der Deutsche! gröhlte der Hosenboden herauf — wie
er seit jeher war! Die Uniform ist alles! Betet sie doch
an! Nicht auf den Inhalt, der darin steckt, kommt es
an. Die Emballage schafft den Wert. Das ist doch klar."
„Obergescheiter!" verhöhnte der Hosenboden den Rock.
„Du wirst schon noch sehen!"
Und wahrhaftig. Das Gold und die Knöpfe schwan-
den. Das leuchtende Rot ging dahin. Für drei Pfund
Fett blieben Rock und Hose auf dem Lande und wan-
dern hinterm Pflug.
Vanitas, vanitarum! ' H. K. Meixner
EIN SCHWIERIGER FALL
„Na, Alter, wie geht's, immer gesund und munter?"
grüßte ich auf der Straße meinen Freund, den ich seit
Jahren nicht mehr gesehen.
Er schaute mich aus rotgeränderten Augen an, schüttelte
geistesabwesend den Kopf und streckte mir die Hand
entgegen, die sich klebrig anfühlte. „Klst 96—48, Klk
96—39, E 300, SV 3a und 4a", erwiderte er mir, sich
die Augen mit dem Taschentuch tupfend.
„Aber Alter", sagte ich, „was ist denn los mit dir — bist
du unter Mathematiker oder Schachspieler oder weiß
der Deubel sonst was gegangen? Wie geht's, fragte ich!"
„Oh", sagte er, „ach so! Na, so SV6 96—39 = 250 oder
SV5 96—39 beziehungsweise Jgd. 7. $1 und 300 mit
Rücklauf." Dabei fiel ihm eine Schere durch seine linke
Hosenröhre zu Boden.
Ich fühlte ihm mit dem angefeuchteten Zeigefinger vor-
sichtig die Stirne. Es zischte leicht. Er lächelte matt.
„Fieber", sagte ich, „Fieber! Höchste Zeit! Komm mit
zu meinem alten Hausarzt, der hat noch Kognak!"
Er ließ sich willenlos führen und murmelte düster:
„Vorbestellt und letztverteilt, keiner ward noch je
geheilt... 1:1 für R 500 . . ."
Mir wurde angst und bange. Der Arzt war glücklicher-
weise zu Hause. Ich nahm ihn flüsternd beiseite. Er
schüttelte ernst sein Haupt.
„Guter Freund", wandte sich der Medizinmann an den
Patienten und zwang ihn sanft in einen Stuhl, „erzäh-
len Sie uns, wie das alles so kam!"
„Teils teilselbst, teils letztbevorschußt", erklärte mein
Freund, „aber nachts nurSV3 14—18, SV 3a 96—28 .. .
oh Gott!". . . und hier brach er in Tränen aus — „ohne
Rücklauf, ohne Rücklauf!"
Der Arzt hatte inzwischen die rechte Hand des Kranken
genommen, betrachtete aufmerksam die .Finger, und sah
ihm dann scharf in die Pupillen.
„Aha", sagte er, „ganz klar: Klebestoffspuren unter den
Nägeln, Augenentzündung durch stundenlange Klein-
arbeit bei Nacht. Typischer Fall von Abschnitteritis mit
unwiderstehlichem Hang zur Klebonie. Diagnose:
Kaufmann mit Rückenmark — Verzeihung — Marken-
rücklauf Störungen."
„Entsetzlich!" stöhnte ich. „Und?. .."
Der Arzt ließ den Kopf sinken. „Vorerst unheilbar",
raunte er mir zu, während mein Freund irren Blickes
mit seiner Schere einen Rezeptblock in Markengröße zu
zerschnippeln begann, „wird sich aber mit besser wer-
dender Versorgungslage allmählich wieder geben. Kann
natürlich noch jahrelang dauern. Sind Sie verheiratet?"
wandte er sich an den Unglücklichen.
„1 E, Normalverbraucher, 1 K, 2 KlK, 1 Klst", ant-
wortete der.
„Ja, ja", nickte der Arzt und entfernte vorsichtig einen
Marmeladevorbestellungsabschnitt, der an der Weste
des Patienten klebte, „ja, ja___"
Und dann schob er uns schonungsvoll-freundlich zur
Türe hinaus. /. Dünzl
SEIN KAMPF
Nyary
„Und wie spricht unser gutes Stierle?" — „Mmuh, mmuh!" —
„Damen und Herren! Das ist spanisch und heißt: Der Himmel erhalte uns den Caudillo!"
"179
er seit jeher war! Die Uniform ist alles! Betet sie doch
an! Nicht auf den Inhalt, der darin steckt, kommt es
an. Die Emballage schafft den Wert. Das ist doch klar."
„Obergescheiter!" verhöhnte der Hosenboden den Rock.
„Du wirst schon noch sehen!"
Und wahrhaftig. Das Gold und die Knöpfe schwan-
den. Das leuchtende Rot ging dahin. Für drei Pfund
Fett blieben Rock und Hose auf dem Lande und wan-
dern hinterm Pflug.
Vanitas, vanitarum! ' H. K. Meixner
EIN SCHWIERIGER FALL
„Na, Alter, wie geht's, immer gesund und munter?"
grüßte ich auf der Straße meinen Freund, den ich seit
Jahren nicht mehr gesehen.
Er schaute mich aus rotgeränderten Augen an, schüttelte
geistesabwesend den Kopf und streckte mir die Hand
entgegen, die sich klebrig anfühlte. „Klst 96—48, Klk
96—39, E 300, SV 3a und 4a", erwiderte er mir, sich
die Augen mit dem Taschentuch tupfend.
„Aber Alter", sagte ich, „was ist denn los mit dir — bist
du unter Mathematiker oder Schachspieler oder weiß
der Deubel sonst was gegangen? Wie geht's, fragte ich!"
„Oh", sagte er, „ach so! Na, so SV6 96—39 = 250 oder
SV5 96—39 beziehungsweise Jgd. 7. $1 und 300 mit
Rücklauf." Dabei fiel ihm eine Schere durch seine linke
Hosenröhre zu Boden.
Ich fühlte ihm mit dem angefeuchteten Zeigefinger vor-
sichtig die Stirne. Es zischte leicht. Er lächelte matt.
„Fieber", sagte ich, „Fieber! Höchste Zeit! Komm mit
zu meinem alten Hausarzt, der hat noch Kognak!"
Er ließ sich willenlos führen und murmelte düster:
„Vorbestellt und letztverteilt, keiner ward noch je
geheilt... 1:1 für R 500 . . ."
Mir wurde angst und bange. Der Arzt war glücklicher-
weise zu Hause. Ich nahm ihn flüsternd beiseite. Er
schüttelte ernst sein Haupt.
„Guter Freund", wandte sich der Medizinmann an den
Patienten und zwang ihn sanft in einen Stuhl, „erzäh-
len Sie uns, wie das alles so kam!"
„Teils teilselbst, teils letztbevorschußt", erklärte mein
Freund, „aber nachts nurSV3 14—18, SV 3a 96—28 .. .
oh Gott!". . . und hier brach er in Tränen aus — „ohne
Rücklauf, ohne Rücklauf!"
Der Arzt hatte inzwischen die rechte Hand des Kranken
genommen, betrachtete aufmerksam die .Finger, und sah
ihm dann scharf in die Pupillen.
„Aha", sagte er, „ganz klar: Klebestoffspuren unter den
Nägeln, Augenentzündung durch stundenlange Klein-
arbeit bei Nacht. Typischer Fall von Abschnitteritis mit
unwiderstehlichem Hang zur Klebonie. Diagnose:
Kaufmann mit Rückenmark — Verzeihung — Marken-
rücklauf Störungen."
„Entsetzlich!" stöhnte ich. „Und?. .."
Der Arzt ließ den Kopf sinken. „Vorerst unheilbar",
raunte er mir zu, während mein Freund irren Blickes
mit seiner Schere einen Rezeptblock in Markengröße zu
zerschnippeln begann, „wird sich aber mit besser wer-
dender Versorgungslage allmählich wieder geben. Kann
natürlich noch jahrelang dauern. Sind Sie verheiratet?"
wandte er sich an den Unglücklichen.
„1 E, Normalverbraucher, 1 K, 2 KlK, 1 Klst", ant-
wortete der.
„Ja, ja", nickte der Arzt und entfernte vorsichtig einen
Marmeladevorbestellungsabschnitt, der an der Weste
des Patienten klebte, „ja, ja___"
Und dann schob er uns schonungsvoll-freundlich zur
Türe hinaus. /. Dünzl
SEIN KAMPF
Nyary
„Und wie spricht unser gutes Stierle?" — „Mmuh, mmuh!" —
„Damen und Herren! Das ist spanisch und heißt: Der Himmel erhalte uns den Caudillo!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Sein Kampf"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 1.1946, Nr. 15, S. 179.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg