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Simpl-Leser! Mitbürger! Alt- und Neubürger!
Schild- und Spießbürger! Schaut her, schaut hin,
schaut um euch! Die Welt ist vernagelt!
Mit Zollmauern, Schutzwällen, Zonen- und Län-
dergrenzen, Demarkationslinien, Interessensphären,
Eisernen Vorhängen und wie all diese Bretter
sonst noch heißen, die von Holz-Köpfen errichtet
wurden.

Innerhalb dieser Zäune ist jedermann König.
Zaunkönig sozusagen. Und diejenigen, die draußen
stehen, sind demnach Zaun-Gäste. Sie dürfen ab
und an zum Nachbarn hinüberschauen und lachen
oder schimpfen. Eine hohle Geste, gewiß. Aber
immerhin: Es sind Gäste.

Wir Deutschen sind viel weniger Obwohl wir
viel mehr sind. Wir sind nämlich Astlochgucker
und Ritzen-Horcher.

Durch das kleine Guckloch, das man uns ließ,
sollen wir uns ein Bild machen, müssen wir einen
Uberblick gewinnen, dürfen wir uns ein Urteil
bilden.

Da stehn wir nun. Hier und dort blitzt ein Licht
auf (Victor Gollancz?) — huscht ein Schatten vor-
bei (Charles de Gaulle?) — poltert was (Wy-
schinski?) — klirrt ein Säbel (Montgomery?) ...
Ist das die Welt? Betrifft dies uns? Es reicht
nicht ganz, das Astloch. Wir sehen zwangsläufig
nur mit einem Auge. Unsere Bereitwilligkeit, so-
wieso ein Auge zuzudrücken, sollte nicht als Kurz-
sichtigkeit ausgelegt werden. Wir merken alles —
fast alles. Trotzdem sollte man uns ausführlicher
informieren. (Wegen der Umerziehung!)
Sagte doch neulich tatsächlich einer: „Europas
Verteidigungslinie liegt am Rhein!" Kein Wort
weiter! (Wir nennen grundsätzlich keine Namen.)
Also: Europa, Verteidigung, Rhein. Hörten wir
richtig? Ist Deutschland schon Asien? Abgeschrie-
ben, Niemandsland? Lag nicht die Grenze des
Kontinents einst am Ural? — Schön, mag sie rück-
verlegt sein. Zur Wolga vielleicht; zur Weichsel
womöglich; zur Oder-Neiße-Linie in Gottes-
Namen. Aber am Rhein? Und dafür sollen wir
am Ende mitkämpfen? Für ein Europa jenseits

des Rheins? Nicht doch, Freunde, da müssen wir
falsch gehört haben. Denn wenn der Rhein
Europas Grenze sein soll, ist die Themse die
Grenze Indiens und der Missouri der Ostwall
Chinas. Aber das würde zur Lösung der Konflikte
wohl auch nichts beitragen.

Teilt uns weiters die werte Lizenzpresse mit, der
Weltpostverein habe die deutsche Sprache aus sei-
nem Mitteilungsblatt verbannt. Dafür aber das
Arabische aufgenommen. Nichts gegen die Araber,
Brüder und Schwestern. Aber war nicht einstens
Heinrich von Stephan Gründer jenes Vereins, und
werden nicht auch Schweizer und Österreicher von
dieser Entscheidung betroffen, die drei Jahre nach
Kriegsende reichlich antiquiert anmutet?
Man könnte sagen: Sie sollen uns doch... (wie
die Briefmarken!) Aber wir möchten doch gern
wissen, wieso? Warum? Weshalb? Selbst die

neueste aller Zeitungen brachte diese Meldung
kommentarlos; und hätte es doch gerade am
leichtesten, sie — wenn schon nicht zu kritisieren
— so doch wenigstens zu begründen oder zu er-
läutern. Denn s i e sitzt am hohen Ausguck mit
Blick in die Weite.

Nun, vielleicht haben wir's übersehen. Denn, wie
gesagt, wir sind etwas beschränkt. Wir stehn nur
am Astloch der Welt. Aber wir wollen es nicht
sein! — Können Sie das verstehen?
(Natürlich nicht. Denn wir sprachen ja deutsch,
und das hat der Weltpostverein verboten.)
Wie sagten wir eingangs? Die Welt ist vernagelt.
W i r haben, ja alle haben Bretter vor den
Köpfen. Bretter, die man verheizen sollte. Laßt
uns endlich eine weltumspannende Einheiz-Partei
gründen! Keine mit Hammer und Sichel — aber
eine mit common und „sense". In diesem Sinne!

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der grosse Coup" "Schuhe nach Mass"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schäfer, Wolfgang
Nückel, Otto
Kriesch, Rudolf
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 3.1948, Nr. 24, S. 279.

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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