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Karl Barth erklärte,
Martin Luther sei für
das Preußentum, die
Staatsvergötterung und
den Nationalsozialismus
verantwortlich. — End-
lich haben wir den
wahren Schuldigen. Der
posthumen Einstufung -
Hitlers als harmlosen
Mitläufer steht somit
wirklich nichts mehr
im Wege.

„Wenn Ludwig Thoma heute lebte", sagte Dr.
Dr. Alois Hundhammer in einer Kundgebung im
Münchner Mathäserkeller, „stände er an meiner
Seite". — Als Ludwig Thoma noch lebte, war
er ein glühender Bewunderer Bismarcks, der-
bleckte mit Vorliebe die Vertreter der katholi-
schen Kirche und schrieb zusammen mit Diet-
rich Eckart, dem „Dichter" des „Deutschland
erwache!", im Miesbacher Anzeiger pränazisti-
sche Artikel.

Der Direktor des Zweizonen-Ernährungsamtes,
Dr. Schlange-Schöningen, soll bei einem Auf-
enthalt in München „autoritär" den Wunsch ge-
äußert haben, daß zur Auffleischung seiner Mit-
tagstafel für ihn ein Hirsch geschossen werde.
— Auf diese Weise werden Zweizonen-Anord-
nungen zur Kürzung der Fleisch- und Fett-
rationen der normalen Verbraucher natürlich
besonders populär.

Betriebsrat und Betriebs-
werkschaftsleitung einer
sächsischenGrube schlös-
sen einen Bergarbeiter
aus der Arbeitsgemein-
schaft aus und über-
gaben ihn der deutschen
Polizei, weil er die säch-
sische Landesregierung
verächtlich gemacht ha-
ben soll. — Also ge-
schehen 1947. Welch
gewaltiger Umschwung
seit 1944!

Nürnberger Nachrichten.
— Im Landkreis Traun-
stein wurde einer Bäuerin ein Bulldoggkugel-
lager eingebaut. Der Monteur drohte, das Ku-
gellager wieder auszubauen, wenn ihm nicht die
geforderten Lebensmittel gegeben würden. —
Derartig komplizierte Operationen sollte man
eben doch einem Chirurgen überlassen.

Die Stadt Jena hat für wichtige Arbeitsvorhaben
wie den Erzbergbau von Aue und den Rügen-
damm im Rahmen der „Arbeitseinweisungs-
bescheide" Kräfte zur Verfügung stellen müs-
sen. — Zusammengesetzte Wörter haben manch-
mal leicht etwas Gezwungenes.

SIMPELEIEN

Der Anstaltsverwalter des Gefängnisses in
Rastatt hat sich das Leben genommen, weil er
eine tiefe Neigung zu einer Gefangenen gefaßt
hat, die wegen ihrer Teilnahme an Judenpo-
gromen im Jahre 1938 inhaftiert ist. — Zweifel-
los ein übereilter Schritt, denn nach dem Abzug
der Besatzungstruppen hätte dem Anstaltsver-
walter eine Bescheinigung über gute Behand-
lung einer demokratisch Verfolgten unschätz-
bare Dienste erwiesen.

Nach Dena/Reuter wurde von New York* aus
eine vergoldete und versilberte automatische
Waschmaschine an Papst Pius XII. nach Rom
geschickt. Es soll sich um ein Geschenk der
Hersteller handeln. — Eine selbst oberflächliche
Lektüre des Neuen Testaments hätte die Her-
steller eventuell auch veranlassen können, die
für die Waschmaschine aufgewendete Summe
zur Linderung der Not in der Welt auszugeben.
Der Heilige Vater hätte sicher nichts dagegen
gehabt

In einer Bürgermeisterversammlung in Lörrach
(Baden) wurde beim Erscheinen der Vertreter
der Militärregierung „Achtung!" gerufen; fast
alle Teilnehmer erhoben sich in militärischer
Haltung. — Es ist dringend zu wünschen, daß
diejenigen, die sich nicht in militärischer Hal-
tung erhoben, „nachexerzieren, bis es klappt!"

Um die Möglichkeit einer Einsparung von Büro-
räumen bei den städtischen Behörden zu prü-
fen, wird eine eigene Raumsparkommission
eingerichtet. — Des guten Anfangs wegen sollte
man der Kommission für ihre schwere Aufgabe
zunächst eine Flucht von 20 Räumen bewilligen.

Eine Wildsau, die ein fränkisches Städtchen
überfallen hatte und von einem Dutzend Bur-
schen mit Spaten, Hacken, Beilen und Knüppeln
erlegt worden war, wurde vom zuständigen
Wirtschaftsamt an eine Wildbrethandlung und
an Gastwirtschaften verteilt; die „Jäger" gingen
leer aus. — Der nächsten Wildsau, die eine
Stadt überfällt, sollte man wirklich ein Schild
umhängen mit der Aufschrift: „Darf nur vom
Wirtschaftsamt erlegt und erledigt werden".

PROBLEME DER ZEIT

i VEREIN FÜR KUNST UNDWIS-SEfrS-CBAFT

Donnerstag, den 2. Oktober 1947,20 Uhr; Mittelschule (Lohstraße)

Archivrat WOLFGANG WANN

o um den Hamelner Rattenfänger

Bahnbrechende neue Forschungen auf dem Gebiet der Erforschung der Rattenfänger-Sage
Karton im Vorverkaufsburo,&äckorstraße3 — für Minderbemittelte und Schuter nur an der Abendkasse

Den Interessenten am SIMPL-Prozeß sei mit-
geteilt: Der Chefredakteur der „Fränkischen
Landeszeitung", der behauptet hatte, Dr. Högner
habe durch die Nachzahlung eines Ruhegehaltes
von RM 60 000 in einer Zeit, wo Millionen an-
» derer Deutscher vor dem Nichts ständen, „grobe
Charakterschwäche" bewiesen, wurde in einem
von dem Ruhegehaltsempfänger angestrengten
Beleidigungsprozeß freigesprochen.

§ 1 einer Landesverfügung des Staatssekretariats
des badischen Innenministeriums lautet: „In
Gemeinden mit weniger als 20 000 Einwohnern
wird die Ausübung der Unzucht zum Erwerb
verboten. — Orte unter 20 000 Einwohnern sind
somit von den Vorzügen des Bezugs von Haus-
brandkohle (Briketts), Fischkonserven (Sardinen)
und Unzucht (zum Erwerb) ausgeschlossen.

Bei den Diskussionen um das neue Rundfunk-
gesetz ist sehr viel von „passiven Hörern" die
Rede. — Diese Formulierung wird Ihnen sofort
verständlich, wenn Sie wissen, daß „passiv"
auch mit „leidend" übersetzt werden kann.

WO DAS AUGE DES GESETZES WACHT...

„Ach," sagte der Mann aus Berlin, „bei uns ist
die Polizei viel, viel strenger als hier unten bei
euch. Richtige Röntgenaugen haben die Bur-
schen, die schauen einem durch den Rucksack
und die Hosentasche durch und nehmen einem
pfündchenweise ab, was man sich sozusagen
grammweis zusammengetauscht und gebettelt
hat, gelbe Rüben und Runkeln und Kartoffeln.
Aber strenge Herren haben auch manchmal ihr
Gutes, ja, man kann sagen, je strenger, desto
besser ..."

„Wieso?" fragte ein Zuhörer. „Wenn man ihnen
in die Finger gerät..."

„Man gerät ja nicht alleine", sagte der Mann
aus Berlin. „Sehen Sie, mich haben sie erwischt,
wie ich mit meinem Fahrrad ein Säckchen Kar-
toffeln durch einen Graben schob, um nicht auf
der Landstraße gesehen zu werden. Es half
nichts: es war im östlichen Sektor und die
Polizei dort ist streng und hat strenge Befehle,
ich mußte mit zur Wache.

Was meinen Sie, wie mir ums Herz war: mein
letztes Tischtuch gegen Kartoffeln vertauscht,
die Kartoffeln abgenommen, ein Strafbefehl in
Aussicht, ich hundemüd und zerschlagen und
geradezu lebensüberdrüssig. Ich hockte mich
samt meinem Rad in der Nähe der Wache auf
einen- Randstein, in einer Stimmung zwischen
Fluchen und Aufhängen. Da sah ich auf einmal
einen der Polizisten mit meinem Kartoffelsack und
einem Fahrrad aus der Wache kommen. Grade
will er meinen Sack auf seinen Gepäckträger
schnallen, da wird er von drinnen nochmal an-
gerufen, läßt Rad und Sack heraußen stehen
und geht nochmal rein in die Wachstube.
Sehen Sie. in diesem Augenblick erwachte mein
ganzer Lebenswille wieder. Ich wurde geradezu
tatendurstig, aufbauwillig, lebensfroh, ich be-
kam Einfälle, nahm eine Schlüsselstellung ein,
gewann mein Selbstgefühl zurück — kurz, ich
rannte hin. packte meinen Kartoffelsack,
schwang mich mit ihm auf mein eigenes Rad
und sauste davon, was die Pedale hielten. Natür-
lich brachte ich die Ladung erst mal bei Freun-
den unter, bis bei mir alle mögliehen Recher-
chen vorbei waren und holte mir den Sack erst
nach einer Woche, als die Gefahr so gut wie
vorüber war."

Er machte genießerisch eine Pause. \,Da hatten
Sie wirklich Glück," sagte ein höflicher Zuhörer,
..daß Sie Ihre Kartoffeln wieder bekamen."
„Kartoffeln?" sagte der Mann aus Berlin träu-
merisch. „Die Polizei war an diesem Tage sehr
tätig gewesen. Und ein Polizist ist auch ein
Mensch. Der Mann mit meinem Kartoffelsack
hatte vermutlich Familie. Wie ich meine Kar-
toffeln ausleere,- ist noch ein Kilo Butter und
ein Stück Speck im Sack. Drum denke ich
manchmal, es ist doch ganz gut, wenn vielerlei
beschlagnahmt wird und wenn das Auge des
Gesetzes wacht!' V/m.

DIE MITARBEITER DES HEFTES

soweit sie in den bisherigen Heften nicht verzeichnet
waren: Roland Neumann, 22. 9. 04, Leipzig; Karl Heinz
Welkens, 25. 7. 24, Düsseldorf; Max Kirchner, 2. 10. 79,
Würzburg; Wilhelm Drixelius, 28. 5. 10, Hamborn;
Kurt v. Oerthel. 6. 7. 88. Breslau.

„DER SIMPL" erscheint im Monat zweimal

Bezugspreis im Vierteljahr RM 6.— zuzügl. 25 Pfg. Zustellgebühr.
Verlag „DER SIMPL" (Freitag-Verlag), München 23. Werneck-
straße 15a, Fernruf 362072, Postscheckkonto: München 37023. —
Herausgeber: Willi Ernst Freitag. — Red. M. Schrimpf. — Sprech-
stunden: Dienstag und Donnerstag von 9 bis 12 Uhr. — Für
unverlangt eingesandte Manuskripte und Zeichnungen wird keine
Gewähr übernommen. Rückporto ist beizulegen. — Druck: Süd-
deutscher Verlag. München 2. Sendlinger Straße 80. — Auflage:
50 000. — Copyright by Freitag-Verlag 1946. — Published under
Military Government Information Control License No. US-E-148.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Simpeleien"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1947
Entstehungsdatum (normiert)
1942 - 1952
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
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Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Der Simpl, 2.1947, Nr. 21, S. 260.
 
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