometheus geheißen hat?
In Indien soll er sich Agni genannt haben. In
Persien soll er unter dem Namen Atar auf-
getreten sein. In Rom will man ihn unter dem
Namen Vulkan, und ihm Norden Europas unter
dem Namen Loki gekannt haben. Bei den Phöni-
ziern hat er sich unter dem Namen Phlox ein-
geführt und bei den Babyloniern als ein Herr
Gilgamesch.
Wie gesagt: „er soll" — den Genaueres weiß
man nicht und was Geschichtsprofessoren sagen,
ist immer mit Vorbehalt aufzunehmen.
Neuerdings soll dieser internationale Hochstapler
:äme auf einen versuch
wieder von sich reden gemacht haben: Unter
dem Namen Hitler soll er aufgetaucht und rasch
wieder untergetaucht sein — allerdings nicht
ganz spurlos. In fünftausend Jahren werden
Geschichtsprofessoren den Nachweis zu erbringen
versuchen, dieser Hitler sei kein anderer gewesen
als die Inkarnation dieses Prometheus.
Sie werden sagen: Dieser Hitler hat genau wie
Prometheus das Feuer vom Himmel geholt und
zwar unter Mißachtung der göttlichen Kompe-
tenzen. Und genau wie Prometheus haben ihn
dafür die böse gewordenen Götter seiner Zeit
an den Kaukasus gebunden, irgendwo am Elbrus.
Und sie werden weiterhin sagen: Prometheus
hat seinen Namen von Pramathi entlehnt, was
soviel wie Feuerquirler heißt und womit man
vor aschgrauen Zeiten Feuer ausgerechnet aus
dem Hakenkreuz quirlte.
Und sie werden beweisen — anhand von ge-
fundenen Ziegelsteinen, verbogenen Eisenbalken,
an
einer Frauenschaftsbrosche und eines guterhal-
tenen Mitgliedsausweises zum Reichsluftschutz-
bund —: Auch Hitler hat seinen Namen von
Feuerquirler abgeleitet (in fünftausend Jahren
läßt sich leicht eine Erklärung dafür finden, wieso
Schickelgruber Feuerquirler heißt — für Ge-
schichtsprofessoren, denen es darum zu tun ist,
übrigens gar, aber auch gar kein Problem —) und
auch er hat gezeigt, wie man mit einem oder
mehreren unscheinbaren Stöpseln in Verbindung
mit einem Hakenkreuz Feuer erzeugen kann.
Wie gesagt, in fünftausend Jahren werden sie
das sagen, vielleicht. Vielleicht aber glaubt das
morgen schon einer.
So einer nämlich, dem es darum zu tun ist, für
die zu erwartende Union-Absolution endlich
einen glaubhaften Entschuldigungsgrund zu
finden. Der Hinweis auf Prometheus — nicht
schlecht! Es käme auf einen Spruchkammer-
Versuch an. G. Weit
Bitte an einen Kriegskameraden.
Geh' mir aus dem Wege, alter Knabe!
Ich möchte heutzutage Freunde finden
und keine Leute, die der Zufall zu mir
schlug. Ob ich den Krieg allein verloren
habe ? Ich hob' genug
von allen.
Die Kameraden sind im letzten Krieg
gefallen.
■Geh' mir aus dem Wege, alter Knabe!
Ich suche Kameraden, die mich irgendwann
begriffen Jiaben.Intelleictuelle seien Schweine,
sagte unser Hauptmann. Mit solchen Leuten
sei kein Staat zu machen. Ich blieb alleine.
Mit diesem Wissen.
Den annen Hauptmann hat ein Spreng-
geschoß zerrissen.
Geh' mir aus dem Wege, alter Knabe!
Laß auch deinen Tabak stecken,
so wie sämtliche Erinnerungen. Behalte
deine Habe und tausche sie
mit anderen.
Mmpfehle dir sogar, aus Deutschland
auszuwandern . . .
M. Kadern.'
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Auf dem Feld"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Signatur: O. Reysser
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 1.1946, Nr. 9, S. 102.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg