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Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik: Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik — 1.1946

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https://doi.org/10.11588/diglit.7376#0108
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K. H. Bücher

„Alle durch die Nürnberger Gesetze Geschädigten erhalten i kg Erbsen. Papier ist mitzubringen."

(Laut Meldung von Radio München am 5. Juli 1946.)

SENSATIONELLE Q E S ETZ E SVE RE I N FACH W N Q

Ein günstiger Wind hat uns heute das nachstehend ab-
gedruckte Original-Schreiben auf den Tisch des Hauses
geweht. Da dieser Erlaß bei allen ehemaligen Parteige-
nossen sicherlich ein großes Gefühl der Freude, der Er-
leichterung und der begeisterten Zustimmung auslösen
wird, halten wir mit der Veröffentlichung dieses einzig-
artigen Dokuments nicht zurück.

Spruchkammer 3Vr. i3 Abteilung SVr. 7 zur Durchführung
des Qesetzes zur Reinigung von ^Nationalsozialismus und
Militarismus Der Vorsitzende

Streng vertraulich! Stuttgart, den 31. 8. 1946.

Sehr geehrter Herr Ortsgruppenleiter!
5Vur für ehemalige Parteigenossen bestimmt!
Infolge des Versagens des Ministers Schmitt in München
wird der Länderrat der US-Zone auf Qrund der Befür-
wortung aller beamteten Pgs. eine durchgreifende Ver-
einfachung des Reinigungsgesetzes durchführen, -die auch
wesentlich zur Beruhigung der Wirtschaft beitragen
dürfte.

An Stelle der unerhörten Qeldstrafen ■. für Mitläufer z. B.
50.— Rm. [durch die Spruchkammer in Deggendorf/
Bayern) und für Iräger des Qoldenen Partei-Abzeichens
mit RM. 2000.—, sollen gemäß dem demokratischen
Qrundsatz 'Qleiches Recht für alle'." allen Parteigenos-
sen dieselben Rechic eingeräumt erhalten wie sie im Drit-
ten Reich unter seinem gottbegnadeten 7-ührer den fuden
eingeräumt worden sind.

Mit ''heil "Hitler!"

Ihr sehr ergebener
gez. Hans 7 r au mir
zugleich Vorsitzender des
»Bund demokratischer Radfahrer«

Wir haben unseren juristischen Mitarbeiter Michl Un-
recht um Erläuterungen über diese nunmehr alle Partei-
genossen interessierende Rechtsstellung der Juden im
Dritten Reich gebeten. Er konnte unserem Ersuchen erst
nach Rücksprache mit einem aus Versehen übriggebliebe-
nen deutschen Juden nachkommen.

A) Der Begriff »Parteimitglied« umfaßt, ebenso wie bei
den Juden, Angehörige jeden Alters und Geschlechtes,
gleichgültig, wann sie Parteimitglieder (Juden) geworden
sind und welcher Kirche sie angehören.

B) Die rechtliche Gleichstellung der Pgs. mit der der
Juden im Dritten Reich verleiht den .Parteigenossen fol-
gende neue Rechte: •

1. Selbstgestellten Anträgen von Pgs. auf Schutzhaft ist,
ebenso wie früher denen von Juden, sofort mit allen
Mitteln nachzukommen.

2. Darüber hinaus kann Schutzhaft auch sonstigen Na-
tionalisten, ebenso wie früher den Angehörigen der
Linksparteien, auch ohne eigenen Antrag, ohne jede

Begründung und ohne Einspruchs- und Verteidigungs-
möglichkeit jederzeit ohne Zeitbeschränkung gewährt
werden.

Anmerkung zu 1 und 2: 250 Prozent der Selbstkosten
sind durch den die Schutzhaft Genießenden in Form von
leicht transportablen Gegenständen, wie Pretiosen usw.,
zu vergüten. Ein evtl. herausgewirtschafteter Überschuß
kommt den Wachmannschaften zugute.

3. Wie früher die Juden sind alle Pgs. von der Bürde der
Verwaltung eigener und fremder lukrativer Unterneh-
mungen (Häuser, Fabriken usw.) zu befreien, da sie
ohnehin infolge der ihnen regelmäßig zu gewähren-
den Schutzhaft nicht die nötige Zeit besitzen, sich
ihren Geschäften wie bisher zu widmen. Wie früher
bei den Juden muß bei den Pgc. zu der Befreiung der
Typ »Homo sapiens teutonicus« bevorzugt herange-
zogen werden.

4. Da, wie früher die Juden, nunmehr die Pgs. auf
Grund der eben geschilderten neuen Rechte Gefahr
laufen, weder ihre Wohnungen bewohnen und bezah-
len, noch ihren Angehörigen den nötigen Unterhalt
gewähren zu können, sind sie, wie früher die Juden,
nunmehr in der Lage:

a) ihre Wohnungen einschließlich der Möbel der All-
gemeinheit zur Verfügung zu stellen,

b) auf die gewöhnlichen Sterblichen zustehende Steuer-
ermäßigung für ihre Kinder zu verzichten, und

c) mit gekürzten Lebensmittelrationen auszukommen.

5. Wie ehemals die Juden sind nunmehr die Pgs., sowie
deren Angehörige jeden Alters bei der Vergebung von
kostenlosem Urlaub in polnischen Kurorten bevorzugt
zu behandeln. Auf Grund der eingehenden Belehrung
über die Vorzüge der Demokratie — so wie früher
die Juden über die Vorzüge des Tausendjährigen Rei-
ches unterrichtet wurden —• werden sich wohl nur
wenige diesem Urlaub entziehen wollen; andern Fal-
les wären diese noch einmal besonders eingehend zu
belehren.

6. Da bis zur Durchführung der oben geschilderten Ver-
besserung der Lebensbedingungen für Pgs. — wie frü-
her bei den Juden — einige Wochen ins Land gehen
werden, sollen ihnen während dieser Zeit noch fol-

• gende Vergünstigungen eingeräumt werden:

a) Tragen einer Stirnbinde mit dem Aufdruck: »To-
tengräber Deutschlands!« in der Öffentlichkeit —
ähnlich wie die Juden den Judasstern tragen durf-
ten.

b) Restaurants, Parks, öffentliche Bäder, Theater und
Kinos tragen nunmehr das Schild: »Pgs. ist der Zu-
trittverboten«— gegebenenfalls auch Frisöre, Le-
bensmittelgeschäfte usw.

c) Pgs. erhalten, so wie früher die Juden, die ihren
schmalen Einkommensverhältnissen angepaßten Le-
bensmittelrationen, ohne unliebsames Aufsehen zu
erregen, nur in gewissen Geschäften und zu gewis-
sen Stunden!

C) Erleichterungen für besonders gelagerte Fälle:

1. Pgs., die nachweisbar politisch nicht hervorgetreten
sind, sind in der Behandlung den Juden gleichzustel-
len, die nicht Parteifunktionäre und auch nicht Mit-
glied einer antifaschistischen Partei waren.

2. Pgs., die nachweisbar keine Antisemiten waren, sind
die gleichen Vergünstigungen einzuräumen wie jüdi-
schen Frontkämpfern.

Das heißt also: sämtliche Pgs. haben, wie früher die
Juden, das Recht auf Deportation und kostenlose »Euta-
nasie«. Beschwerden von Ubeilebenden sind an den
Staatskommissar für die Betreuung der Pgs. in Bayern,
München, Vernebelungsstraße Nr. 13, zu richten.

Piet van Hoen.

Aus dem „Märchenbuch des 1000-jährigen Reiches"

„Und es ist keine Phrase, sondern blutiger Ernst, wenn
wir versichern, daß auf jede Bombe zehn, oder wenn es
notwendig ist, hundert zurückgeworfen werden."

(Hitler 1.1.1941)

„In diesem Krieg siegt nicht das Glück, sondern das Recht,
und das Recht ist auf unsrer Seite." (Hitler 1. 1.1941)

„Nun muß dieser Krieg geführt werden bis zur letzten
Konsequenz, das heißt, solange bis die dafür verant-
wortlichen Verbrecher beseitigt sind." (Hitler 1.1.1941)

„Wer glaubt: England helfen zu können, muß eines auf
alle Fälle wissen — jedes Schiff, ob mit oder ohne Be-
gleitung, wird torpediert!" (Hitler 30. 1. 1940)

„Herr Churchill soll mir dieses Mal ausnahmsweise als
Prophet glauben, wenn ich ihm sage: es wird ein großes
Reich zerstört werden, und dies wird nicht Deutschland,
sondern England sein." (Hitler 19.7. 1940)

DIE WEISSE WESTE

H. Beyer

Wie sich der kleine Max die Anwendung des Säuberungsgesetzes vorstellt

108
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wiedergutmachung" "Die weisse Weste"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschriften: 1) "Alle durch die Nürnberger Gesetze Geschädigten erhalten 1 kg Erbsen. Papier ist mitzubringen." 2) "Wie sich der kleine Max die Anwendung des Säuberungsgesetzes vorstellt"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Beyer, Helmut
Böcher, K. H.
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Der Simpl, 1.1946, Nr. 9, S. 108.

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