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JA, MIT GEWALT

zwischen der fortschrittlich - demokratischeil
Staatsidee und den reaktionär-faschistisch-kapi-
talistischen Kräften äußerst lebendig wieder. Der
erste Akt spielt in der Redaktion „Die Fackel".
Der jugendliche Journalist Granov. Sieger im
letzten Sängerstreit um die rote Troddel und
Kandidat für einen Posten im Kominform, erhält
den vaterländischen Auftrag, in einer Reihe von
Zeitungsartikeln der imperialistischen amerika-
nischen Politik die Maske herunterzureißen. Der
Chefredakteur Belonoschkin stellt ihm für „be-
sondere Zwecke" 10 000 Rubel zur Verfügung,
warnt ihn aber vor dem Kollegen Avramenko,
den er für einen abtrünnigen Genossen hält.
Belonoschkin (hält die Beine nicht auf den
Redaktionstisch, gießt sich aber einen Wodka
ein): „Prost Brüderchen! Oh — ich könnte noch
einen ganzen Liter vertragen. Also, morgen ist
großer Empfang in der amerikanischen Bot-
schaft. Sie gehen hin, Genosse, und sammeln
Material. Sie werden schon merken, wohin der
Dollar rollt. Prost!"

Granov: „Soll ich kapitalistische Kleidung an-
legen, Genosse Chefredakteur? Ich kann diese
westlichen Frackschöße nun einmal nicht leiden!
Ah — der Wodka ist gut!" (Trinkt, bevor er ab-
geht, noch rasch zwei Wodkas.)
Der zweite Akt spielt in einem festlich erleuch-
teten Raum der amerikanischen Botschaft. Das
Fest ist [n vollem Gange. An einer großen Tafel
sitzen verschiedene Journalisten und Schrift-
steller, die die Beine nicht auf den Tisch legen.
Sie trinken Wodka mit Kaviar, der reichlich vor-
handen ist, und unterhalten sich über den Fluch
der kapitalistischen Weltordnung. Neben Granov
sieht man Avramenko, der vom Auftrag seines
Kollegen Wind bekommen hat. Er flößt dem
Kominform-Kandidaten einen Wodka nach dem
anderen ein, um genauere Einzelheiten zu erfahren.
Avramenko: „Wissen Sie, Genosse, daß ich mehr-
mals in den USA gewesen bin?"
Granov (leicht lallend): „Gewiß, a—aber unser
Wodka ist v—viel besser als W—whisky."
Avramenko: „Worum fahren Sie nicht nach
Amerika? Es ist ein herrliches Leben dort! Wirk-
sich, Sie sollten es sich selbst ansehen."
Granov: „N—n—niemals! Genosse Belonoschkin
hat mich vor Ihnen g—gewarnt. Sie sind ein
v—verkappter Imperialist. Ein Opfer der D—d—
dol—larprinzen. Hi, hi." (Gießt sich einen Wodka
in den Hals.)

Avramenko beschließt daraufhin mit Hilfe der
Sekretärin Mabel Blue, die seine Geliebte ist,
die Pläne Granovs zu vereiteln. Mabel wird Gra-
nov vorgestellt, sie schwärmt von Hollywood,
von ihrer Farm in Texas, die so ganz anders wie
die Kolchosen ist, von ihrem 12-Zylinder Chryss-
ler, und während man eifrig dem Wodka zu-
spricht, entflammt Granovs Herz in keuscher
Liebe zu der Verruchten.

Im dritten Akt schürzt sich der dramatische
Knoten: die fortschrittlichen Kräfte ringen in
Gestalt des Chefredakteurs Belonoschkin sowie
des Zensurkommissars Borschtsch um die Seele
des verirrten Granovs, der sich dauernd in Ge-
sellschaft Mabel Blues und anderer smarter
Amerikaner aufhält. Er amüsiert sich glänzend,
verjubelt restlos die 10 000 Rubel und schon
glaubt man ihn der großen Sache der Welt-
revolution verloren. Da entdeckt Kommissar
Borschtsch das Verhältnis zwischen Mabel Blue
und dem Renegaten Avramenko.
Borschtsch: „Genosse Granov. Fassen Sie sich.
Hier einen doppelten Wodka. Ihre entzückende
Amerikanerin, diese Schlange — ruhig Genosse,
keine Dummheiten, hören Sie mich erst an —,
diese Schlange betrügt sie mit Avramenko!"
Granov (brüllend): „Nein, Nitschewo! Das kann
nicht sein!" (Sinkt ermattet auf seinen Stuhl,
*rinkt einen Wodka.)

Borschtsch zieht einige Briefe heraus, die er sich

aus dem Schreibtisch der Blue hat bringen las-
sen. Granov liest die Briefe und bricht zusammen.
Vierter und letzter Akt: Geläutert sitzt Granov
an seinem Redaktionstisch, er hat alle erotisch-
kapitalistischen Anfechtungen glücklich über-
standen und verfaßt nun die Artikelserie über
das korrupte Leben in Amerika.
Belonoschkin (betritt den Raum mit einer Flasche
in der Hand): „Verstehen Sie jetzt, Genosse Gra-
nov, was es bedeutet, in einem freien Lande frei
seine Meinung sagen zu dürfen."
Granov: „Ich danke Marx und Engels, daß ich
die Versuchung selbst erlebt und überstanden
habe. Nun werde ich mit allen Mitteln für unsere
dikta . . . Verzeihung: demokratische Welt-
anschauung kämpfen. Nieder mit den Kapita-
listen, nieder mit den Feinden der werktätigen
Klasse. Es lebe unser großer ..."
Belonoschkin: „Prost, Genosse! Darauf müssen
wir einen dreifachen Wodka trinken."
Beide legen die Beine nun doch befriedigt auf
den Redaktionstisch. Vorhang. Bert Kutat

DER BK- MANN

Wir haben jetzt extra einen Bk-Mann. Der schmeißt
unseren ganzen Betrieb. Ich bin sicher, daß uns jeder
Betrieb um ihn beneiden wird.

Den unsrigen verdanken wir der Initiative unseres
Fräulein Knopp, der Sekretärin des Chefs.
Sie erblickte ihn während eines Rummels, wo er den
inneren Widerstand der Leute, seine Kraftmenschen-
Bude zu besuchen, in stundenlangem Geschrei nieder-
kämpfte. Beim Anblick des rauhbehaarten brüllenden
Riesen reifte in Fräulein Knopp der geniale Plan, den
Mann für unseren Betrieb zu engagieren. — Gestern
kehrte er von seinem zweiten Landcsstellen-Kampf erfolg-
reich zurück. Er galt unserem Betriebsfeind Nr. 3, dem
Sachbearbeiter Stechmüller, der von unserem BK-Mann
(übrigens: .Behördenkampf-Mann) glatt ausgepunktet wurde.
Wie, Sie können sich das nicht vorstellen, Sie meinen die
Herren Referenten seien unverwundbar? Ich bitte Sie . . .
Er trat ein, unser Bk-Mann, krempelte die Aermel bis
zur ersten Unterarmtätowierung hoch und legte unseren
107. Antrag vor. Der Referent hatte die Einhcitsformel
08/15, als da ist: Bedaure sehr, z. Z. noch 199 999 un-
erledigte Anträge, in 2—5 Jahren wiederkommen usw.
bereits auf den Lippen, als ihn die langsam heran-
wuchtende Gestalt unseres Bk-Mannes an die Vergäng-
lichkeit allen Fleisches gemahnte. So zog der Bk-Mann
mit den Bezugberechtigungsscheinen von hinnen.
Der erste Fall lag übrigens ähnlich. Nur entwich unser
Betriebsfeind Nr. 2, der schmächtige 1500-Kalorien-Refe-
rent, schon beim Anblick des Kolosses aus dem Zimmer
und ließ die Scheine durch seine Sekretärin aushändigen.
Heute aber war Großkampftag. Sie verstehen schon, ich
meine nicht so einen wie früher. Was waren schon die
paar Stunden Trommelfeuer gegen 4—5 Stunden Straßen-
verkehrsamt. Dort war unser Mann heute. —
Bei seiner Rückkehr standen wir Spalier. Der Chef hielt
eine feierliche Rede und eine Schachtel Sondermischung
in der Hand. Während unter den Hochrufen der Beleg-
schaft der Betankungsnachwcis an der Windschutzscheibe
des Wagens befestigt wurde, berichtete unser Bk-Mann.
Es muß auf Tod und Leben zugegangen sein . . .
Zunächst nämlich zeitigte sein furchterweckender Kör-
perbau keinerlei Wirkung. Nach dreistündiger Unterhal-
tung, die zwischen Windstärke 5 und 12 pendelte, ver-
kündete der Beamte die endgültige Sperre der Betan-
kung. Dann kam es zu einem fürchterlichen Wirrwarr,
denn unser sirenenartig aufheulender Bk-Mann verfiel
in der Hitze des Gefechtes in seine alte Terminologie
und auf sein Brüllen: hereinspaziert, hereinspaziert!
drängte die 488köpfige Schlange ins Zimmer, allwo
der Stimmaufwand zum Orkan anschwoll. Röchelnd
warf daraufhin der Beamte die Tankausweise in die
johlende Menge. Unser Bk-Mann erwischte zwei Stück,
so daß nun auch das Leichtmotorrad des Lehrlings
Fritz mitbetankt ist.

Ja, so ist unser Bk-Mann! Hans Hermann
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ja, mit Gewalt ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Huth, Helmuth
Entstehungsdatum
um 1947
Entstehungsdatum (normiert)
1942 - 1952
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 2.1947, Nr. 23, 283.

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
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