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WENN

ER

U. Schramm

WIEDERKÄME.

HITLER: Deutsche. Volksgenossen. Christliche,
liberale, bizonale und nationale Sozialisten! Wid-
rige Umstände zwangen mich, eine Zeitlang
außerhalb der noch immer nicht feststehenden
Landesgrenzen zu verbringen. In dieser Zeit be-
schloß ich, Demokrat zu werden. Heute kehre
ich als Emigrant und Verfolgter zurück. Ein
unerkannter Soldatt. Ein Opfer des Faschismus.
Viele meiner Freunde (ich denke besonders an
die legendäre Gestalt des Duce) sind tot. Aber
auch die Reihen meiner Gegner haben sich ge-
lichtet. Mitgefangen, mitgehangen. Mich hat die
Vorrsehung erhalten, und so werde ich euch er-
neut aufwärts und vorwärts führen. Bis zum
endgültigen Endsieg unserer herrlichen Bewe-
gung!

1. REICHSLEITER: Mein Führer! Alles Notwen-
dige ist vorbereitet. Unsere Leute sitzen noch
oder schon wieder in allen wichtigen Positionen!
Zwar sind einige Männer aus den Systempar-
teien in sogenannten leidenden Stellungen, je-
doch handelt es sich hier um Strohmänner, die
sich im übrigen in der Ungunst der Verhältnisse
rasch verbrauchen. Die eigentlichen Drahtzieher,
unsere alten Aktivisten, sitzen gutgetarnt auf
scheinbar niedrigen Posten. Sie sind die eigent-
lich Regierenden in Industrie und Handel, in
Aemtern und Behörden.

HITLER: Gut, danke!

1. REICHS WALTER: Mein Führer! Die Gefahr,
Deutschland würde nach dem provisorischen
Zusammenbruch ein sozialistischer Staat wer-
den, ist beseitigt. Der Kapitalismus, unser großer
Verbündeter, sitzt fester im Sattel denn je! Die
Währungsreform hat das wirtschaftliche Ueber-
gewicht der Alt- und Neureichen nicht erschüt-
tert. Der Großgrundbesitz ist so gut wie un-
angetastet. Die wenigen Groschen, die sich im
Volke befinden, werden abgeschöpft. Unsere
Sammler und Semmler ...

HITLER: Gut, danke!

1 REICHSWART: Die Justiz und die Ministerial-
bürokratie sind Ihre getreuesten Paladine! Wir

bleiben das Land der Richter und Henker. Aus-
nahmen bestätigen die Regel. Der Zusammen-
halt unter den alten Parteigenossen ist fest. Das
Volk durch die von Ihnen, mein Führer, ein-
geführte Rationierung und geniale Planung so
geschwächt, daß es die politischen Sturmzeichen
nicht bemerkt

HITLER: Gut, danke!

2. REICHSLEITER: Mein Führer! Aus der jun-
gen Generation, insbesondere der studentischen
Jugend, stoßen ständig neue Kräfte zur Bewe-
gung. Die Ausrottung des nationalsozialistischen
Gedankengutes (von ein paar schamlosen Schrei-
berlingen gefordert) war ein Schlag ins Wasser.
Das Gegenteil ist erreicht. Unsere Parolen zieren
jedes deutsche Klosett!

HITLER: Gut, danke!

2. REICHSWALTER: Mein Führer! Ihr alter
Kampfruf „Heim ins Reich" ist verwirklicht.
Millionen Volksdeutscher strömten mit vater-
ländischen Gesängen auf den Lippen über die
Grenzen Die wenigen überlebenden Juden be-
finden sich nach wie vor in Lagern. Für die,
denen es gelingt, nach Palästina zu entkommen,
sorgen die Araber Der Großmufti. ..

HITLER: Gut, danke!

2. REICHSWART: Mein Führer! Die Arbeiter-
schaft zerfleischt sich noch immer in fruchtlosem
Bruderkampf. Die Zonengrenzen verhindern
größere antifaschistische Aktionen und die enge
Zusammenarbeit aller Demokraten. Eine große
Chance für den Wiederaufstieg der NSDAP. Die
Besatzungsmächte...

HITLER: Sehr gut. Danke!

Parteigenossen und Parteigenossinnen!

dieser Staatsform kann ein Nazi zu Macht und
Ansehen kommen. Sie hat den Vorteil, keine
Diktatur zu sein.

Ich werde mit dem heutigen Tage, Punkt 0 Uhr
12 die Lizenz für unsere Partei beantragen. Bei
den nächsten Wahlen werden 99 Prozent für uns
sein. Der Rest wird am Boden zerstört.
Nach dem Siege werde ich eine Amnestie ver-
künden. Mitglieder der CSU werden grundsätz-
lich re-nazifiziert. Sozialdemokraten — wie über-
all und immer — gleichgeschaltet. Die Splitter-
parteien übernimmt die Fachschaft Nadelhölzer.
Hauptstadt wird München.

Wir schließen unsere machtvolle Kundgebung
mit unserem alten Kampflied:

Brüder zur Zone, zur Freiheit!

Heinz Hartwig

Eine wahrhaft stolze Bi-
lanz nach 3 Jahren De-
mokratie. Ihr seht, daß
mein Entschluß, Demo-

81M PL-BRIEFE. ASTEX

Volksschüler in M. Frage 1. Nein, schon

Fr. Bilek

Der Berliner Magistrat beschloß, dem Wappentier der Viersektorenstadt
die Schärfe zu nehmen. Der neu entworfene Berliner Bär hat weder
Zunge noch Klauen. (DENA)

krat zu werden, der der dritte Schulreformplan des bayeri-
weiseste war Auch in sehen Kultusministers wurde von der

Militärregierung als Diskussionsgrund-
lage angenommen, nicht erst der neunte.
Wer hat euch denn sowas erzählt, viel-
leicht der Herr Pfarrer in der Bibli-
schen Geschichte? Frage 2. Die Tatsache,
daß sich Theaterintendanten meist
„freundschaftlich", Wissenschaftler da-
gegen meist „unfreundlich" von Mün-
chen und seinem Kulturleben trennen,
ist mit dem größeren schauspielerischen
Talent der Theaterleute im Gegensatz
zur Ablehnung jeder Verstellung seitens
der reinen Wissenschaft zu erklären.

Durstiger in M. Sie haben durchaus
recht: das ganze Brauverbot dürfte da-
mit zu erklären sein, daß das bräun-
liche Getränk, das derzeit noch in Glä-
sern und Krügen verabreicht wird, irre-
führenderweise immer noch als „Bier"
und amerikanischerseits sogar als „Ge-
nußmittel" bezeichnet wird. Hätte man
rechtzeitig die wahrheitsgemäße Be-
zeichnung „Gsieff" oder „dunkler Er-
satzsud" dafür eingeführt, wäre beim
angloamerikanischen Steuerzahler wahr-
scheinlich gar nicht erst die Vorstellung
des von früher her bekannten, wohl-
schmeckenden Genußmittels, genannt
„Bayerisches Bier" wachgerufen worden.

In Erinnerung an Pestzeiten? Ihrer An-
frage liegt insofern ein kleiner Irrtum
zugrunde, als es sich bei dem seitens
der CSU gebotenen Schauspiel nicht
um den an die Pestzeit gemahnenden
,,Schäff-l-ertanz" sondern um den sog.
Schäffertanz handelt, das ist jener Tanz,
zu dem Staatsrat a D. Fritz Schäffer mit
der CSU Oberbayerns dem bisherigen
Landesvorsitzenden Josef Müller, vulgo
„Ochsensepp", und der fränkischen CSU
aufspielen will. Das Tänzchen ist eine
oberbayerische Variation des modernen
Swing, der sogenannte ,,Schwing-Di'!",
von dessen wirbelnden und üppigen Fi-
guren wir noch allerlei Bereicherung
unseres politischen Tanzbodens (Parkett
kann man ihn nicht nennen!) erhoffen
dürfen.

In der Hoffnung auf baldigen Spruch-
kammer-Bescheid. Nein, wir glauben
nicht, daß die amerikanischen Veröf-
fentlichungen über russische und die
russischen Veröffentlichungen über west-
liche Verbindungen zu Nazideutschland
irgendeinen Einfluß auf die Denazifizie-
rung, die bekanntlich eine rein deutsche
Angelegenheit ist, haben werden.

Verzweiflung am Kochherd. Wie können
Sie auch versuchen, nach den „Spar-
rezepten aus bitterarmer Zeit" heute
noch ein Essen herstellen zu wollen!
Diese Rezepte aus dem Jahr 1918 passen
nicht in unsere Tage, da diese bitter-
arme Zeit immer noch mit etwas Fett
gekocht hat, hin und wieder ein Ei
drunterzumischen hatte und an Kartof-
feln als Hauptfehler ihre Eintönigkeit,
nicht ihren völligen Mangev auszusetzen
hatte. Für heute empfehlen wir Ihnen
die reizende Rezeptbroschüre des Ver-
lages „Wirtschaftsrat" in Frankfurt
„Tausend muntere Rezepte, Kalorien
schmackhaft zu machen!" mit dem neu-
zeitlichen Anhang „Trockenbrot macht
die Leute rot!"

Quo usque tandem, Catilina? Wir sehen,
Sie sind ein gebildeter Mensch, haben
Sie doch zweifellos Ihre für bayerische
Köpfe nötigen neun Jahre Latein ge-
lernt. Darum müssen wir Ihnen auch im
Vertrauen sagen, die Schlange von
Schöningen ist keine gewaltige Riesen-
schlange, sondern eine aus dem Ge-
schlecht der schwarz-weiß-roten Mamba.
Ihr Biß ist sehr giftig, der Gebissene
geht an Kalorienschwund ein oder, falls
er dank seiner Stellung in der Lage ist
sofort Kartoffel-Butter-Serum zu sprit-
zen, trägt er immerhin lebenslänglichen
Leibesschäden — üemissionsiieber —
davon.

Olympische Sprecher. Es entzieht sich
unserer Kenntnis, ob die gleichen Mei-
ster des Mikrophons, die uns so an-
schaulich das Wetter und die „Ele^
gance" von St. Moritz schilderten, auch
die Olympischen Sommerspiele besuchen
werden. Aber Sie haben recht: viel-
leicht sollte man erst eine Olympiade
der Rundfunksprecher abhalten, um auch
für München einen zu finden, der nicht
über dem schmackhaften Essen jeden
Geschmack verliert.

Zulagenempfängers-Gattin in M. Wenn
Ihr Mann Ihnen von seinen Zusatz-
rationen nichts abgibt und selbige außer
Haus schwarz ißt, so greifen Sie unver-
züglich zum demokratischen Recht auf
Streik. Wichtig ist dabei, daß Sie
pünktlich und in voller Ordnung für ge-
nau vierundzwanzig Stunden die ehe-
liche Arbeit einschließlich Strümpfe-
stopfen niederlegen und nach Vermei-
dung von Zwischenfällen präzis wieder
aufnehmen. Vor allem aber: seien Sie
auf Posten und halten Sie arbeitswillige
Streikbrecherinnen notfalls mit Spucke
und Fingernägeln fern.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wenn Er wiederkäme..."; "Der Berliner Magistrat beschloß, dem Wappentier der Viersektorenstadt die Schärfe zu nehmen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Der Berliner Magistrat beschloß, dem Wappentier der Viersektorenstadt die Schärfe zu nehmen. Der neu entworfenen Berliner Bär hat weder Zunge noch Klauen. (DENA)

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bilek, Franziska
Schramm, Ulrik
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 3.1948, Nr. 4, S. 43.

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
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