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CONFERENCE

R. Krlesch

für. ein gesellschaftliches Ereignis

Meine sehr verehrten Damen und Herrenl

Nachdem wii füi heute abend jeden Gedanken an
die weitere politische Entwicklung weit von uns
geschoben haben drängt eine andere, schwere
Sorge alles andere in den Hintergrund- Die große
Modenschau verbunden mit einei Schönheitskon-
kurrenz der Firma Money, Makei & Cie. Money,
Maker & Cie, das tonangebende Modehaus, das
Kaufhaus für alle, für alle, die Geld haben, das
Magazin für den kleinen Mann von Welt und die
große Dame auf der Straße . pardon, für die große
Dame von Welt und den kleinen Mann auf der
Straße, hat mit seinei heutigen Veranstaltung
keine Mühe und keine Kosten gescheut, diese
wieder zehnfach von Ihnen hereinzuholen. Wir
hoffen vielmehr zuversichtlich, mit unseren heuti-
gen Modellen den Damen Bewunderung, den
Herren aber einen Teil des Geldes abzunötigen,
das sie aut so nachahmuche Weise verdienen, ob-
gleich sie es wiedeium eigentlich gar nicht ver-
dient haben. Was wir Ihnen heute hier bieten, das
ist die Spitze, meine Damen und Herren, die Spitze
der Jahresproduktion, welche eigens zu diesem
Zwecke gehortet wurde; das Kaufhaus Money,
Maker & Cie will Ihnen beweisen daß es trotz
aller Schwierigkeiten der letzten Jahre sowohl mit
seinen Erzeugnissen wie auch mit seinen Preisen
aut der Höhe geblieben ist. Die Modelle, die Ihnen
heute vorgeführt werden, sind knapp, meine Damen
und Herren, knapp kalkuliert und stellen somit
das Äußerste dai, was die Mode-Industrie mit
ihren nun schon chronischen Materialeinschrän-
kungen zu leisten vermag, um sich und vor allem
ihren Kunden keine unerlaubte Blöße zu geben
Beachten Sie bitte insbesondere, daß bei allen
Modellen Arme, Schultern und die Brust, welches
Wort ich seines geringen sittlichen Gehalts wegen
nur im Singular verwenden mochte, so weit als
irgend sichtbar von dem lästigen Kleiderzwang
betreit sind, eine kleine, modische Kaprice die nicht
nur zu allerlei Erkenntnissen verhilft, sondern
darüber hinab auch zu weiteren Hoffnungen be-
rechtigt. Der Grundsatz .Ruhig Blut und warm an-
gezogen" wurde aufgegeben zugunsten der stark
gelockerten Auffassung, daß man auch mit Wenig
vielversprechend bekleidet sein kann.
Aber nicht nui der Göttin Mode gilt es heute den
schuldigen Tribut zu zollen wie Sie wissen, meine
Damen und Herren, ist mit unserer heutigen
Modenschau auch die Wahl einer Schönheits-
königin sinnvoll verbunden, um die erhöhten Ein-
trittspreise zu begründen, wenn auch nicht zu
rechtfertigen So haben wir neute das Vergnügen,
der uralten, parlamentarischen Sitte des Abstim-
mens zu fröhnen ohne daß dabei wie gewöhnlich
etwas Nachteiliges, Steuerschraubenartiges für
Staat und Gesellschaft zu befürchten ist. Um je-
doch die Wahl unserer schon im voraus allseits
beliebten Miß Moneymaker nicht allzusehr dem
blinden Publikum . . ich meine, dem Zufall zu
überlassen, wird hier auf der Bühne eine Jury be-
währter Männer zusammentreten, die, im Verkehr
mit Frauen nicht unbewandert, sich schon seit
längerem mit den Wettkampfbestimmungen und
mit den Bewerberinnen aufs engste vertraut ge-
macht haben Frauen sind zwar keine Rechen-
maschinen, und sie gelten auch ganz allgemein
für unberechenbar, aber das bezieht sich wie wir
wissen, nur auf gewisse Bezirke ihres Innenlebens,
soweit nicht auch diese schon in der Abkühlung
begriffen sind Rein äußerlich und oberflächlich
betrachtet, meine Damen und Herren, ist jedoch
das schwächere Geschlecht durchaus meßbar, und
so werden auch die Herren Preisrichter dem
Problem und den Damen nicht in der landesüb-
lichen Weise, nicht maßlos, zuleibe gehen sondern
mit Zollstock, Zentimetermaß und Rechenstift.
Interessiert, aber mit der kühlen Ruhe des Ver-
messungstechnikers werden sie den Anwärte-
rinnen nähertreten, den Aktionsradius der Geo-
metrie beträchtlich erweitern und ihre alten Be-
griffe: Körper Schenkel, Kegel oder Kugel mit
neuem lebendigen Inhalt füllen. Auf diese Weise
wird das Preisrichterkollegium die heutige Schön-
heitskönigin errechnen, zuverlässig und völlig
nüchtern, bis dann später der Sekt in Strömen fließt.
Ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, noch die
Firmen kurz nennen, die in so eigennütziger Weise
zu dem Gelingen der heutigen Veranstaltung bei-
trugen. Die Hüte, in ihrer flachen Form ein Aus-
druck unserer Gesinnung, lieferte die Firma Martin
Bibii der reiche Blumenschmuck, den Sie hier be-
wundern, die Firma Immerschwarz, nicht zum Mit-
nehmen, sondern zum Selbstverdienerpreise,
welcher keineswegs mit den Gestehungskosten zu
verwechseln ist. Die Parfüms stellte der Salon
Riechmann zur Verfügung, wodurch die Teil-

nehmerinnen auch nach der Seite des individuellen
Körpergeruches jene aromatische Abrundung er-
fahren, der sie sonst in allen Teilen auszeichnet.
Und nun, meine Damen und Herren: Droben stehet
bereits die Kapelle und schauet, einstweilen noch
still und geräuschlos, in den Saal hinab, die Ka-
pelle Bobby Klimperer, sie wird Ihnen sogleich
mit schmissigen Weisen aufspielen, daß Ihnen mit
der Zeit Hören und Sehen . .. wollte sagen ...
daß Ihnen mit dem Hören und Sehen die Zeit aufs
angenehmste vergeht.
Kapelle, bitte einen Tusch!

Schlußnote des Verfassers: Nachdem der Con-
ferencier geendet hatte und der Tusch verklungen

war, erschien Herr Meyer, Reklamechef des ver-
anstaltenden Modehauses Money, Maker & Cie,
vehement auf der Bühne und kündigte dem An-
sager spontan auf der Stelle, auf der er so schön
gesprochen hatte. Das Publikum verhielt sich rat-
los und schweigsam, nur ein einzelner Herr mit
Brille applaudierte höchst unseriös und frenetisch.
Dann stieg er selbst aufs Podium und sprach er-
griffen: „Junger Mann, kommen Sie zu uns! Sie
haben die Gabe, die wahren Zusammenhänge des
modernen Lebens zu analysieren und in gebändigter
Form von sich zu geben.

Ich engagiere Sie als Kommentator für den Rund-
funk." Helmut Augustin

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Was denkste, Evelyne"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "Was denkste, Evelyne, ob wir den Lesern so nackt genug sind?"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Kriesch, Rudolf
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 4.1949, Nr. 6, S. 63.

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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