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WIE EINST VON ELBA

„Ich habe die Weltgeschichte studiert und überall verdächtige
Patallelen gefunden." Adolf Schickelgtubet

Man schrieb das Jahr 195 .. . Der Kongreß von Senf
am Senfer See hatte nach jahrelangem Verhandeln
zwischen Ost und West endlich so viel an Ver-
ständigung zuwege gebracht, daß sämtliche Alli-
ierte übereinkamen, ihre Besatzungstruppen von
Deutschland abzuziehen. Die Evakuierung der
deutschen Länder war im Sommer ohne irgend-
welche Zwischenfälle durchgeführt worden. Ledig-
lich in Berlin, der schließlich anerkannten Haupt-
stadt des Reiches, waren kleine Kontingente alli-
ierter Polizeimannschaften zum Schutze der noch
immer anwesenden Militärgouverneure, der Ab-
wicklungsbehörden sowie der Botschaften und
Konsulate verblieben ...

Da geschah das Unerwartete — oder Erwartete,
je nach dem, wie man's nimmt! Genau am 9. No-
vember 195..., um 5 Minuten nach 12 Uhr mittel-
europäischer Zeit, fuhr das Unterseeboot „Wotans-
furz" in den Hafen von Bremen ein! Die Hoch-
gesinnten jubelten. Sie hatten sich durch Captain
Michael A. Musmannos Veröffentlichungen über
die Vorgänge in der Reichskanzlei am 30. April
1945 nicht täuschen lassen. Ihr unerschütterlicher
Glaube hatte seine Belohnung gefunden! Eine
Stunde später weilte der Führer bereits in Buxte-
hude ...

Und nun überschlugen sich die Ereignisse ...
*

„Hannovevanische Presse", 10. November 195 . . .
„Der Usurpator hat sich getäuscht, wenn er meint,
daß nun, nach dem Abzug der Besatzungstruppen,
der Boden für eine Fortsetzung des Abenteuers
von 1933 reif sei. Das demokratische Deutschland
wird diesem Größenwahnsinnigen die gebührende
Antwort zu erteilen wissen! Alle Maßnahmen zu
.seiner Festnahme sind getroffen . . ."

Berliner „Tagesspiegel", 10. November 195 . . .
„General Clay hat soeben erklärt, daß er auf alle
Fälle in Berlin verbleiben werde . . ."

DEN.A, wenige Tage später: ... „Die hessische Land-
polizei unter dem Befehl von Baron Freiherrn
v. Klemmscheitel hält alle Zufahrtsstraßen nach
dem Süden besetzt, um jenem Häuflein Unbeson-
nener, das sich in der ersten Freude des Wieder-
sehens um den wildgewordenen Tapezierer scharte
und von ihm eine Wiederaufrichtung des Dritten
Reiches erhofft, ein Vordringen nach Bayern un-
möglich zu machen. — An allen entscheidenden
Punkten ist die rechtmäßige demokratische Regie-
rung Herrin der Lage .. ."

Radio Beromünster, am selben Abend: . . . „Der Welt-
sicherheitsrat trat heute zu einer außerordentlichen
Sitzung zusammen, um zu der neuen, durch die
Rückkehr Adolf Hitlers geschaffenen Lage Stellung
zu nehmen. Wie verlautet, sollen die Unruhen in
Nordwestdeutschland mit erschreckender Eile auf
weitere Länder der ehemaligen Trizona über-
greifen. In allen größeren Städten des Rheinlandes
wurde heute die Hakenkreuzflagge gehißt. Aus
Frankfurt, Karlsruhe und Stuttgart werden schwere
Straßenkämpfe gemeldet. Der Weltsicherheitsrat
vertagte sich auf Donnerstag, den 15. November, da
die stündlich einlaufenden Berichte zunächst einer
sorgfältigen Prüfung unterzogen werden müssen . . ."

„Süddeutsche Allgemeine", 18. November: „Der baye-
rische Landtag lehnte heute mit überwältigender
Mehrheit die Forderung der Sozialdemokraten auf

Als Eva noch im Paradiese,
das heißt in Paralyse war,
lag braun-gebrannt sie auf der Wiese
und brachte A. die Aepfel dar.

Die Zeit war schön — wenngleich auch knapp,

inzwischen ist der Appel ab.

Sie führte a) ein gutes Leben,
sie führte b) den A. auch ver
und führte c) ein Buch daneben.
Der Held desselben war DER HERR.

Und man erkennt mit stolzer Rührung

so Führerin wie Führers Führung.

In diesem Buche steht zu lesen,
wo er und wann er und warum
und wie er ganz privat gewesen.
Mit einem Worte: Es ist zum ...

„Mein braunes Buch" von Hermann Löns

das ist dagegen nur Gedöns.

sofortige Ergreifung von außergewöhnlichen Maß-
nahmen ab. Das Aufleben des Nationalsozialismus
in Nachbarländern stelle keine unmittelbare Ge-
fahr dar, erklärten die Fraktionsführer der stärk-
sten Partei. Bei keinem der Zusammenstöße inner-
halb Bayerns habe die Zahl der zu beklagenden
Todesopfer ein Maximum von 300 überstiegen
Das Gebot der Stunde sei nach wie vor: ORA ET
LABORAI Die Regierung ermahne die Bevölkerung,
sich nicht von Provokateuren oder bezahlten Agi-
tatoren zu Unbedachtsamkeiten hinreißen zu
lassen ...

Der Bayerische Gewerkschaftsbund wurde mit so-
fortiger Wirkung aufgelöst."

Radio München, am darauffolgenden Tage: „Die Be-
völkerung bewahrt überall vorbildliche Ruhe und
Besonnenheit. . ."

Aus einer Rundfunkansprache des bayerischen Mi-
nisterpräsidenten Dr. Ekkehard: ... „Sollte er es

Schmer unö öunhel ftehcn In öcr Meinen Staöt öle Häufer.
Ihre Tore ftnö gcfchloffcn, nur au» einzelnen Fcnftcrn fällt ein
Liclittchein in t>en Hof oöer auf öie Straße. Vor einem Hau»
brennt eine Laterne unö erleuchtet matt öie Straßenzcilc.
Im Hof öe» Haufce aber ftehcn ö'e Bäume roie Wächter. Sie
finö uom Alter hrumm unö hnorrig gerooröen; öenn fie ftchen
im Regen unö im Winö, metin öie Sonne Icheint unö rocim
öcr Schnee fällt.

Einige uon ihnen gehen nahe an Öae Hau» heran, öaß fic
hineinfehauen Können in öae nächtliche Zimmer.
'Wae (cht ihr?» rufen öie Bäume, Öie hinter ihnen ftehcn.
«Wir fehen öae milöe Geficht öer Mutter», raufchten 'öie
Bäum? ale An'reort. «Wenn unter Freunö Kommt, Öer Monö,
Können mir öcutlicher fehen *

Der Monö hielt fich noch hinter einer öichen Wolhe oerftecht,
»bei als öer Winö aufmachte, trieb er öie - Weihe f.»rt unö
nun ftanö fein runöre, gelbe» Geficht lächclnö am Himmel
unö auch er Konnte in öae* nächtliche Zimmer fchaucn
«Guter Monö», baten öie Bäume, «erzähle uns ucn öcr Frau,
öie an öer Wiege fint.»

Aber erft nach einer guten Weile fing öer Monö zu cr-
zählen an:

«Ich Kenne öie Frau, roie ich ihren Vater unö ihren Großuatcr
gebannt habe. Nahe am fdiön-n gro^cn lnnf'uß HeQt öer
Bauernhof, In öem fle aufgemachten Ift. Auf öer Wiefe uor
ihrem Haue, blühten im Frühling zuerft öie Anemonen. Wenn
ich abenö» über öao nahe, große Gebirge hcraufftirg unö hin»
leuchtete über Wielen unö Acher unö öie Dielen Obftgärten
fener Gcgenö, öann fchautr ich immer Doli Frcuöe auf öao
breite Schinöclöach ihres Haufe». Unter Öiefem Dach ging e»
Knechten unö Mägöen gut unö auch öie Tiere brauchten Keine
Not zu leiöen

Aber balö mar aus öem munteren Mäöchen, öae fleißig fchaffte
in Haue, unö Garten, eine Frau gemoröen.

Der Monö Ichroieg Die Fenfter öer umliegenöen Häufer rouröen
langfam alle blinö; öenn Öie Mcnfchcn legten fich fcblafcn
unö löfchten öae Licht au».

Nur öie Mutter an öer Wiege machte Immer noch bei ihrem
Kinö. »Guter Monö«, fingen öie Bäume mieöcr zu rautchen
an, »roa» fiehft öu |er>f in öer Stube? Wirb Öcr Kleine Aöolf
groß unö ftarh?«

»Sciö ohne Sorge«, lächelte öcr Monö, »er mlrö groß unö
ftarh.«

»Wae fiehft öu noch? Wae fiehft öu noch?« örängten öie
Bäume.-

»Warum feiö ihr fo ungeöulöig?« lagte öcr Monö unö er-
füllte tchmeigenb öen ganzen Hof mit feinem Glanz. Ein Licö
Klang in öie Nacht hinaue:

Hutlchcrlo heicrlo, mein Klnöerl fein,

hullala - hcl, Kinöerl fchlaf ein.

Der deutsche Mensch — noch niemals kritisch,
wenn wer wo im Intimen polkt,
man sah ihn demokra-politisch
von jeder Fortsetzung ver—folgt.

Woran man wieder sehen kann:

Ein echter „Druck" hält lange an!

Doch grade dies steht zur Debatte:

Ob echt, ob unecht, ob teils-teils,

ob Eva es geschrieben hatte

in jenen Tagen uns'rcs Heils.

Zum Bleistil schwört das Schwesterlein:
Dies Machwerk schrieb ein Lästerschwein!

Nun hat es ein Gericht verboten,
dieweil die Sippe es nicht glaubt
und außerdem von wegen Zoten
und sozusagen: überhaupt.

Enttäuscht sind nur die Wahrheitsspürer.

Beglückt die Nazis. — Heil mein Früh'rer!

Heinz Härtung

wirklich wagen, die Grenzen Bayerns zu über-
schreiten, so wird er sich vor einer Spruchkammer
zu verantworten haben . .."

*

Und am Wochenende erschien in München zum
erstenmal wieder der „Völkische Beobachter", — ge-
druckt in dem beschlagnahmten, seinen rechtmäßi-
gen Besitzern zurückgegebenen Gebäude der
„Neuen Zeitung", in der Schellingstraße, — mit der
triumphalen Ueberschrift: „DIE HAUPTSTADT
DER BEWEGUNG BEGRÜSST NACH LANG-
JÄHRIGER ABWESENHEIT DEN FÜHRER"--

„EIN EINZIGER AUFSCHREI AUS HUNDERT-
TAUSEND KEHLEN: FÜHRER BEFIEHL — WIR
LAUFEN WIEDER MIT...I"
*

Das Konzentrationslager Dachau wurde am näch-
sten Morgen seiner früheren Bestimmung wieder
zugeführt. Walter F. Kloeck

Die Bäume hielten fleh ganz Hill. Sclbft öer Winö hatte fleh
in eine Hauecche gcörücht unö magte fich nicht mehr heroor.
Dae Herz öer Mutter hatte öenfelben Wunfeh roie öie Bäume
Draußen in öer Nacht.

Wenn er nur groß unö ftarh roirö, ihr Sohn. Noch if) er hlein
unö zart, aber fchuell gehen öie Jahre hin, öann roirö er ein
Knabe fein unö roirö eil Mann roeröen.

Gertern rorr öie Nachbarin herübergehommen unö hatte eine
Weile an öcr Wiege öee Kleinen Aöolf geftanöcn unö hatte
ihn berounöert. Plößlich aber roa ihr Gcficbt fremö gerooröen
unö Ihl müöer Munö hatte Worte gefprodicn, Öie roie eine
Verheißung Klangen:

»Dein Sohn roirö Großee erleben, Millionen Mcnfchcn roirö
er führen. Ei roirö einen großen, rociten Weg gehen unö roirö
leuchten roie ein Stern.«

Die Mutter aber hatte abroehrenö öie Hänöc gehoben.
»Wir roollen nicht», ale oaß unfer Bub ein braoer Mcnlch
roirö«, hatte fic gefagt unö öae Kinö aue öcr Wiege gcnom-
men unö an ihr Herz geörüdu. Schon roar öie alte Frau ge-
gangen ...

Wieder gleichberechtigt

Es ist soweit: Deutschland „darf" wieder — näm-
lich auf die internationale Bühne treten und 1949
nach Paris kommen, in die Stadt internationaler und
sonstiger UN-artiger Tagungen und neben den an-
deren Völkern wieder von ganz links über das rund-
liche Zentrum hinüber bis nach ganz rechts vollwer-
tig angesehen werden. Freudig und mit Befriedi-
gung können wir feststellen, daß zum ersten Male
der Bann gebrochen wird, der Deutschland von allen
internationalen Zusammenkünften ausgeschlossen
hat, daß Deutschland nicht mehr Spielball zu sein
braucht bei ungleichseitigen Viererkonkurrenzen,
sondern selber ein Gewicht in die Waagschale zu
werfen hat und selber mit einem Maß gemessen
wird, das auch an alle übrigen gelegt wird. Mit
einem Wort: Deutschland wird international ernst
genommen und man kann mit einiger Sicherheit vor-
aussagen, daß es auch in den nächsten Jahren aus
gleichem Anlaß mindestens einmal jährlich weiter-
hin international ernst genommen wird.
Wer für Deutschland nach Paris fahren wird, ist
noch nicht entschieden. Wie im Altertum sieben
griechische Städte um die Ehre stritten, Geburtsort
Homers zu sein, so streiten jetzt 22 deutsche
Städte um die Ehre, Deutschland in Paris vertreten
zu dürfen. Die deutsche Repräsentation wird natür-
lich Uniformen und sonstige zerschlissene Ehren-
kleider von den nackten mageren Schultern werfen

— sie wird Blickpunkte und Angriffsflächen bieten

— sie wird auf vorsichtiges Abtasten nicht süß-
sauer reagieren dürfen — sie wird sich ihrer Haut
wehren müssen, und zwar ihrer gesamtdeutschen
Haut, denn die russische Zone wird für dieses eine
Mal lächelnd vor den eisernen Vorhang treten und
sich sogar offenherzig bloßstellen. . .

Im Januar 1949 schon werden wir aber ganz genau
wissen, wer für Deutschland nach Paris geht. Von
den 22 Städten wird eine jede ihre lokale Repräsen-
tation nach München schicken, wo die schönste
Deutsche zur Miß Germany gewählt wird, die in
Paris dann im Reigen europäischer Schönheitsköni-
ginnen die Chance hat, als Miß Europa die ersten
diplomatischen Nachkriegserfolge für Deutschland
nach Hause zu bringen — und zu beweisen, daß
Frauen doch bessere Diplomaten sind. Kuppel

DAS TAGEBUCH

DAS JUGENDRIEDNiS DES FÜHRERS

Bildet und Geschichten aus der Kindheit und ]ugend des Führers — Von Berta Moser
Wortwörtlich erschienen im C. C. Büchners Verlag Bamberg 1934

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