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LITERARISCHE

IN DER BADEANSTALT

Song — nach einem Sonnenstich zu plärren

Auf 'ner Pritsche holzbeplankter Platten

hocken sie wie Beutelratten.

In der Mitte die Maschine ihres Gottes

Jault die Quaksynkopen swingschen Trottes

rhythmisch durch die weichen Hirne;

himmelwärts wie Osrambirne

glüht und lacht in heißer Ruh'.

Schnauzen klappen auf und zu.

Beine wippen, Schultern zucken,

Nacken sich im Taumel ducken,

geile Blicke, Mädchen, Brüste,

Urwaldstriebe, wilde Lüste —:

auf 'ner Pritsche holzbeplankter Platten...

...siehe: Anfang —! H. Schneekloth

FRISCHE

Vor Gott gibt es große und kleine Sünden. Auch
Unterlassungssünden und Todsünden.
Vor dem Gesetz gibt es Uebertretungen, Ver-
gehen Und Verbrechen.

Es gibt auch Geheimnisse. Kleine, große und
die unergründlichen.

Das Geheimnis der bayerischen Fischversorgung
und Lenkung ist eines der unergründlichen.
Jedenfalls mühten sich vor einiger Zeit in
München sechs wackere Pressevertreter vier
Stunden lang vergebens ab, ihm auf die Spur
zu kommen.

Es war auf einer Tagung des Fischgroßhandels
zur Aufklärung der Presse über die Fisch-
bewirtschaftung in Bayern.

Einige Fachleute aus Hamburg behaupteten, in
Bayern gäbe es gar keine Fischbewirtschaftung,
sondern nur eine Fischverwirtschaftung. Der
Fisch käme nämlich bei uns fast ausschließlich
an Gaststätten. (Eine Gaststätte ist bei uns
übrigens eine Wirtschaft. Da sie meist gepflegt
und sauber ist, sagen wir „eine saubere Wirt-
schaft".)

In Norddeutschland sei das nicht so. sagten die
aus Hamburg. Dort bekämen die Verbraucher
die Fische, nach Kopfzahl auch im kleinsten
Ort. Parole: Jedem Flüchtling sein Fisch!
Um aber nochmals auf das Geheimnis zu kom-

KONTROVERSE

Anbei als Antwort auf die in der Nummer 15
erschienenen ,,Badeanstalt des Herrn Schneekloth"
eine renovierte Badeanstalt nach dessen Geschmack.

In der Badeanstalt

Ode nach einem Wurmstich zv trällern . ..

Hinterm Zaun, nicht ohne Zwickel

Hocken sie wie Stallkarnickel.

In der Mitte bläst zur Labe

Ein gar wohlerzogner Knabe

Auf der blökenden Schalmei;

Jungfräuliche Tändelei,

Leises Kichern, art'ge Worte

An der Keuschheit heil'gem Orte;

Röcke rascheln, Busen beben.

Falsche Zöpfe hinten kleben,

Zücht'ge Blicke, langer Bart,

Ein Poet am Astloch harrt.

Hinterm Zaun, nicht ohne Zwickel.

... siehe: Anfang —! H. V. Foerster

FISCHE

men: Zuerst hieß es also, Bayern schwimme in
Fisch. (Früher schwamm .ia der Fisch in Bayern.
In unseren Seen und Flüssen nämlich. Aber
warum soll das nicht auch einmal andersrum
sein?) Dann wurde gesagt, Bayern bekäme um
50% zu wenig Fisch. Warum wußte niemand.
Die Bayern sagten, wir hätten fcern mehr, kön-
nen aber nichts bekommen. Die Hamburger sag-
ten, wir haben genug, für drei Perioden Vorrat.
Wir würden gerne mehr liefern. Aber das „Soll"
ist nicht höher. Mit dem Soll ging es dann wieder
von vorne an. Nur wußte hier schon niemand
genau, wie hoch es tatsächlich ist; man meinte,
so 2000 t um herum müßte es wohl sein. Das
sei aber nach der Kopfzahl viel zu wenig, sag-
ten die Hamburger; das wissen wir. die Bayern.
Warum wußte niemand. Fortsetzung siehe oben.
Man stellte dann fest, daß tatsächlich schon
Fische nach Bayern gekommen seien. Mit der
Eisenbahn in Spezialwaggons und mit Spezial-
autolastzügen. Der Fischverteiler von München
erklärte, ihn ginge nur der Fisch an, der mit
der Eisenbahn käme. Der andere unterstände
ihm nicht. Er wisse nicht, wieviel das mit den
Autos jeweils sei, es sei ihm aber bekannt,
daß es vom bayerischen Kontingent abgezogen
würde. Dafür war dann der obersten bayeri-
schen Fischbehörde unbekannt, daß sie die nicht

aus Bayern stammenden Marken zurücklaufen
lassen kann, gegen Fisch. Ihr unterstanden
wieder die Marken nicht!

Als dann ein Bayer das Wort von der mangeln-
den Initiative der zuständigen bayerischen Be-
hörden in die Diskussion warf, bekamen sich
die Bayern in die Haare und die Hamburger
lachten. —

Wie gesagt, es gibt Sünden und Todsünden,
Vergehen und Verbrechen und tiefe Geheimnisse.
Und dann gibt es noch einen Beamtenapparat,
aber der ist tabu. |omi

Der pflichtbewußte Denunziant

Endlich wurde dem armen braunen Denunzianten
wieder Recht zuteil. Er ist kein Freiwild mehr,
welchem, durch Kontrollratgesetz Nr. 10 — Ver-
brechen gegen die Menschlichkeit — Schlingen um
den Hals gelegt werden könnten. Nein, er ist viel-
mehr eine Abart vom politisch Verfolgten, für den
ein mitfühlender Jurist die mahnende Stimme er-
hob. Nehmen wir geziemend Kenntnis, was Herr
Oberlandesgerichtspräsident Dr. Bodo Freiherr von
Hodenberg in der Süddeutschen Juristenzeitung so
treffsicher formulierte. Zur Nichtbestrafung von
Denunzianten wird u. a. geraten,
weil die Denunzianten, insbesondere in der Kriegs-
zeit, aus innerer Verpflichtung gehandelt hätten, als
„Ueberzeugungstäter",

weil selbst bei niedrigen Motiven nur Verstöße
gegen das Sittengesetz, nicht gegen ein Strafgesetz
vorlagen,

weil nach dem Zusammenbruch ,,in mindestens
gleichem Umfange" wie in der Nazizeit Anzeigen
aus niederen Instinkten erfolgt seien,
weil bei einer Bestrafung aus den Nazis Märtyrer
geschaffen würden, und endlich
weil bei einer Bestrafung der Nazidenunzianten
auch die heutigen Erstatter von Anzeigen Gefahr
liefen, bei einem „Wechsel politischer Anschauung"
wiederum ihrerseits verfolgt zu werden.
Hugh! Ein großer Salomon hat gesprochen. Wie
konnten auch die gehängten, erschlagenen, ver-
hungerten Defaitisten, Schwarzhörer, und Volks-
schädlinge so leichtsinnig sein, pflichtbewußte, treu-
deutsche Männer bis zur nationalen Siedehitze zu
provozieren, daß dieselben bei der Gestapo Mel-
dung erstatten mußten. Und vollkommen unerklär-
lich ist, wie der Volksmund seit Jahrhunderten gedan-
kenlos babbelte: der größte Lump im ganzen Land,
das ist und bleibt der Denunziant. A. Z.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Schaut's nur, was die wüste Person für Augen macht!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "Schaut's nur, was die wüste Person für Augen macht!"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bilek, Franziska
Entstehungsdatum
um 1947
Entstehungsdatum (normiert)
1942 - 1952
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 2.1947, Nr. 22, S. 270.

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