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Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik — 1.1946

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https://doi.org/10.11588/diglit.7376#0150
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„Die Menschen teilen sich in Generationen ein. Eine
Generation löse die andere ab." Man denkt dabei un-
willkürlich an eine Wachablösung. Und auch daran, was
es zu bewachen gibt. Vielleicht den politischen Schlaf, in
djm wir uns befinden.

*

Paradox, den eigenen Schlaf zu bewachen. Doch be-
haupten Weise, wenn die Deutschen ausgeschlafen hätten,
käme der Welt Ende. Was soviel heißen soll: würden die
Völker wieder ins Paradies zurückgeführt. Jetzt ist zu ver-
stehen, warum so oft der Ruf, erschallte: Deutschland
erwache!

*

Das ist allerdings eine Vermutung. Aber es gibt doch zu
denken, daß jene Generation damals gewacht und trotzdem
geschlafen hat. Dieser tausendjährige Schlaf war kein
Dornröschenschlaf. Die Ritter haben nach mühseliger
Uebcrwindung der Hecken zwar gehandelt, aber nicht
geküßt.

*

Insofern müßte jene Generation des Nachtwächters heute
mit abgeblendeter Laterne marschieren. Doch sie läßt ihr
Licht leuchten und hat schon wieder Wache bezogen: beim
Länderrat, in den Ministerien, im öffentlichen Leben, bei
den Parteien.

*

Einige sind erwacht. Selbstverständlich diejenigen, die Jen Es sind dieselben Posten, denen man schon einmal die

leichtesten Schlaf hatten. Die anderen haben schlafend Lampe ausgeblasen hat. Heute allerdings stellen sie dieses

a!les miterlebt. Es ist eigenartig: Alle Aufgewachten ge- Wachvergehen als Verdienst hin. Und si;; scheuen sich

hören derselben Generation an. Entweder haben sie in «»nicht zu sagen, sie hätten den betrügerischen Nachtwächter
einem Schlafsaal gelegen, oder sie sind Wache gestanden.

sofort erkannt. Gilt — aber warum haben sie ihm dann
die Lampe nicht abgenommen?

Er hat in den Hinterhöfen Gesindel aufmarschieren lassen,
derweilen sie sich verschlafen zugeblinzelt haben. Dazu
bekennen sie sich, aber zu der Schuld, die daraus re-
sultiert, nicht. Auch nicht zu der Erkenntnis: daß die
Jahre des tiefsten Schlafes sie nicht wachgerüttelt haben
können. Wieso auch?

Wachablösung? Es ist keiner da, der „Erwache!" ruft.
Nachtwächter gibt es zwar genug bei den Parteien, doch e3
fehlt ihnen das Licht. Und von Nachtwächtern mit Irr-
lichtern haben wir genug. Nein, dann schlafen wir lieber.
Bis an der Welt Ende. Der Welt Ende wird der Tag der
Deutschen sein, Welch ein Trost! Fred Wiesen

Sicherlich sind sie Wache gestanden. Denn auf Wache
schläft man gewöhnlich am schlechtesten. Auf Wache sollte
man überhaupt nicht schlafen. Aber wenn die Nacht
lommt, fallen eben die Augen zu. Und Nacht war es.
Sonst hätten jene Männer doch nicht die Lampe eines
Nachtwächters für die Sonne gehalten.

Es ist richtig, die Petroleumlampe ist in der Dunkelheit
besser als gar kein Licht. Aber war es denn so dunkel?
Nein, sagen heute die Angehörigen der Wachgeneration.
Warum ließ man dann den Nachtwächter alles durch-
leuchten? Weil es die Schlafenden wollten? Vielleicht
hätten diese anders gehandelt, wenn sie gewacht und die
anderen geschlafen hätten.

VERFASST FÜR DIE BEWUSSTEN . ..

Wir haben gedarbt — sie haben gepraßt.
Wir nahmen es ernst — sie haben gespaßt
Und immer nur Bierbankreden „verfaßt" ...
Was kümmerte sie die VERFASSUNG?

Wir haben geliebt — sie haben gehaßt.
Wir spielten mit Trumpf — sie haben gepaßt
und ängstlich nach ihrer Börse gefaßt...
Was kümmerte sie die VERFASSUNG?

Wir schwiegen nur still — sie haben gerast.
Wir haben vergessen — sie haben vergast
und sich mit höh'ren Befehlen befaßt...
Was kümmerte sie die VERFASSUNG?

Nun schaffen wir uns die eigene Welt
und fragen nicht, ob sie ihnen gefällt
und ob sie alles Versprochene hält...
Was kümmert sie unsre VERFASSUNG?

Sie tragen die Schuld — wir tragen die Last.
Sie haben wohl Zeit — wir wirken in Hast
und gönnen uns weder Ruhe noch Rast
und kümmern uns um die VERFASSUNG!

Und hindert uns wer — dann wird er geschaßt.
Und stört er uns sehr — dann hängt er am Astl
Verlier'n s i e die Fassung, w i r bleiben gefaßt;
was schiert uns dann ihre „Verfassung" ...

Heinz Hartwig

150
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Akrobat schö-ö-ön!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Willmann, Ernst
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Der Simpl, 1.1946, Nr. 13, S. 150.
 
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