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Die Geschichte der Völker ist offensichtlich eine Kriegsgeschichte. Wir er-
innern uns vergangener Zeiten immer nur in Verbindung mit historischen
Massenmorden. Man spricht vom punischen und trojanischen Krieg, von der
Herrmanns- und Völkerschlacht, von den Feldzügen Alexanders und Hanni-
bals, vom 7- und 30jährigen Krieg, vom Kampf um Rom und Stalingrad,
von der Zeit der Bauern- und Befreiungskriege, von der französischen und
russischen Revolution, von nationalen Erhebungen und internationalen Er-
niedrigungen, vom spanischen Erbfolgekrieg und vielen anderen Zusammen-
stößen blutiger Art.
Nirgends ist die Rede von einem ungarischen oder mexikanischen Frieden,
von der Zeit des Arbeiterwohlstandes oder von den fröhlichen Umzügen
Karls des Kurzen. Niemand erinnert sich einer Epoche der deutsch-englischen
Freundschaft. Auch von den Jahren der großen Freiheit oder dem Liebesmahl
von Moskau steht nichts in den Geschichtsbüchern. Oder kennen Sie etwa die
Verbrüderung von Athen, die chinesische Waffenstreckung oder den russisch-
japanischen Frieden? Ich nicht. Können Sie mir geistig folgen, meine Ast-
kumpane?
Selbst die Jahre zwischen den Kämpfen haben keine sprachliche Verbindung
mit Frieden! Sie heißen Vorkriegs- bzw. Nachkriegszeit. In einer solchen
leben wir heute. Sie können sich aussuchen, in welcher. Aber eben in diesen
Wochen ist irgendein fortschrittlicher Mensch auf die Idee gekommen, mit
diesem Brauch zu brechen und eine neue Bezeichnung einzuführen. (Ein Ein-
Führer!) Das Wort heißt: Vorfrieden! Das ist also die kleine Zeitspanne
zwischen Nachkrieg und eigentlichem Frieden. Dann kommt vermutlich die
Nachfriedenszeit und dann der Vorkrieg. Aber zunächst steht, wie gesagt,
der Vorfrieden zur Debatte. Speziell der zwischen den Westmächtigen und
den Westohnmächtigen bzw. Westmöchtegerns.
Es hat sich nämlich in den Kreisen der Depplomatie inzwischen herum-
gesprochen, daß wir eigentlich keinen Krieg mehr haben. Es wird zwar noch
sehr viel „quergeschossen" und ab und an platzt auch noch eine kleine Sen-
sationsbombe; es werden viele gute Mienen zum bösen Spiel gemacht und
vom „letzten Gefecht" ist ebenfalls viel die Rede. Die Angriffe in der Presse
und die Abwehr der Regierung hinterließen allein im Bundestag 34 „Aus-
schüsse" — aber ein richtiger Krieg ist das natürlich nicht mehr. Das Heer
K. J. Büsch
DIE EWIGE ANGST
278
der Währungsgeschädigten, die Armee der Arbeitslosen und die Verbände
der Flüchtlinge sind völlig unbewaffnete Haufen, und dann fehlen uns zum
Kriegführen ja auch die „Kreuzer".
Andererseits langt es wieder nicht zu einem richtigen Frieden.
Daher also der Name „Vorfriede". Eine Art Vor-Freude! Man sollte viel-
leicht alle in der Schwebe befindlichen Zustände mit der Silbe „Vor" aus-
statten, um den provisorischen Charakter zu dokumentieren. Die Teilung
Deutschlands also Vor-Teilung (bzw. Über-Vorteilung) nennen, den Europa-
Rat =_ Europa-Vorrat, das Recht der Sieger = Vorrecht, den Sitz der Hohen
Kommissare = Vorsitz, die Nürnberger Urteile = Vorurteile, den Druck
der Besatzung = Vordruck und Deutschland selber: Vorland.
Aber seien wir ehrlich, Freunde: Vorfriede ist besser als gar keiner. Es ist
nur schade, daß sich „Vor" genau so ausspricht wie „Fort", was wieder
etwas sehr Kriegerisches ist. Man kommt doch nicht los davon, selbst bei der
Befestigung des Friedens militaristische Anklänge verwenden zu müssen.
Wir sollten unsere Sprache erheblich pazifizieren. Wie die Politiker, deren
Ausdrucksweise jedenfalls schon erheblich friedlicher und sanfter geworden
ist. Selbst eine Moskauer Zeitung nannte den jugoslawischen Staats-Chef
nur noch: Schuft, Bandit, gieriger Affe, Heuchler, Feigling und unverschäm-
ter Zwerg. Also das geht schon.
Neue Bezeichnungen sind überhaupt in Mode. Ganze Länder werden um-
benannt. Thailand heißt wieder Siam, der Iran will sich jetzt wieder Persien
nennen, und Japan spielt mit dem Gedanken, den alten Namen Nippon
anzunehmen. Vielleicht könnten wir uns um irgendeinen dieser abgelegten
Namen bewerben, um das etwas diskreditierte „Deutschland" zu vermeiden.
Ich denke da an Eire. Das hieß früher Irr-land.
Und nun noch schnell ein Wort zur UN. Mein Lieblingsthema. Diese Orga-
nisation will jetzt eine Schutztruppe aufstellen. Wir sind dagegen. Denn
das wäre ja eine UN-Schutztruppe, und ungeschützt sind wir ja sowieso,-
wenn's wieder stürmisch wird. Und stürmisch wird's wieder! Vergleichen
Sie den Wetterbericht! Tja ... Sturm-Führer hätte man sein müssen ...
Wie gründe ich eine Zeitung?
Gründen Sie nicht eine, — gründen Sie gleichzeitig zwei! In Ihrer demo-
kratisch-konservativen „Morgenpost" lesen Sie einem Publikum die Parole
vom Munde ab, dessen Geisteshaltung träge ist und diese Trägheit als
Ausdruck gutbürgerlicher Gesinnung täglich neu bestätigt zu sehen wünscht.
In Ihrem „Nachtkurier" kitzeln Sie die Nerven der Sensationslüsternen, bis
ihnen die Haare zu Berge stehen. Diese Doppelpublikation dient Ihnen wie
eine Zwickmühle auf dem Damenbrett: Sie gewinnen bei jedem Zug. Wer in
unseren unruhigen Zeitläuften Beruhigung sucht, abonniert die „Morgen-
post"; wer aufgeregt werden will, kommt durch den „Nachtkurier" auf seine
Rechnung. Die Abonnementsgelder und der Erlös aus dem Straßenverkauf
fließen aber in jedem Falle in eine, nämlich Ihre Kasse. Und darauf kommt
es an . ..
*
In der „Morgenpost" vertreten Sie alles, was Sie — geübter Witterer des
Windes — als Denkungsweise der Majorität erkennen. Der Werkzeugcha-
rakter und das Maß von Willigkeit, den jeweils am Ruder Befindlichen ge-
fällig zu sein, muß aus Ihrem ernst zu nehmenden Blatt deutlich hervor-
treten. Mit einer kleinen Beigabe von anspruchslosem Humor gewürzt,
setzen Sie dem Durchschnitt die Speise vor, die ihm behagt und die er am
besteh verdauen kann. Als Leibgericht mundet trefflich ein Gulasch aus Ein-
heitsnachrichten, garniert mit Kommentaren, aus denen Heimattreue, Reli-
giosität und Liebe zum Gesicherten herauszuschmecken sind. Unentwegt mit
dem Strom schwimmen! Treten Probleme auf, so gilt der altbewährte Grund-
satz: Wo zwei sich streiten, — stets auf der Seite des Stärkeren! Sollte der
letztere nicht gleich erkennbar sein, ist vor sichtiges Abwarten — die Taktik
des Attentismus — geboten. Kein vorschnelles Ja oder Nein, sondern: „Wie-
wohl ja zwar eigentlich — so doch andrerseits wiederum auch!"
Aus dieser Solidität Ihrer Gesamteinstellung heraus warnen Sie in der
„Morgenpost" öfters vor dem „Nachtkurier*. „Man hätte in unserem jungen,
aufwärtsstrebenden Staate wahrlich Besseres zu tun, als betrübliche Vor-
kommnisse — Einzelfälle, wie sie nun einmal nicht zu vermeiden sind —
zu alarmierenden Sensationen aufzubauschen", schreiben Sie in der „Mor-
genpost" und weisen darauf hin, daß „die Asphaltpresse nur auf die niedrigsten
Instinkte urteilsloser Leser spekuliert". Lassen Sie, wenn möglich, die Redak-
tion Ihres Presseerzeugnisses A von der Redaktion Ihres Presseerzeugnisses B
wegen Beleidigung verklagen; hauen Sie sich, unter Pseudonym, selbst eine
runter; ein tüchtiger Syndikus wird dafür sirgen, daß Ihre beiden Zeitungen
durch den Prozeß in aller Mund kommen. Die Absatzziffer wird steigen. Und
darauf kommt es an . . .
*
Im „Nachtkurier" muß es lustig zugehen. „Was binden wir ihnen heute
auf?", lautet dort die Devise. Fangen Sie ein Kriegerl an, wenn sich sonst
nichts rührt. „Schlacht an der jugoslawischen Grenze! Partisanenverbände
dringen auf der Linie Przewaz-Krzewaz vor!! Zahl der Gefangenen wächst
stündlich." Es macht gar nichts, wenn es nicht wahr ist. Morgen kommt
wieder eine neue Sensation und die alte ist vergessen. Lassen Sie einen
berühmten Staatsmann spurlos verschwinden! Stellt sich heraus, daß er noch
lebt, so verkünden Sie dies in einer berichtigenden Extraausgabe! — Ver-
gessen Sie nicht Prophezeiungen: „Die Welt geht unter!" Oder: „Atom-
bombe längst überholt!! Bakteriologischer Krieg ein Kinderspiel, aber kli-
matologische Kriegsführung vernichtet Bevölkerung der Erde in 343Ai Se-
kunden!" — Enthüllungen über das Thema „Wie es dazu kam" immer ge-
fragt. Kosmischer Kalender unentbehrlich. Bezüglich des Fortsetzungs-
romanes genügt ein Fingerzeig: Eine bekannte Schweizer Zeitung druckt
gegenwärtig Karl May, „Das Vermächtnis des Inka". — Bebilderung: Brust-
akt und Beine (Nackte Gesäße den Fachzeitschriften für Körperkultur über-
lassen!)
Der Gegensatz zwischen „Morgenpost" und „Nachtkurier" ist nur schein-
bar. Denn die Berichterstattung des Abends stellt lediglich die Befriedigung
der intimeren, unterbewußten Bedüifnisse des Spießers dar, der die Mor-
genzeitung nüchtern gelesen hat. Bald weiden Sie daher feststellen, daß die
Abonnenten der „Morgenpost" zusätzlich den „Nachtkurier" kaufen. Und
darauf kommt es an .. . . ATA
Die Geschichte der Völker ist offensichtlich eine Kriegsgeschichte. Wir er-
innern uns vergangener Zeiten immer nur in Verbindung mit historischen
Massenmorden. Man spricht vom punischen und trojanischen Krieg, von der
Herrmanns- und Völkerschlacht, von den Feldzügen Alexanders und Hanni-
bals, vom 7- und 30jährigen Krieg, vom Kampf um Rom und Stalingrad,
von der Zeit der Bauern- und Befreiungskriege, von der französischen und
russischen Revolution, von nationalen Erhebungen und internationalen Er-
niedrigungen, vom spanischen Erbfolgekrieg und vielen anderen Zusammen-
stößen blutiger Art.
Nirgends ist die Rede von einem ungarischen oder mexikanischen Frieden,
von der Zeit des Arbeiterwohlstandes oder von den fröhlichen Umzügen
Karls des Kurzen. Niemand erinnert sich einer Epoche der deutsch-englischen
Freundschaft. Auch von den Jahren der großen Freiheit oder dem Liebesmahl
von Moskau steht nichts in den Geschichtsbüchern. Oder kennen Sie etwa die
Verbrüderung von Athen, die chinesische Waffenstreckung oder den russisch-
japanischen Frieden? Ich nicht. Können Sie mir geistig folgen, meine Ast-
kumpane?
Selbst die Jahre zwischen den Kämpfen haben keine sprachliche Verbindung
mit Frieden! Sie heißen Vorkriegs- bzw. Nachkriegszeit. In einer solchen
leben wir heute. Sie können sich aussuchen, in welcher. Aber eben in diesen
Wochen ist irgendein fortschrittlicher Mensch auf die Idee gekommen, mit
diesem Brauch zu brechen und eine neue Bezeichnung einzuführen. (Ein Ein-
Führer!) Das Wort heißt: Vorfrieden! Das ist also die kleine Zeitspanne
zwischen Nachkrieg und eigentlichem Frieden. Dann kommt vermutlich die
Nachfriedenszeit und dann der Vorkrieg. Aber zunächst steht, wie gesagt,
der Vorfrieden zur Debatte. Speziell der zwischen den Westmächtigen und
den Westohnmächtigen bzw. Westmöchtegerns.
Es hat sich nämlich in den Kreisen der Depplomatie inzwischen herum-
gesprochen, daß wir eigentlich keinen Krieg mehr haben. Es wird zwar noch
sehr viel „quergeschossen" und ab und an platzt auch noch eine kleine Sen-
sationsbombe; es werden viele gute Mienen zum bösen Spiel gemacht und
vom „letzten Gefecht" ist ebenfalls viel die Rede. Die Angriffe in der Presse
und die Abwehr der Regierung hinterließen allein im Bundestag 34 „Aus-
schüsse" — aber ein richtiger Krieg ist das natürlich nicht mehr. Das Heer
K. J. Büsch
DIE EWIGE ANGST
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der Währungsgeschädigten, die Armee der Arbeitslosen und die Verbände
der Flüchtlinge sind völlig unbewaffnete Haufen, und dann fehlen uns zum
Kriegführen ja auch die „Kreuzer".
Andererseits langt es wieder nicht zu einem richtigen Frieden.
Daher also der Name „Vorfriede". Eine Art Vor-Freude! Man sollte viel-
leicht alle in der Schwebe befindlichen Zustände mit der Silbe „Vor" aus-
statten, um den provisorischen Charakter zu dokumentieren. Die Teilung
Deutschlands also Vor-Teilung (bzw. Über-Vorteilung) nennen, den Europa-
Rat =_ Europa-Vorrat, das Recht der Sieger = Vorrecht, den Sitz der Hohen
Kommissare = Vorsitz, die Nürnberger Urteile = Vorurteile, den Druck
der Besatzung = Vordruck und Deutschland selber: Vorland.
Aber seien wir ehrlich, Freunde: Vorfriede ist besser als gar keiner. Es ist
nur schade, daß sich „Vor" genau so ausspricht wie „Fort", was wieder
etwas sehr Kriegerisches ist. Man kommt doch nicht los davon, selbst bei der
Befestigung des Friedens militaristische Anklänge verwenden zu müssen.
Wir sollten unsere Sprache erheblich pazifizieren. Wie die Politiker, deren
Ausdrucksweise jedenfalls schon erheblich friedlicher und sanfter geworden
ist. Selbst eine Moskauer Zeitung nannte den jugoslawischen Staats-Chef
nur noch: Schuft, Bandit, gieriger Affe, Heuchler, Feigling und unverschäm-
ter Zwerg. Also das geht schon.
Neue Bezeichnungen sind überhaupt in Mode. Ganze Länder werden um-
benannt. Thailand heißt wieder Siam, der Iran will sich jetzt wieder Persien
nennen, und Japan spielt mit dem Gedanken, den alten Namen Nippon
anzunehmen. Vielleicht könnten wir uns um irgendeinen dieser abgelegten
Namen bewerben, um das etwas diskreditierte „Deutschland" zu vermeiden.
Ich denke da an Eire. Das hieß früher Irr-land.
Und nun noch schnell ein Wort zur UN. Mein Lieblingsthema. Diese Orga-
nisation will jetzt eine Schutztruppe aufstellen. Wir sind dagegen. Denn
das wäre ja eine UN-Schutztruppe, und ungeschützt sind wir ja sowieso,-
wenn's wieder stürmisch wird. Und stürmisch wird's wieder! Vergleichen
Sie den Wetterbericht! Tja ... Sturm-Führer hätte man sein müssen ...
Wie gründe ich eine Zeitung?
Gründen Sie nicht eine, — gründen Sie gleichzeitig zwei! In Ihrer demo-
kratisch-konservativen „Morgenpost" lesen Sie einem Publikum die Parole
vom Munde ab, dessen Geisteshaltung träge ist und diese Trägheit als
Ausdruck gutbürgerlicher Gesinnung täglich neu bestätigt zu sehen wünscht.
In Ihrem „Nachtkurier" kitzeln Sie die Nerven der Sensationslüsternen, bis
ihnen die Haare zu Berge stehen. Diese Doppelpublikation dient Ihnen wie
eine Zwickmühle auf dem Damenbrett: Sie gewinnen bei jedem Zug. Wer in
unseren unruhigen Zeitläuften Beruhigung sucht, abonniert die „Morgen-
post"; wer aufgeregt werden will, kommt durch den „Nachtkurier" auf seine
Rechnung. Die Abonnementsgelder und der Erlös aus dem Straßenverkauf
fließen aber in jedem Falle in eine, nämlich Ihre Kasse. Und darauf kommt
es an . ..
*
In der „Morgenpost" vertreten Sie alles, was Sie — geübter Witterer des
Windes — als Denkungsweise der Majorität erkennen. Der Werkzeugcha-
rakter und das Maß von Willigkeit, den jeweils am Ruder Befindlichen ge-
fällig zu sein, muß aus Ihrem ernst zu nehmenden Blatt deutlich hervor-
treten. Mit einer kleinen Beigabe von anspruchslosem Humor gewürzt,
setzen Sie dem Durchschnitt die Speise vor, die ihm behagt und die er am
besteh verdauen kann. Als Leibgericht mundet trefflich ein Gulasch aus Ein-
heitsnachrichten, garniert mit Kommentaren, aus denen Heimattreue, Reli-
giosität und Liebe zum Gesicherten herauszuschmecken sind. Unentwegt mit
dem Strom schwimmen! Treten Probleme auf, so gilt der altbewährte Grund-
satz: Wo zwei sich streiten, — stets auf der Seite des Stärkeren! Sollte der
letztere nicht gleich erkennbar sein, ist vor sichtiges Abwarten — die Taktik
des Attentismus — geboten. Kein vorschnelles Ja oder Nein, sondern: „Wie-
wohl ja zwar eigentlich — so doch andrerseits wiederum auch!"
Aus dieser Solidität Ihrer Gesamteinstellung heraus warnen Sie in der
„Morgenpost" öfters vor dem „Nachtkurier*. „Man hätte in unserem jungen,
aufwärtsstrebenden Staate wahrlich Besseres zu tun, als betrübliche Vor-
kommnisse — Einzelfälle, wie sie nun einmal nicht zu vermeiden sind —
zu alarmierenden Sensationen aufzubauschen", schreiben Sie in der „Mor-
genpost" und weisen darauf hin, daß „die Asphaltpresse nur auf die niedrigsten
Instinkte urteilsloser Leser spekuliert". Lassen Sie, wenn möglich, die Redak-
tion Ihres Presseerzeugnisses A von der Redaktion Ihres Presseerzeugnisses B
wegen Beleidigung verklagen; hauen Sie sich, unter Pseudonym, selbst eine
runter; ein tüchtiger Syndikus wird dafür sirgen, daß Ihre beiden Zeitungen
durch den Prozeß in aller Mund kommen. Die Absatzziffer wird steigen. Und
darauf kommt es an . . .
*
Im „Nachtkurier" muß es lustig zugehen. „Was binden wir ihnen heute
auf?", lautet dort die Devise. Fangen Sie ein Kriegerl an, wenn sich sonst
nichts rührt. „Schlacht an der jugoslawischen Grenze! Partisanenverbände
dringen auf der Linie Przewaz-Krzewaz vor!! Zahl der Gefangenen wächst
stündlich." Es macht gar nichts, wenn es nicht wahr ist. Morgen kommt
wieder eine neue Sensation und die alte ist vergessen. Lassen Sie einen
berühmten Staatsmann spurlos verschwinden! Stellt sich heraus, daß er noch
lebt, so verkünden Sie dies in einer berichtigenden Extraausgabe! — Ver-
gessen Sie nicht Prophezeiungen: „Die Welt geht unter!" Oder: „Atom-
bombe längst überholt!! Bakteriologischer Krieg ein Kinderspiel, aber kli-
matologische Kriegsführung vernichtet Bevölkerung der Erde in 343Ai Se-
kunden!" — Enthüllungen über das Thema „Wie es dazu kam" immer ge-
fragt. Kosmischer Kalender unentbehrlich. Bezüglich des Fortsetzungs-
romanes genügt ein Fingerzeig: Eine bekannte Schweizer Zeitung druckt
gegenwärtig Karl May, „Das Vermächtnis des Inka". — Bebilderung: Brust-
akt und Beine (Nackte Gesäße den Fachzeitschriften für Körperkultur über-
lassen!)
Der Gegensatz zwischen „Morgenpost" und „Nachtkurier" ist nur schein-
bar. Denn die Berichterstattung des Abends stellt lediglich die Befriedigung
der intimeren, unterbewußten Bedüifnisse des Spießers dar, der die Mor-
genzeitung nüchtern gelesen hat. Bald weiden Sie daher feststellen, daß die
Abonnenten der „Morgenpost" zusätzlich den „Nachtkurier" kaufen. Und
darauf kommt es an .. . . ATA
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Die ewige Angst"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
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Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
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Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 4.1949, Nr. 24, S. 278.
Beziehungen
Erschließung
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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg