PHYSIKALISCHER ZEITVERTREIB
DEUTSCHE NACHKRIEGS-POLITIK
Die deutsche Politik der Nachkriegszelt Ist, gemessen an ihrem Niederschlag in öffentlichen
Publikationen, ein Anagramm, wie es der gewiegteste Schriftsteller der alten Lateiner nicht
schwieriger ausdenken konnte. Die Historiker der Zukunft werden Ihre liebe Not damit
haben, die Geschehnisse der Gegenwart auf ihre wahren Hintergründe zu deuten. Um so ver-
dienstvoller sind die Bemühungen eines schon zu seinen Lebzeiten vergessenen gegenwärtigen
Geschichtsforschers. Ihm ist in mühevoller Kleinarbeit die Darstellung wenigstens eines der
Kapitel der deutschen Nachkriegspolitik in ihrem wahren Sachverhalt gelungen. Die Redaktion
hat dem richtigen Ablauf der Dinge den Widerhall in der Öffentlichkeit gegenübergestellt.
OFFIZIELL,
„Wir sind uns einig in der Ablehnung der alten Reichs-
parteien, die zum Untergang der Weimarer Republik
geführt haben. Niemand in unserer jungen Partei er-
wartet die Wiedererweckung der alten Form." (Partei-
programm)
„In einer herzlichen Aussprache gab der Landesvor-
sitzende gegenüber dem Präsidenten der Schwesterpar-
teien der britischen Zone der Bereitwilligkeit zur Zu-
sammenarbeit in Bonn Ausdruck. Der Präsident ver-
sicherte die Würdigung dieses Entschlusses." (Presse-
meldung)
„Pressemeldungen, denen zufolge es zu Spannungen
zwischen dem Landesvorsitzenden und Minister H ge-
kommen sei, sind frei erfunden und stellen den Ver-
such gewisser Elemente dar, die wertvolle politische
Aufbauarbeit der demokratischen Parteien zu stören."
(Rundfunksendung „Tribüne der Parteien")
„Weil sie also mit den naturrechtbedingten Forderungen
der Bevölkerung unseres Landes unvereinbar ist. leh-
nen wir die zentralistische Bonner Verfassung ab. Wir
reflektieren nicht auf Ministerposten des künftigen
Bundesstaates, wie dies Parteivorstand M verräterischer-
weise tut." (Vorsitzender der . . . partei auf einer Mas-
senkundgebung)
„Zu den vom Vorsitzenden der . . . partei gegen den
Landesvorsitzenden der Gegenpartei erhobenen Vor-
würfen nahm dieser keine Stellung. Niemand, betonte
M, könne angesichts der nur dem Volkswohl dienen-
den Parteiarbeit diese Äußerungen ernst nehmen."
(Agenturmeldung)
„Es ist ein infamer Schwindel, der Unterredung zwi-
schen Herrn B und mir hochpolitischen Charakter unter-
schieben zu wollen. Es ist höchste Zeit, daß durch eine
vernünftige Pressegesetzgebung diesen üblen Brunnen-
vergiftern endlich das Handwerk gelegt wird. Die Zu-
sammenkunft drehte sich keineswegs um eine politische
Front gegen Bonn. Sie war rein privater Natur und er-
klärt sich aus dem gemeinsamen Interesse Herrn B's
und mir an der Kleintierhaltung." (Interview)
„Angesichts der Entwicklung der Bonner Verfassung
könne eine zustimmende Haltung seiner Partei nicht
länger vertreten werden, erklärte Landesvorsitzender
M." (Pressemeldung)
„Alle Prognosen, die der Partei Spaltungstendenzen
unterschoben, sind gescheitert. Unsere Partei ist einiger
denn je." (Kommunique zur Landesversammlung)
„Wer sich hinter die jede nüchterne Realität entbehren-
den separatistischen Tendenzen des Herrn B und seiner
Partei stellt, hat das Recht verwirkt, fortan ein Deut-
scher genannt zu werden!" (Mitgliederversammlung)
„Zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Landes-
vorsitzenden der Regierungspartei fand gestern eine
Unterredung statt." (Agenturmeldung)
„Im Prozeß des Landesvorsitzenden M gegen Straßen-
kehrer Schulze wurde letzterer wegen böswilliger Ver-
leumdung verurteilt. Schulze hatte öffentlich von einer
nazistischen Betätigung des Parteiführers gesprochen."
(Pressenotiz)
„Die Besprechungen zwischen dem Ministerpräsidenten
und den führenden Persönlichkeiten der Regierungs-
partei erbrachten eine völlige Übereinstimmung in
allen schwebenden politischen Problemen. Unsere Re-
gierung kann in ihrer Regierungspartei auf eine fest-
gefügte Grundlage bauen." (Parteiorgan der Regierungs-
partei)
INOFFIZIELL
Minister H will seinen Parteiführer M abschießen, weil
dieser durch seine Politik die Wiedererrichtung der Par-
tei in vornazistischer Form verhindert, an der H per-
sönlich stark interessiert ist.
Parteijührer M, der den mittleren Flügel seiner Partei
repräsentiert, sucht als Gegengewicht gegen den rechten
Flügel des Ministers H Unterstützung außerhalb seines
Landes und befürwortet daher die Arbeit des Parla-
mentarischen Rates in Bonn.
Inzwischen hat nach ausdauerndem Wühlen ein Ver-
treter des linken Flügels der Partei belastendes Material
gegen den Führer des rechten Flügels, Minister H, ge-
funden. Durch geschickte Manöver bekommt es Partei-
führer M in die Hände.
Minister H hat sich mittlerweile mit Parteiführer B,
der den linken Flügel der von ihm geleiteten Rechts-
partei verkörpert, verständigt, um die Front gegen
Parteiführer M zu erweitern. B lehnt deshalb, durch
die Aussicht auf einen ertragreichen Landesminister -
Posten gelockt, die Bonner Verfassungsarbeit ab.
Um den linksgeflügelten Parteiführer B zu erledigen
und damit seinen Parteifreund H empfindlich zu treffen,
beabsichtigt Parteiführer M Beleidigungsklage gegen B
zu erheben, der ihn in einer Rede persönlich angegriffen
hat.
Durch diskrete Zwischenträger erfährt B von dieser
Absicht M's.
Ein glücklicher Zufall fügt, daß es dem Führer des rech-
ten Flügels einer Linkspartei nach mühevoller Klein-
arbeit eben geglückt ist, endlich Belastungsmaterial
gegen M entdeckt zu haben. Dies übergibt er gegen
die Zusicherung, im Falle des Regierungsantritts der
Rechtspartei seinen Ministerstuhl reserviert zu erhalten,
deren Führer B.
Dieser tuinkt mit dem Zaunpfahl, worauf M seine Be-
leidigungsklage gegen B zurückzieht und nun auch
seinerseits zur Stärkung seiner Position Bonn ablehnt.
H versucht nun auf einem Parteitag M zu stürzen. Der
anwesende Ministerpräsident kann es erfolgreich ver-
hindern.
Wutentbrannt liiert sich nun M mit seinem Gegner vom
rechten Flügel der Linkspartei, um H etiuas am Zeug zu
flicken. Dazu macht man zunächst gegen den Partei-
führer B Front und erkennt Bonn wieder an.
B aber hat Inzwischen Belastungsmatertal gegen den
Ministerpräsidenten entdeckt und zwingt ihn damit,
M In seinen Bestrebungen niederzuhalten.
Der rechte Linke verbündet sich nun mit H, um M kalt-
zustellen. Er kann aber von seinem Belastungsmatertal
gegen M keinen Gebrauch machen, well M Immer noch
Im Besitze des Belastungsmaterials gegen H ist.
Daraufhin nimmt M Fühlung mit dem Ministerpräsi-
denten und mit Minister H, um mit einigen Konzes-
sionen eine vorläufige Einigung herbeizuführen. Um
Parteiführer B ebenfalls vorübergehend zum Schwelgen
zu bringen, lehnt man gemeinsam Bonn ab. Es herrscht
der Zustand eines sogenannten Burgfriedens. —m—
DIE ÄUSSERUNG
Wenn der Mensch außer sich ist, dann tut er
eine Äußerung. Wenn diese aus ihm heraus ist,
ist der Mensch entweder immer noch außer sich,
oder nicht mehr so ganz außer sich, oder gar
nicht mehr außer sich. Eine andere Möglichkeit
gibt es nicht.
Eine Äußerung wird entweder richtig, nicht ganz
richtig oder falsch aufgefaßt. Eine andere Mög-
lichkeit gibt es auch da nicht.
Stammt die Äußerung von einem Staatsmann,
so ist sie eine Offenbarung, stammt sie von
einem Steuerzahler, so ist sie eine Unverschämt-
heit.
Sucht man eine bestimmte Äußerung, so findet
man sie in den Akten wieder. Je nachdem, wo
sich die Akten befinden, ist das Verhängnis mehr
oder minder groß. Mitunter folgt eine öffentliche
1T?rhandlung, oft findet auch das Begräbnis im
kleinen Kreise statt.
Zuerst ist immer der Bart ab, dann erst der Kopf.
Das ist eine logische Reihenfolge.
Es kann auch vorkommen, daß es niemand gewe-
sen ist. Dann handelt es sich um eine Äußerung,
die niemals geäußert wurde, was sich darin
äußert, daß sich jedermann äußert, irgendwer
müsse sich doch geäußert haben. Eine andere
Möglichkeit gibt es nicht.
Es gibt auch Dinge, über die man sich besser
nicht äußert: Demontage, Ruhrstatut, Sicherheits-
amt, nationale Dauerwelle. Denn jede Äuße-
rung darüber ruft Äußerungen des Unwillens
hervor, die bei der Gegenseite äußerste Äuße-
rungen des Unwillens hervorrufen, die wieder
mit alleräußersten Äußerungen des Unwillens
beantwortet werden, bis schließlich gar nichts
mehr geäußert werden darf.
Die äußerste Äußerung, die also getan werden
darf, ist zu äußern, daß man künftig gar nichts
mehr äußert. Eine andere Möglichkeit gibt es
nicht.
Was man besser nicht äußert. So ist das nun mit
den Äußerungen! G. W. Borth
DER SONG VOM D ZIG
Z« singen, wenn man aus der Gefangenschaft
heimkehrt und von Stuttgart nach Frankfurt
gefahren ist!
Ich werde nie mehr mit dem D-Zug fahren,
Denn was man dort so sieht und hört — du lieber
Gott......
Am Hals Brillanten, Brillantine in den Haaren
Und Schwätzereien über Politik und Hot.
Schweinslederkoffer, pralle Aktentaschen,
Eau de Cologne, Philip Morris, Rouge Baiser
Und Nylon-Strümpfe, Igelit-Gamaschen — —
Kurzum, die Super-Gala-Show der Haute Volee.
Man diskutiert den Schwarzmarktpreis der Schweine
Und schwärmt von Studebaker und von Ford.
Ein Mädchen zeigt mit Raffinesse ihre Beine;
Sic liest Romain Rolland, und sie versteht kein Wort.
Ihr gegenüber sitzt ein eklig-feister
Geschäftemacher. Jeder spürt, wie geil er ist.
Im Kriege war er sicher Stabszahlmeister ....
(Ich seh' das an der Art, wie er sein Speckbrot frißt.)
Die weitren Verse möcht' ich mir ersparen,
Weil das zu sehr an meinen schwachen Nerven zerrt.
Ich werde nie mehr mit dem D-Zug fahren,
Sonst werd' ich noch mal wegen Totschlag einge-
sperrt. Rudolf Ernst
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DEUTSCHE NACHKRIEGS-POLITIK
Die deutsche Politik der Nachkriegszelt Ist, gemessen an ihrem Niederschlag in öffentlichen
Publikationen, ein Anagramm, wie es der gewiegteste Schriftsteller der alten Lateiner nicht
schwieriger ausdenken konnte. Die Historiker der Zukunft werden Ihre liebe Not damit
haben, die Geschehnisse der Gegenwart auf ihre wahren Hintergründe zu deuten. Um so ver-
dienstvoller sind die Bemühungen eines schon zu seinen Lebzeiten vergessenen gegenwärtigen
Geschichtsforschers. Ihm ist in mühevoller Kleinarbeit die Darstellung wenigstens eines der
Kapitel der deutschen Nachkriegspolitik in ihrem wahren Sachverhalt gelungen. Die Redaktion
hat dem richtigen Ablauf der Dinge den Widerhall in der Öffentlichkeit gegenübergestellt.
OFFIZIELL,
„Wir sind uns einig in der Ablehnung der alten Reichs-
parteien, die zum Untergang der Weimarer Republik
geführt haben. Niemand in unserer jungen Partei er-
wartet die Wiedererweckung der alten Form." (Partei-
programm)
„In einer herzlichen Aussprache gab der Landesvor-
sitzende gegenüber dem Präsidenten der Schwesterpar-
teien der britischen Zone der Bereitwilligkeit zur Zu-
sammenarbeit in Bonn Ausdruck. Der Präsident ver-
sicherte die Würdigung dieses Entschlusses." (Presse-
meldung)
„Pressemeldungen, denen zufolge es zu Spannungen
zwischen dem Landesvorsitzenden und Minister H ge-
kommen sei, sind frei erfunden und stellen den Ver-
such gewisser Elemente dar, die wertvolle politische
Aufbauarbeit der demokratischen Parteien zu stören."
(Rundfunksendung „Tribüne der Parteien")
„Weil sie also mit den naturrechtbedingten Forderungen
der Bevölkerung unseres Landes unvereinbar ist. leh-
nen wir die zentralistische Bonner Verfassung ab. Wir
reflektieren nicht auf Ministerposten des künftigen
Bundesstaates, wie dies Parteivorstand M verräterischer-
weise tut." (Vorsitzender der . . . partei auf einer Mas-
senkundgebung)
„Zu den vom Vorsitzenden der . . . partei gegen den
Landesvorsitzenden der Gegenpartei erhobenen Vor-
würfen nahm dieser keine Stellung. Niemand, betonte
M, könne angesichts der nur dem Volkswohl dienen-
den Parteiarbeit diese Äußerungen ernst nehmen."
(Agenturmeldung)
„Es ist ein infamer Schwindel, der Unterredung zwi-
schen Herrn B und mir hochpolitischen Charakter unter-
schieben zu wollen. Es ist höchste Zeit, daß durch eine
vernünftige Pressegesetzgebung diesen üblen Brunnen-
vergiftern endlich das Handwerk gelegt wird. Die Zu-
sammenkunft drehte sich keineswegs um eine politische
Front gegen Bonn. Sie war rein privater Natur und er-
klärt sich aus dem gemeinsamen Interesse Herrn B's
und mir an der Kleintierhaltung." (Interview)
„Angesichts der Entwicklung der Bonner Verfassung
könne eine zustimmende Haltung seiner Partei nicht
länger vertreten werden, erklärte Landesvorsitzender
M." (Pressemeldung)
„Alle Prognosen, die der Partei Spaltungstendenzen
unterschoben, sind gescheitert. Unsere Partei ist einiger
denn je." (Kommunique zur Landesversammlung)
„Wer sich hinter die jede nüchterne Realität entbehren-
den separatistischen Tendenzen des Herrn B und seiner
Partei stellt, hat das Recht verwirkt, fortan ein Deut-
scher genannt zu werden!" (Mitgliederversammlung)
„Zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Landes-
vorsitzenden der Regierungspartei fand gestern eine
Unterredung statt." (Agenturmeldung)
„Im Prozeß des Landesvorsitzenden M gegen Straßen-
kehrer Schulze wurde letzterer wegen böswilliger Ver-
leumdung verurteilt. Schulze hatte öffentlich von einer
nazistischen Betätigung des Parteiführers gesprochen."
(Pressenotiz)
„Die Besprechungen zwischen dem Ministerpräsidenten
und den führenden Persönlichkeiten der Regierungs-
partei erbrachten eine völlige Übereinstimmung in
allen schwebenden politischen Problemen. Unsere Re-
gierung kann in ihrer Regierungspartei auf eine fest-
gefügte Grundlage bauen." (Parteiorgan der Regierungs-
partei)
INOFFIZIELL
Minister H will seinen Parteiführer M abschießen, weil
dieser durch seine Politik die Wiedererrichtung der Par-
tei in vornazistischer Form verhindert, an der H per-
sönlich stark interessiert ist.
Parteijührer M, der den mittleren Flügel seiner Partei
repräsentiert, sucht als Gegengewicht gegen den rechten
Flügel des Ministers H Unterstützung außerhalb seines
Landes und befürwortet daher die Arbeit des Parla-
mentarischen Rates in Bonn.
Inzwischen hat nach ausdauerndem Wühlen ein Ver-
treter des linken Flügels der Partei belastendes Material
gegen den Führer des rechten Flügels, Minister H, ge-
funden. Durch geschickte Manöver bekommt es Partei-
führer M in die Hände.
Minister H hat sich mittlerweile mit Parteiführer B,
der den linken Flügel der von ihm geleiteten Rechts-
partei verkörpert, verständigt, um die Front gegen
Parteiführer M zu erweitern. B lehnt deshalb, durch
die Aussicht auf einen ertragreichen Landesminister -
Posten gelockt, die Bonner Verfassungsarbeit ab.
Um den linksgeflügelten Parteiführer B zu erledigen
und damit seinen Parteifreund H empfindlich zu treffen,
beabsichtigt Parteiführer M Beleidigungsklage gegen B
zu erheben, der ihn in einer Rede persönlich angegriffen
hat.
Durch diskrete Zwischenträger erfährt B von dieser
Absicht M's.
Ein glücklicher Zufall fügt, daß es dem Führer des rech-
ten Flügels einer Linkspartei nach mühevoller Klein-
arbeit eben geglückt ist, endlich Belastungsmaterial
gegen M entdeckt zu haben. Dies übergibt er gegen
die Zusicherung, im Falle des Regierungsantritts der
Rechtspartei seinen Ministerstuhl reserviert zu erhalten,
deren Führer B.
Dieser tuinkt mit dem Zaunpfahl, worauf M seine Be-
leidigungsklage gegen B zurückzieht und nun auch
seinerseits zur Stärkung seiner Position Bonn ablehnt.
H versucht nun auf einem Parteitag M zu stürzen. Der
anwesende Ministerpräsident kann es erfolgreich ver-
hindern.
Wutentbrannt liiert sich nun M mit seinem Gegner vom
rechten Flügel der Linkspartei, um H etiuas am Zeug zu
flicken. Dazu macht man zunächst gegen den Partei-
führer B Front und erkennt Bonn wieder an.
B aber hat Inzwischen Belastungsmatertal gegen den
Ministerpräsidenten entdeckt und zwingt ihn damit,
M In seinen Bestrebungen niederzuhalten.
Der rechte Linke verbündet sich nun mit H, um M kalt-
zustellen. Er kann aber von seinem Belastungsmatertal
gegen M keinen Gebrauch machen, well M Immer noch
Im Besitze des Belastungsmaterials gegen H ist.
Daraufhin nimmt M Fühlung mit dem Ministerpräsi-
denten und mit Minister H, um mit einigen Konzes-
sionen eine vorläufige Einigung herbeizuführen. Um
Parteiführer B ebenfalls vorübergehend zum Schwelgen
zu bringen, lehnt man gemeinsam Bonn ab. Es herrscht
der Zustand eines sogenannten Burgfriedens. —m—
DIE ÄUSSERUNG
Wenn der Mensch außer sich ist, dann tut er
eine Äußerung. Wenn diese aus ihm heraus ist,
ist der Mensch entweder immer noch außer sich,
oder nicht mehr so ganz außer sich, oder gar
nicht mehr außer sich. Eine andere Möglichkeit
gibt es nicht.
Eine Äußerung wird entweder richtig, nicht ganz
richtig oder falsch aufgefaßt. Eine andere Mög-
lichkeit gibt es auch da nicht.
Stammt die Äußerung von einem Staatsmann,
so ist sie eine Offenbarung, stammt sie von
einem Steuerzahler, so ist sie eine Unverschämt-
heit.
Sucht man eine bestimmte Äußerung, so findet
man sie in den Akten wieder. Je nachdem, wo
sich die Akten befinden, ist das Verhängnis mehr
oder minder groß. Mitunter folgt eine öffentliche
1T?rhandlung, oft findet auch das Begräbnis im
kleinen Kreise statt.
Zuerst ist immer der Bart ab, dann erst der Kopf.
Das ist eine logische Reihenfolge.
Es kann auch vorkommen, daß es niemand gewe-
sen ist. Dann handelt es sich um eine Äußerung,
die niemals geäußert wurde, was sich darin
äußert, daß sich jedermann äußert, irgendwer
müsse sich doch geäußert haben. Eine andere
Möglichkeit gibt es nicht.
Es gibt auch Dinge, über die man sich besser
nicht äußert: Demontage, Ruhrstatut, Sicherheits-
amt, nationale Dauerwelle. Denn jede Äuße-
rung darüber ruft Äußerungen des Unwillens
hervor, die bei der Gegenseite äußerste Äuße-
rungen des Unwillens hervorrufen, die wieder
mit alleräußersten Äußerungen des Unwillens
beantwortet werden, bis schließlich gar nichts
mehr geäußert werden darf.
Die äußerste Äußerung, die also getan werden
darf, ist zu äußern, daß man künftig gar nichts
mehr äußert. Eine andere Möglichkeit gibt es
nicht.
Was man besser nicht äußert. So ist das nun mit
den Äußerungen! G. W. Borth
DER SONG VOM D ZIG
Z« singen, wenn man aus der Gefangenschaft
heimkehrt und von Stuttgart nach Frankfurt
gefahren ist!
Ich werde nie mehr mit dem D-Zug fahren,
Denn was man dort so sieht und hört — du lieber
Gott......
Am Hals Brillanten, Brillantine in den Haaren
Und Schwätzereien über Politik und Hot.
Schweinslederkoffer, pralle Aktentaschen,
Eau de Cologne, Philip Morris, Rouge Baiser
Und Nylon-Strümpfe, Igelit-Gamaschen — —
Kurzum, die Super-Gala-Show der Haute Volee.
Man diskutiert den Schwarzmarktpreis der Schweine
Und schwärmt von Studebaker und von Ford.
Ein Mädchen zeigt mit Raffinesse ihre Beine;
Sic liest Romain Rolland, und sie versteht kein Wort.
Ihr gegenüber sitzt ein eklig-feister
Geschäftemacher. Jeder spürt, wie geil er ist.
Im Kriege war er sicher Stabszahlmeister ....
(Ich seh' das an der Art, wie er sein Speckbrot frißt.)
Die weitren Verse möcht' ich mir ersparen,
Weil das zu sehr an meinen schwachen Nerven zerrt.
Ich werde nie mehr mit dem D-Zug fahren,
Sonst werd' ich noch mal wegen Totschlag einge-
sperrt. Rudolf Ernst
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Physikalischer Zeitvertreib"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
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Ausstellung
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Thema/Bildinhalt
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Literaturangabe
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Künstler/Urheber (GND)
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Der Simpl, 4.1949, Nr. 5, S. 58.
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Universitätsbibliothek Heidelberg