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RATSCHLÄGE FÜR AUSLÄNDER IN BAYERN

Wanderer, der du kommst nach Bayern, verkünde,
du habest es darniederliegen sehen, wie die Gesetze
Nr. 1—6969 es befahlen.

Wo deine Wiege auch immer gestanden haben
mag, in den Augen der Großen dieses Landes —
und es hat deren viel zu viele — hat sie immer
falsch gestanden.

Sei des Lobes voll, denn alles hierzulande ist
schön, groß, gut und edel. Jedenfalls in den Augen
seiner Regierung.

Sieh dir zu München unbedingt das bayerische
Kultusministerium am Salvatorplatz an. Geh auch
ruhig einmal hinein. Und danke dann dem Him-
mel, daß es für dich und deine Kinder nicht zu-
ständig ist.

Besuche die Theater und besuche den Landtag.
Dann wird es dir klar sein, warum die Theater
auf die Dauer diese Konkurrenz nicht durchhalten
können.

Uber Landtage nichts, wenn nichts gutes. Also
nichts.

Falls Sie in München vom Hauptbahnhof zum
Karlsplatz gehen wollen und Sie erkundigen sich
nach dem Weg, dann kann es passieren, daß Sie
folgende Auskunft erhalten-- „Bezugnehmend auf
Ihre Anfrage wäre zu sagen, daß bei der Wahl
der Wege in Erwägung gezogen werden sollte,
daß aus staatspolitischen Gründen sowohl der eine
wie der andere Weg ratsam sein könnte, welcher
Weg aber letztlich zu begehen sei, müßte erst reif-
lich erwogen werden, so daß eine Entscheidung
über diese Frage erst nach Prüfung neuen Mate-
rials möglich sein würde mögen dürfte sollte
könnte hätte." — In diesem Falle können Sie sich

glücklich preisen. Sie hatten ein Interview mit
dem Ministerpräsidenten.

Die Schimpfworte des Landes haben sich seit Lud-
wig Thoma grundlegend geändert. Todfeinde be-
zeichnet man neuerdings hochmodern als Zen-
tralisten. Dieser Fluch ist hierzulande um so fürch-
terlicher, als kein Mensch weiß, was das bedeutet.
Recht beliebt ist noch der gute alte Saupreuß, dar-
unter versteht man alle Bewohner zwischen Main
und Nordpol einerseits, sowie Alpen und Südpol
andererseits.

Es gibt auch Flüchtlinge. Die Flüchtlinge heißen
Flüchtlinge, weil man sich mit ihnen nur ganz
flüchtig befaßt.

Na — und Laster gibt es hierzulande. So ist es
bereits Stadtgespräch, daß Münchens zweiter Bür-
germeister ständig badet.

Wenn du Bayern gesehen hast und von Herzen
genossen, dann bittet dich die Regierung, nicht zu
vergessen, wie schön es war. Und es bittet dich
die Bayernpartei, nicht zu vergessen, abzureisen.
Denn deinen Eingang segnet Gott, deinen Aus-
gang aber Herr Dr. Fischbacher. G. W. Borth

O. Nückel

DER WELTBÜRGER

Von Watter Kolbenhoff

Ein Pfeil an einem bunten Buchgeschäfte

im Straßendickicht kultivierter Herden:

„Hier die Gelegenheit ein neuer Mensch zu werden,

vereinigt, Bürger, die globalen Kräftel"

Er ging hinein, man gab Ihm eine Karte,
die war sehr neu und grün und von Papier.
Er sagte: .Streicht den falschen Namen hier,
Ich heiß nicht Frldericus Bonaparte."

Sie standen schweigend beieinander
und schrieben zögernd eine neue Karte.
Als er beklommen lächelnd darauf starrte,
las er erschreckend: Cäsar Alexander.

ERKENNE DICH SELEST

Wollen Sie über Ihren Chai akter, Ihre Chancen
im Leben und Ihre Wirkung auf Ihre Mitmenschen
Bescheid wissen, können Sie ehrlich mit sich sein?
Dann beantworten Sie anschließende Fragen auf
einem Zettel mit gesch'ossenen Augen mit „ja"
oder „nein" Simpl-Test hilft Ihnen zur Selbster-
kenntnis Denken Sie nidit: „Ach schon wieder ein
Fiagebogenl", nein, diesmal geh' s nicht um Ihre
(politische) Vergangenheit, sondern um Ihre
(geistig hoffnungslose) Zukunft. Wir folgen damit
dem Beispiel sämtlicher deutscher Zeitschriften
und ihrer ausländischen Vorbilder und wünschen
Ihrem Versuch recht gutes Gelingenl

Frage

1 Hat Ihre linke Wade das gleiche Gewicht wie
Ihr Gehirn?

2 Können Sie eine Rede eines CSU-Abgeordneten
in fehlerfreies Deutsch übersetzen?

3 Würden Sie notfalls Russisch lernen?

4 Können Sie eine Kaffeemühle drehen? Nötigen-
falls auch links herum?

5 Haben Sie jemals einen Brief von Martin Bor-
mann mit der bekannten Unterschrift M. B.
erhalten?

6 Haben Sie jemals strafbarerweise auf dem
Schwarzen Markt gekauft?

7 Haben auch Sie auf einigen der Fregola-Film-
reklamen mit Marika Rökks Bauchtanz den
nacktlichen Bauch übermalt?

8 Glauben Sie, daß das englische „I'U see what
I can do for you" einem schlichten „nein" ent-
spricht?

9 Wissen Sie, wie man ein volkseigenes Säge-
werk aus der Ostzone verschiebt?

10 Glauben Sie, daß es Preußen und preußischen
Mischlingen gelingen wird, die Führung der
Bayempartei noch vollends aa sich zu reißen?

11 Vermuten Sie, daß Erika Mann auch anders als
nur gebrochen deutsch sprechen kann?

12 Möchten Sie ein Bundespräsident werden?

13 Haben Sie mehr als zwanzig Entlastungszeug-
nisse für Spruchkammerverhandlungen aus-
gestellt?

14 Waren Sie schon einmal bei der Aufführung
eines deutschen Lustspiels versucht, zu lachen?

15 Sehnen Sie sich manchmal nach den schönen
Aufmärschen unter Hitler?

16 Machen Sie Ihre Steuererklärungen so recht
von Herzen ehrlich?

17 Ziehen Sie den kalten Krieg einem kühlen
Frieden vor?

18 Wären Sie immer noch gerne Österreicher?

19 Sind Sie der Meinung, daß sich rote Haare
schwerer schneiden lassen als schwarze?

20 Möchten Sie jedesmal, wenn Sie Ihren Radio
gelangweilt abstellen, daß man die Abschaltung
im Funkhaus als donnerndes Geräusch hörte?

21 Zeichnen Sie die schriftlichen Beschimpfungen
an Ihre zuständige Behörde mit vollem Namen
oder benützen Sie den naher Freunde?

22 Glauben Sie, daß das neue Beamtengesetz die
Bürokratie als ganzes höflicher macht?

Wenn Sie obige Fragen alle mit „ja' beantworten,
sind Sie der ideale Staatsbürger und gehen einer
gesicherten Zukunft entgegen. Vim
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Europa-Union"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Nückel, Otto
Bilek, Franziska
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 4.1949, Nr. 6, S. 62.

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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