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H. Huth
aar
Fisches Kühlh
(DINA) Nach abgeschlossener Erfassung aller noch nicht registrierten Osterhasen sollen auch diese
unter strenger behördlicher Aufsicht zur Erfüllung ihres Ablieferungssolls herangezogen werden.
,,Von wem? . . . Na, da zeigt einfach der Bürger-
meister alles an", sagte Wagerer ruhig. „So junge
Knöpf, die werden gleich dasig, wenn einmal der
Gendarm kommt."
„Aber, Sie haben's doch gelesen, in Thüringen ist so
ein Nazi jetzt Minister geworden", redete Sitting^r
hartnäckig weiter. „Passen Sie auf, auf einmal geht's
bei uns auch so, und keinem Hitlermenschen passiert
mehr was ... Da müßt', meiner Meinung nach, un-
bedingt die Bauern- und Bürgerschaft dagegen auf-
treten."
„Hamhm, von uns hat doch keiner Zeit", meinte
Wagerer wiederum. „Unsereins ist vier Jahr im Feld
gestanden, da hat man für diese Soldatenspielerei
nichts mehr übrig . . . Sie, jetzt hat der Schlicht
seine Schulden bei mir 'zahlt, was sagen Sie da? Er
selber ist nicht her, er hat die alte Weberin mit'm
Geld geschickt ... Er schämt sich, scheint's, doch . ..
Oder er hat ein schlechtes Gewissen wegen dem
Gendarmschicken."
Diese Abschweifung war Sittinger gar nicht recht.
Doch soviel er auch reden mochte, der Wagerer wich
immer wieder aus und wollte nichts von einer solchen
Politisiereref wissen. Enttäuscht trank der Inspektor
sein Glas aus und ging. Daheim, als er so in sich
hineindachte, sprang ihn auf einmal ein vages Miß-
trauen an. Er warnte sich im stillen: „Weiß der
Teufel, Krämer bleibt Krämer, genau so wie Wirt
Wirt! Die Kundschaft will er sich halten, weiter
nichts! Es wird gut sein, ich verplappere mich nicht
mehr! Weiß der Teufel!"
Der Mai prangte blüten- und blumenreich in den
Obstgärten und auf den Wiesen. Die Saatfelder
wuchsen prall heran, und die Wälder wurden dichter.
Der Inspektor versuchte es wieder mit seinen ein-
samen Spaziergängen. Doch nur selten kam er in
eine ausgeglichene Stimmung. Scheu sah er manch-
mal hinter sich, um sich, und dann umspannte er
den gebogenen Griff seines Spazierstockes fester. Oft
wurde er tieftraurig bei diesem Alleinsein.
„Den Menschen ist nicht zu helfen. Sie wollen's gar
nicht anders", schloß er seine Betrachtungen. Mit
Gewalt schüttelte er die Bedrückung ab und dachte
bitter: „Ach was! Ganz recht so! Sollen sie nur
wieder in Dreck und Elend und all den unsicheren
Wirbel hineinsausen, wenn's nur mich nicht trifft!"
Aus dem gleichnamigen satirischen Roman von O. M.
Graf, zum erstenmal erschienen 1941 in New York, so-
eben neu herausgegeben im Freitag-Verlag, München.
H. Huth
aar
Fisches Kühlh
(DINA) Nach abgeschlossener Erfassung aller noch nicht registrierten Osterhasen sollen auch diese
unter strenger behördlicher Aufsicht zur Erfüllung ihres Ablieferungssolls herangezogen werden.
,,Von wem? . . . Na, da zeigt einfach der Bürger-
meister alles an", sagte Wagerer ruhig. „So junge
Knöpf, die werden gleich dasig, wenn einmal der
Gendarm kommt."
„Aber, Sie haben's doch gelesen, in Thüringen ist so
ein Nazi jetzt Minister geworden", redete Sitting^r
hartnäckig weiter. „Passen Sie auf, auf einmal geht's
bei uns auch so, und keinem Hitlermenschen passiert
mehr was ... Da müßt', meiner Meinung nach, un-
bedingt die Bauern- und Bürgerschaft dagegen auf-
treten."
„Hamhm, von uns hat doch keiner Zeit", meinte
Wagerer wiederum. „Unsereins ist vier Jahr im Feld
gestanden, da hat man für diese Soldatenspielerei
nichts mehr übrig . . . Sie, jetzt hat der Schlicht
seine Schulden bei mir 'zahlt, was sagen Sie da? Er
selber ist nicht her, er hat die alte Weberin mit'm
Geld geschickt ... Er schämt sich, scheint's, doch . ..
Oder er hat ein schlechtes Gewissen wegen dem
Gendarmschicken."
Diese Abschweifung war Sittinger gar nicht recht.
Doch soviel er auch reden mochte, der Wagerer wich
immer wieder aus und wollte nichts von einer solchen
Politisiereref wissen. Enttäuscht trank der Inspektor
sein Glas aus und ging. Daheim, als er so in sich
hineindachte, sprang ihn auf einmal ein vages Miß-
trauen an. Er warnte sich im stillen: „Weiß der
Teufel, Krämer bleibt Krämer, genau so wie Wirt
Wirt! Die Kundschaft will er sich halten, weiter
nichts! Es wird gut sein, ich verplappere mich nicht
mehr! Weiß der Teufel!"
Der Mai prangte blüten- und blumenreich in den
Obstgärten und auf den Wiesen. Die Saatfelder
wuchsen prall heran, und die Wälder wurden dichter.
Der Inspektor versuchte es wieder mit seinen ein-
samen Spaziergängen. Doch nur selten kam er in
eine ausgeglichene Stimmung. Scheu sah er manch-
mal hinter sich, um sich, und dann umspannte er
den gebogenen Griff seines Spazierstockes fester. Oft
wurde er tieftraurig bei diesem Alleinsein.
„Den Menschen ist nicht zu helfen. Sie wollen's gar
nicht anders", schloß er seine Betrachtungen. Mit
Gewalt schüttelte er die Bedrückung ab und dachte
bitter: „Ach was! Ganz recht so! Sollen sie nur
wieder in Dreck und Elend und all den unsicheren
Wirbel hineinsausen, wenn's nur mich nicht trifft!"
Aus dem gleichnamigen satirischen Roman von O. M.
Graf, zum erstenmal erschienen 1941 in New York, so-
eben neu herausgegeben im Freitag-Verlag, München.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Staedtisches Kühlhaus"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
"(DINA) Nach abgeschlossener Erfassung aller noch nicht registrierten Osterhasen sollen auch diese unter strenger behördlicher Aufsicht zur Erfüllung ihres Ablieferungssolls herangezogen werden."
Kommentar
Signatur HEHU
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 3.1948, Nr. 6, S. 63.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg