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Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik: Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik — 1.1946

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https://doi.org/10.11588/diglit.7376#0178
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DAS WÄHRUNGSPROBLEM - DE PROFUNDIS

Jloobsle, Orje, dct ick mir vor manche Probleme
als unjebildcter Mann direkt schäme?
Ick komm mir janz doof vor. Da börste jetzt jeden
von Jeldüberhang und Abschöpfung reden.

Ick frage mir imma: Sind det alles nu Schieba?
Bei mir zuhause, da hängt keen Jcld Uba.
Da macht Dir de Olle jewöhnlich bloß Angst,
dette mal wieda bis Freitag nich langst.

Ick kann mir schon meene Zijarren nich koolen.
Zur Arbeet, da muB ick jetzt zwee Stunden loofen.
Mit sechsunddreißig Mark alle acht Tage
biste heut een Bestandteil der sozialen Frage.

Jedenfalls brauchten sc für uns soone Sachen

wie die Jeldabwertung jarnich zu machen.

Denn wal wa vadienen, die paar lumpijen Kröten,

die jeh'n auch ohne besondere Kunststücke flöten. Lorbaß

DIE VERPACKUNG

Der goldgeschmückte Rock hatte sich seit seinem Be-
stehen herzlich wenig gedacht; er wiegte sich in einem
süßen Zauberschlaf, wenn die vielen Kreuzchen und Me-
daillen auf ihm melodisch leis erklirrten. Er vertrug
sich auch sehr herzlich mit der Hose, die auf ihre roten,
breiten Streifen besonders stolz war.
Die Mütze und die Stiefel kamen sehr selten zu einer
Aussprache, da sie ja in einem anderen Schranke behaust
waren. Der Degen wurde bisweilen sogar angefeindet,
da er auf der blanken Stahlfläche die Aufschrift „In
Treue fest!" trug und bisher das Kunststück fertig ge-
bracht hatte, nicht nur zwei Herren, sondern sogar
dreien zu dienen.

Diese Fünflinge hätten nun wahrscheinlich nie aus
der Reihe getanzt, wenn nicht ein besonderes Ereignis
eingetreten wäre.

Ein zum Teil behaarter Körper schlüpfte in sie hin-
ein und tat einen Gang mit ihnen in einen Rüstungs-
betrieb. Hier stieg Besagter nach der Besichtigung auf
ein erhöhtes Brettergestell im Gefolgschaftshaus und
hielt eine Ansprache über den Willen zum Sieg.
Da sich der Inhalt der Fünflinge, der warme, schwit-
zende Körper bisweilen vorneigte, so hatte der Hosen-
boden herrlich Gelegenheit, die Wand hinter dem Re-
denden zu studieren. Da hing ein mächtiger Sammet-
streifen mit den riesigen Buchstaben, goldgestickt und
verkündeten: „Du bist nichts, dein Volk ist alles!"
Dem Hosenboden ging das auf die Nieren. Er fühlte
sich betroffen und geschmäht. E r sollte nichts sein?
E r mit den breiten roten Streifen zur Seite. Er re-
bellierte. Und als er des Nachts mit Gevatter Rock im
Schranke hing, legte er los: „Ich bin allerdings nur
eine Generalshose und du, lieber Rock, die Verpackung
für den Oberkörper dieses Nichts. Ich will keinem Men-
schen zu nahe treten, aber Wahrheit muß Wahrheit sein
und bleiben. Es m u ß heißen: „Der General ist nichts,
die Uniform ist alles! Habe ich recht oder nicht?"
Der Rock röchelte ein wenig bei der Antwort; ein
Zacken des Eichenlaubes war ihm in die Kehle des
ersten Knopfloches geraten. „Recht hast du, Gevatter
Hose", sagte er. „Lassen wir es auf die Probe ankom-
men. Mit der Mütze, den Stiefeln und dem Degen werde
ich ein Wörtchen reden. Die Handschuhe können wir
einfach ignorieren."

Die Verschwörung kam wirklich zur Ausführung.
Als der Bursche die Mütze abbürstete, was in ihr im-
mer eine Art von perversem geschlechtlichem Reiz aus-
löste, flüsterte sie ihm zärtlich zu: „Setz mich einmal
auf und besieh dich im Spiegel."

Und da der Bursche tat, wie ihm geheißen ward, zirpte
das Goldband: „Nun trink ein Likörchen, wie es
Seine Exzellenz zu tun pflegen, wenn im Hauptquar-
tier die Meldungen eintreffen, daß vorne zwei Meter
Bodens gewonnen worden sind."

Der Bursche tat so. Er trank zwar nicht so viel wie
sein Gebieter, denn er konnte nicht so viel vertragen,
v aber er geriet dennoch in den nötigen Siegesrausch.

Was Wunders, daß er etwas schwankend, aber immer-
hin sehr bald die ganze Verpackung am Leibe trug und
sich sogar ins Freie hinauswagte.
Gott sei Dank: es war verdunkelt.
Trotzdem kamen ein paar Soldaten des Weges und
siehe, sie taten, wie ihnen gelehrt: der Rock grinste vor
Selbstbewußtsein, so daß es den Hosenboden direkt
ärgerte, da er sich nicht vordrängen konnte.
Und nun nahte sich ein schäbiger Zivilist.
Scheu widi er zur Seite, als er die wandelnde Embal-
lage erkannte. Dann aber machte er halt und sagte
demütig: „O, wie bin ich glücklich! Exzellenz hier? Sie
wissen: mein Sohn . . .!"

Der Bursche wußte nicht zu antworten. Auch dem
Rock fiel nichts ein. Da wisperte die Mütze dem Bur-
schen ins Ohr:

„Wir erwarten übermorgen die neuen Waffen! Gute
Nacht!"

Der Zivilist gab die Bahn frei und trug noch zehn
Schritte weiter den abgezogenen Hut in der Hand, warf
einen Blick ins Dunkel zurück und seufzte beglückt: „Er
hat große Pläne im Kopf, dieser große Mann."
Der große Mann aber stolperte. Und die Likörchen
gestatteten ihm nicht, sich zu erheben. Eine Patrouille
nahm sich seiner an. Sie geleitete ihn statt in den Arrest
behutsam in die Wohnung. Damit betrog sie den Schrei-
ber dieses um den erwarteten Effekt.
Wirklichen Nutzen aus der Geschichte zog nur der
Rock. Der Hosenboden war ja Analphabet. Der Rock
jedoch mit seinen Ärmeln wandte sich nun doch an die
Handschuhe im Schrank und verzeichnete mit ihrer
Hilfe in seinem Tagebuch: „Ich habe die Fabel vom
Hauptmann von Köpenick bis heute für erdichtet er-
achtet. Nun bin ich bekehrt. Es bleibt der Mensch —

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Das Währungsproblem - De Profundis"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stephan, Günther
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 1.1946, Nr. 15, 178.

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