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HEINZ TRÖKES SPRICHT:

(Aus einem Ausstellungskatalog)

„Meine Bilder und Zeichnungen entstehen aus der
Phantasie. Ich habe keinen bestimmten Plan,
keine feste Vorstellung, das Bild entsteht beim
Malen, ich lasse mich treiben oder werde getrie-
ben — wer weiß das? — Ich beginne in irgend-
einer Ecke des Blattes, mit einer Linie, einem
Punkt, einem Gekritzel, so zeichne ich, so male
ich aber auch meine Bilder, doch da kommt noch
die Farbe hinzu. Mit dem ersten Ansatz ist schon
viel geschehen, da werde ich oft überrascht, es
fällt mir unwillkürlich etwas auf, da hat sich
ein Gesicht, eine Pflanze, ein Fisch, ein Stuhl,
ein Luftballon, eine Kerze, ein Ornament oder
eine Struktur mit sehr deutlicher Ordnung ein-
geschlichen. Hier spinne ich nun weiter. Das
wird verwoben, miteinander verbunden, bis es
einen geschlossenen Klang gibt.
Jede Zeichnung, jedes Bild ist beim Entstehen
voller Abenteuer für mich. Wenn ich aufhöre zu
malen, wenn die Zeichnung fertig ist, bin ich
immer ganz perplex."
WIR auch!

SCHWEIN MUSS DAS SCHWEIN HABEN! "

Es ist passiert! Mit dem Frieden ist es endgültig
aus. Bald werden die ersten" Schüsse fallen. Man
rechnet bereits mit einer erheblichen Anzahl Toter.
Nicht doch! Kriegspsychose ist grundlos, sagt Walter
v. Cubc im Rundfunk. Ganz im allgemeinen. Wir be-
teuern es für unseren Fall. Die Schüsse werden
fallen. Aber nicht bei Hof und nicht bei Helmstädt.
Auch mit dem Frieden ist es aus. Mit dem Wald-
frieden in der US-Zone. Wegen der Schießerei
braucht sich also keine Sau aufzuregen —
Moment mal! Natürlich regen sich die Säue auf.
Gerade sie. Unter ihnen soll es doch die Toten
geben. Tote Wildschweine nämlich.
O seliges Paradiesesglück! O unglaubwürdiges Wild-
schwein-Schwein, drei Jahre lang unbehelligt Kar-
toffel und Kraut konsumieren zu können, ohne
Rücksicht auf kalorienmäßig errechnete Rationen!
Wohin bist du entschwunden? R.I.P.
500 deutsche Jäger pirschen mit Erlaubnis der
Militärregierung zur Wildschweinbekämpfung nun-
mehr wieder mit der Flinte durchs Gehege. Gaude-
amus igitur!

Nach drei Jahren Wildschweinplage und dreijährigen
Bittgängen der deutschen Regierungen ist es soweit.
Die Gefahr des Wiedererwachens des deutschen
Militarismus scheint überwunden. Man kann uns
wieder Gewehre in die Hand geben. Oder hat man
seine Perlen — Verzeihung! — Grundsätze vor die
Säue geworfen? Noch vor kurzem sollten die deut-
schen Behörden, wie Ministerpräsident Dr. Ehard
auf einer Pressekonferenz mitteilte, Pläne vorlegen,
aus denen der Standort der Wildschweine zu ersehen
wäre; für die Bekämpfung wollten die Amerikaner
selbst sorgen.

Wie ist der plötzliche Stimmungsumschwung zu er-
klären? Keine Sau kann das verstehen. Sie kann
nur statt ins Kraut ins Gras beißen, wenn die Kugel
des Jägers sie trifft.

Eine Hoffnung für die Todgeweihten? Vielleicht
haben unsere Jäger in den drei Jahren das Schießen
verlernt. Bumm. m—

Anzeige wegen Kuppelei?
So leid es uns tut, Ihnen die
Hoftnung auf eine erfolg- m^^mumm
reiche Anzeige gegen Ihre

Bekannte nehmen zu müssen: Sie befinden sich in
dem gleichen Irrtum wie die vielen, die dauernd in
flammender sittlicher Entrüstung „Kuppeleianzeigen"
in steigendem Maße loslassen. Nach einem Bericht
des Frankfurter Sittenkommissariats ist nämlich das
Vermieten eines Schlafraums über Nacht an zwei er-
wachsene Personen „verschiedenen Geschlechts" nicht
strafbar. Strafbar ist jedoch — laut Dena — „die Ver-
mietung von Schlafraum an Personen verschiedenen
Geschlechts gegen Entgelt zur Ausübung des Bei-
schlafes". Soviel wir wissen, haben die Pärchen dar-
über keine Fragebogen auszufüllen, da mit zahlreichen
falschen eidesstattlichen Versicherungen gerechnet
werden müßte. Ob die Vermieterin strafbar ist, wenn
das Paar zwar böse Absichten gehegt, diese- aber
nicht ausgeführt hat, steht im Ermessen des Staats-
anwaltes.

Reh- oder Schweinsschlögl? Die für deutsche Jäger
freigegebenen 500 Gewehre sollen dem Abschuß der
großen Schaden ' anrichtenden Wildschweine dienen.
Unter Einsatz seines Lebens wird sich auch unser
Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl dem Kämpf mit
den bösartigen Keilern stellen, wie er es ja aus dem
politischen Leben gewöhnt ist. Er hofft damit, die
Normalverbraucherrationen an Fleisch erhöhen zu
helfen und dem bösen Vorwurf, er schieße nur
Böcke, tatkräftig entgegenzutreten.

Zusatznahrung. Ganz recht: Wildgemüse wie Gänse-
blümchen, Löwenzahn, Hundsveilchen und Brenn-
nesseln sind, in der neuen Fettzuteilung geschmort,
ein köstlicher Ersatz für das Frischgemüse, das in
■den Gärtnereien für unbekannte Verbraucher vermut-
lich gegen Rücklieferung von Mist gezüchtet wird.
Doch nehmen Sie sich beim Sammeln in acht: das
durch die Futterknappheit bösartig gewordene Rind-
vieh macht Ihnen mit typischem Futterneid in ge-
fährlich drohender Weise die Mitbenutzung seiner
Weideplätze streitig.

Flucht aus der Ehe. Zu spät, liebe Frau M., das mit
Ihrer Heirat hätten Sie als Lehrerin sich früher über-
legen sollen! Nunmehr werden Sie, wie es gerecht
und sozial ist, im Zuge verschiedener Anordnungen
des Kultusministeriums abgebaut, da Sie Ja einen
sicher gutverdienenden Mann haben. Warum greifen
Sie auch gleich so hoch in Ihrem beruflichen Ehr-
geiz? Gehen Sie zur Müllabfuhr, melden Sie sich als
Wagenwäscherin bei der Eisenbahn oder zum Schutt-
räumen — das sind die der Frau gemäßen Arbeits-
plätze, die sie auch in schwierigen Zeiten nicht dem
Mann abtreten muß. Liebe zum Beruf oder gute Lei-
stungen dürfen keine Rolle spielen, die Frau gründet
schließlich keine Familie — sie erhält sie notfalls bloß!

Werden die Menschen größer? Ihre Beobach-
tung ist durchaus richtig: in Deutschland wer-
den die Menschen größer! Das kommt einmal
daher, daß sie sich infolge des winzigen ihnen
noch zugebilligten Lebensraumes strecken müs-
sen, um etwas Luft zu bekommen. Zum andern
jedoch ist das Wachsen der Körperlänge auf
die Tätigkeit unserer Schuhbesohler zurück-
zuführen, die rüstig Fleck auf Fleck schlagen,
niemals eine Sohle wirklich erneuern, sondern
flott ein möglichst unhandliches Tramm Gummi
auf das andere nageln. Durch dieses lose An-
einanderheften vieler Sohlenteile entsteht ein
neuartiges Vielschichtensystem (ähnlich der
früheren Prinzregententorte, wenn Sie diese
noch gekannt haben sollten!). Diese Schichtun-
gen werden noch erhöht durch hineinschlüp-
fende Kiesel, Sandmengen und Unrat aller
Art, so daß allmählich für den deutschen Fuß-
gänger eine Art von Kothurn entsteht, wie
schon die'antiken Schauspieler ihn trugen, um
größer und gewaltiger zu erscheinen.

DER ATHEIST

EINE KÄFERLEGENDE

VON E. KLOTZ

War ein Marienkäfer,
Der flog von Blatt zu Blatt,
Bis ihn am Siebenschläfer
Der Schlag getroffen hat.

Zwei.Pillendreher brachten
Ihm rasch noch Medizin,
Von der sie fälschlich dachten,
Sie stärkt und rettet ihn.

Viel Trauermäntel knien
Nun um den Totenschrein
Und beten zu Marien
Fürs arme Käferlein.

Der eine Pillenkäfer,
Der grinst als Atheist,
Der andre, der war bräver.
Der betet mit als Christ.

Doch wegen seines Spottes
Da werfen aus dem Haus
Den ersten schon zwei Gottes-
Anbeterinnen raus!

Und nur auf diese Weise
Entging der Kerl dem Schritt,
Mit dem Professor Heyse
Die Frommen schon zertritt.

Dem Pfarrer, einer Grille,
War's eine harte Nuß,
Wieso man Gottes Wille
Auch hier erkennen muß.

S1UPL-BRIEFKAS TER

Ein kleines Pflaster! Den-
ken Sie doch, wie schwer
es für alle, die in der Ex-
portindustrie arbeiten, sein
muß, alle die schönen Dinge, die sie herstellen, ins
Ausland gehen zu sehen! Da tut #in kleiner nahrhaf-
ter Trost wirklich not und Sie, der Sie für den In-
landbedarf arbeiten dürfen, können den andern die
kleinen Sonderzuteilungen aus dem Auslandsguthaben
wahrlich gönnen. Außerdem wissen Sit doch: sauer
macht lustig — und so können auch Sie, um heiter
zu werden, die importierten Export-Zitronen für den
fröhlichen Preis von 20—25 Mark auf dem Schwarzen
Markt erstehen!

Kann man mit uns alles machen? Ja, man kann. Aber
regen Sie sich nicht auf: die wohldurchdachten An-
ordnungen unserer Wirtschaftsbehörden erfolgen
nicht, wie es Ihnen scheinen mag, nach willkürlich-
diktatorischen, sondern nach streng demokratischen,
d. h. dem Volke dienenden Gesichtspunkten. Wenn
beispielsweise an einem Tag erklärt wird, elektri-
sche Haushaltgeräte (mit denen z. B. im Rheinland
der Schwarze wie der Weiße Markt übersättigt ist!)
seien bezugscheinfrei, dagegen am nächsten Tag er-
klärt wird, die Kochplatten jedöch, die überreichlich
alle Läden schmücken, seien weiterhin bewirtschaf-
tet, so ist dies planmäßige Arbeitsbeschaffung, um
einen Abbau von Beamten zu verhindern und die
Staatsbürger weiterhin nutzbringend zu beschäftigen.
Daß der Umgang mit Elektrogeräten auch im Gehirn
der Wirtschaftsplaner leicht Kurzschluß erzeugt, ist
bei so hochempfindlichen Und spannungsgeladenen
Gegenständen weiter kein Wunder.

Was ist ein Idealist? Ein Idealist ist, nach Meinung
der Bielefelder Spruchkammer, ein hoher SS-Führer,
der geglaubt hat, die Konzentrationslager unterschie-.
den sich von allen anderen Gemeinschaftslagern nur
durch eine etwas schlechtere Verpflegung.

Göttliche Zeitbestimmung. Der Wimpernschlag Gottes
ist bei modernen Dichtern ziemlich häufig als Zeit-
maß zum Beweis der Geringfügigkeit des mensch-
lichen Daseins verwendet. Die Angaben für seine
Dauer schwanken zwischen Sekundenbruchteilen und
Ewigkeiten, je nach dem Standpunkt, den der Poet
bezogen hat. Genaue Angaben kann Ihnen vielleicht
die Abteilung „Lyrik" des poetischen Berufsverbandes
mitteilen.

Verantuortltcher Leiter? Selbstverständlich! Der im
Rundfunkgesetz vorgesehene Radiointendant ist voll-
kommen unabhängig und nur seinem künstlerischen
und ethischen Gewissen verpflichtet! Er muß dieses
dazu nur nach den Wünschen, Vorschriften, Glaubens-
sätzen, Parteipolitiken und Staatsauffassungen eines
vielköpfigen Rundfunkrates ausrichten — dann steht
seiner freien Verantwortung wenig entgegen.

Croissant

VENEZIANISCHER LAUFBURSCHE

101
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Heinz Trökes spricht: (Aus einem Ausstellungskatalog)" "Venezianischer Laufbursche"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 3.1948, Nr. 9, S. 101.

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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