gebenheit meine Konsequenzen ziehen. Audi die Doctoresse mag, wie die pieps
sagt, fortan bleiben, wo der Pfeffer wächst. Nach dem Genuß von Erbsen zeigen
mir Flatulenzen, daß ich gegenwärtig doch noch mehr animal als anima bin.
Gedanke: was dem einen sein Jota, ist dem anderen sein L. Dies versöhnt
mich, indem es mich aus dem Solitären führt, das mir nur zusagt, soweit es
ästhetisch einwandfrei ist.
1. 11. 50. Wieder spät aufgestanden. Meine schon seit langen Wochen emsig be-
triebene Suche nach Steinen und Kräutern fortgesetzt. Den üblichen Krach mit
Admiranda und den Nachbarn, die behaupten, ich verplempere meine Zeit.
Hierin finde ich das kraftvolle Kavalleristenwort „Plempe" für Säbel und
sinniere über den Gestaltwandel der Worte. Stehe dabei an der hohen Brücke,
von der besetzter Omnibus in die Tiefe stürzt. Interessant, wie die hohen Schreie
nach dem Aufprall jählings verstummen. Farbenspiel der sich entwickelnden
Flammen beobachtet, in denen ich auch mit Entzücken aquamarine und ame-
thystene Farbvariationen bewundern kann. Dieses fesselnde Spiel der Elemente
wird plötzlich durch das Eingreifen hilfswilliger Kolonnen erstickt. Da die Farben-
glut abfällt, gibt sie ein formloses, schwarz verkohltes Durcheinander frei,
dessen geschmolzene Substanzen Qualm und üble Rüche absondern. Da nun die
niedere nützliche Hilfsarbeit im Gange ist, entferne ich mich mißmutig.
Abends mit C! C! eine Flasche 17er Cireaux ä la Möme. Dabei heute leichtere
Gespräche über die Grundprobleme der höheren Mathematik sowie über die
Hauptunterschiede zwischen patristischer und thomistischer Staatsauffassung.
Nehme mir fest vor, mich intensiver mit der bildenden Kunst der Indonesier im
13. Jahrhundert zu befassen. Auch in Südamerika beobachtete Spiralspinne will
ich mir vornehmen, wie man sagt.
Einfall: ist es vornehm, sich etwas vorzunehmen? Auf der anderen Seite sagt
das niedere Volk hierzulande: „nimm di nix vor, so sleit di nix fehl." Doch
scheint mir dies fatalster Fatalismus, der allenfalls in der Sphäre platter Realität
gültig sein mag. Mir als Geistigem wird es nach wie vor gut anstehen, realen
Tand und irdische Nichtigkeiten durch Wortpretiosen in höchste Schichten des
Bedeutenden zu projizieren.
SPLITTER VOM BAUME DER ERKENNTNIS
Jan Kiepura, der berühmte polnische Tenor, einst der Liebling Berlins, dann
als Emigrant in Hollywood, kam mit einem rührenden Film auch persönlich
besuchsweise nach Deutschland zurück. Er hielt dabei in München vor Presse-
vertretern eine längere Rede, die man wohl schlicht als politischen Gallimathias
bezeichnen darf. Er behauptete u. a., ihm allein sei es möglich, die acht Millio-
nen in Amerika lebenden Polen in ihr Heimatland zurückzuführen, aber ein
solches Ansinnen der Warschauer Regierung habe er abgelehnt. Er habe auch
anderes zu tun: nämlich in Deutschland zu filmen, um dem deutschen Film end-
lich wieder internationale Geltung zu geben.
Welch schlichte, bescheidene Selbsteinschätzung, welch tenorale Höhen der
Erkenntnis vom hohen C aus!
Die Geschäfte scheinen drüben nachzulassen. Die Stimme übrigens auch.
Auf dem Schutzumschlag des Reisebuches von E. Bock findet sich die Anpreisung:
„Die Kunst des Reisens, von Goethe so meisterhaft gekonnt, wird von Bock
fortgesetzt." Mit der Kunst des Schreibens scheint es das gleiche zu sein. Fort-
setzung folgt! Vim
SIMPL-BRIEFKASTEN
Fehllenkung In der Einfuhr. Sie haben voll-
ständig recht: immer noch fehlt es an den
richtigen Rohrstöcken, die endlich einmal
eingeführt werden mußten, damit der Er-
zieher nicht immer wieder unbewaffnet
mit der bloßen Hand oder dem schlichten
Lineal seinen ewigen Lausknaben gegen-
überstehen muß. Besonders in Bayern war-
tet man allseits immer noch auf das sozu-
sagen ausführende Organ der Züohtigungs-
bestimrnungen. Hoffen wir, daß unsere Im-
porteure neben Blumen und Datteln end-
lich auch das spanische Röhrl einführen
und sich nicht durch die lächerlichen Schreie
nach Eiern und Butter beirren lassen!
Fräulein Mla aus der P.....straße. Wir
verstehen Ihren Zorn durchaus und finden
ebenfalls, daß Ihr Einkommen aus Männer-
bekanntschaften dem Finanzamt für eine
steuerliche Erfassung zu schmutzig sein
müßte! Aber der Staat denkt sich in solchen
Fällen: Non olet oder „Geld stinkt nicht"
und veranlagt daher auch Sie und Ihre
Kolleginnen zur Einkommen- und gege-
benenfalls zur Umsatzsteuer, — entlastet
aber sein moralisches Gewissen und sein
Sittlichkeitsgefühl dadurch, daß er Sie vom
Arbeitsamt als „arbeitslos" führen läßt.
Empörter Wähler. Nur Ruhe: erst nach
einigen Dementis und Gegendementis wird
es sich zeigen, ob die Parteien sich wirk-
lich durch Abzweigung von Steuergeldern
an die eigene Adresse auf die finanz-
schwachen Beine helfen dürfen. Es wäre
Immerhin ein neuer Fall, daß man, ob man
will oder nicht, die übertriebene Betrieb-
samkeit anderer finanzieren müßte. Denn
wenn auch vielleicht eine dem einzelnen
spürbare Erhöhung der Steuer vermieden
wird, so fehlen doch die monatlich oder
jährlich abgezweigten Gelder an anderen,
uns vielleicht noch wichtiger erscheinenden
Stellen. Wir schlagen daher vor, um die
Hälfte weniger Bundestagsabgeordnete nach
Bonn zu senden!
Eifersüchtiger Klempner in D. Sie haben
es doch leichter als andere Ehemänner:
als Fachmann der Spenglerei können Sie
Ihrer Frau einfach einen soliden blecher-
nen Keuschheitsgürtel anmontieren, wie es
ein Eifersüchtiger in Neapel tat. Den
Schlüssel tragen Sie immer bei sich. Sie
werden ja nicht gleich das Pech haben,
daß Ihre Frau in Kollegenkreisen einen
Verehrer findet und sich in die Arme
eines Kunstschlossers wirft. Vom Einbau
von Alarmsicherungen würden wir abraten.
Nichtraucher In H. Sie rauchen nicht, trin-
ken nicht, tanzen nicht, schweifen nicht
aus, heiraten nicht und fühlen sich trotz-
dem nicht ganz glücklich? Das ist auch uns
völlig unerklärlich. Vielleicht müßten Sie
sich auch noch den Genuß des Schlafens
abgewöhnen?
Werden noch Verzeichnisse hergestellt?
Aber selbstverständlich gibt es Telefon-
bücher In sämtlichen Fernsprechzellen un-
serer Städte. Sie lind nur nie da, weil
Volksgenossen von Vor-Währungsoharakter
sie sich bevorzugt aneignen. Bleibt aber
einmal eins übrig, so kann man es nicht
benutzen, da man die zum Umblättern der
verklebten Seiten nötigen Brechwerkzeuge
oder eine Feuerzange selten in der Tasche
hat Doch geben die Schmutzkrusten be-
deutsame Einblicke in unsern Kulturstand,
der ja bekanntlich proportional zum Sei-
fenverbrauch eines Volkes angesetzt wer-
den kann.
Auf großem Fuß. Nehmen Sie Verbindung
auf zu dem eben in England gegründeten
„Verein der Frauen mit großen Füßen".
Sie können ihn ja noch erweitern durch
einen „Anhang von Frauen mit Rund-
gesäßen". Nur auf breiter Basis nämlich
können Sie es erzwingen, daß modische
Anmut auch den Besitzerinnen von Schuh-
größe 47 und Handschuhnummer 11 ge-
schenkt wird und die Devise „Jede Frau
kann schön sein!" sich erfüllt.
Wie Ist das zu verstehen? Der von Ihnen
gesehene Büstenhalter, der als besondere
Empfehlung die Anpreisung trug: „Hebt
und teilt!" hat Sinkendes zu heben und
das (oder die) Wogen des .Busens zu
teilen. Das Bild ist wahrscheinlich vom
Meerbusen genommen.
Freizeitgestaltung. Sie jammern, daß in-
folge der Beschlagnahme zahlreicher Schmutz-
und Schundhefte Ihr Bedarf an spannen-
der Lektüre und sinnlichem Erleben nicht
mehr gedeckt werden kann? Machen Sie
es wie jener amerikanische „Forscher",
der sich als Assistent des Verfassers
vom „Sexualleben der Männer" ausgab
und Damen telefonisch um Unterlagen bat
für ein dem weiblichen Sexualleben ge-
widmetes Werk ernster Wissenschaft.
Offenherzigste Auskünfte gaben ihm die
nötigen Einblicke und die Damen hätten
interessiert und still auf das Erscheinen
des Werkes gewartet, wenn er ihnen die
für die Auskünfte versprochene Belohnung
geschickt hätte.
Schöne Büste
■Voll, straff, makellos i. kurzer Zeit
lauch bei sterker Erschlaffung od.
ispörl. Entwickl. durch natürlich«
«.Behondl. mitd. garant. unschäd-
liehen „WUNDER FORM"-
Emulsion. Seit 12 Jahren
bewährt. Tausende Dankschr.
Paket 9.—DM u. Porto geg.
Nachnahme. (Ang. ob Präparat .V" zur Voll-
entwtckl. od. .A*z. Aufrichtung). Diskr. Versand
Erhältlich in Apotheken od. direkt durch
J.Adams Inst.tntBerimW30/12
Prospekte über fachwissenschaftlich begründete.
Erfolgswirkung gegen Rückporto.
WS
Keine
sanften Itöhniöne
sondern neue Verse von
Heinz Hartwig
In Heinz Hartwig hat Erich Kästner, der
Schöpfer einer stets ins Schwarze, das heißt
ins Finstere treffenden Zeitsatire, einen be-
fähigten Mitstreiter gegen alle von zwei
Weltkriegen nicht erschütterte Borniertheit
gefunden. Der Amtsschimmel, nach jedem
Herrenwechsel neu beschlagen und immer
die gleiche Hohe Schule des Bürokratismus
exerzierend, der Archaio- und Neofaschismus
einschließlich seiner Spielarten, die unsoziale
Trägheit eines noch im Besitz gebliebenen
Spießertums, der Parteiegoismus und der
Einzelpfründner, die tägliche Unmenschlich-
keit im großen und kleinen — gegen alle
diese Erzübel vergangener und jüngster Zeit
eröffnet Heinz Hartwig das Feuerwerk seines
Spottes. Ätzende Formulierungen, brillante
Wort- und Gedankenassoziationen, großzügige
und überraschende Reimerei, unpedantische
und mitreißende Rhythmik zeichnen dieses
politische Buch aus. Rudolf Schmitt-Sulzthal
in „Die Neue Zeitung" München.
Gebunden DM 3.50
FREITAG-VERLAG GMBH MÜNCHEN
WERNECKSTRASSE 15a
Mit „ALLES-K1TT"
verschlossen das
Briefkuvert, wider-
steht heißem Dampf
und noch viel mehr
(z. B. der Neugierde).
Engl. Franz.Span.Fern Unterricht
Lerne Daheim' Prosp. ent. Bminig's Lehrinstitnt Göllinzen 17
Fachausbildung
in Deutsch für Erwachsene, kaufmänn.
Rechnen, Buchführung, Stenographie,
Maschinenschreiben auf brieflichem
Wege mit Abschlußprüfung.
Verlangen Sie unseren Prospekt: M
Stenographenschule
Amorbach/Odenwald
(Schule für Büropraxis)
Raucher
Rasche Entwöhnung. Reichs-
pat. Näh. frei. Ch. Schwarz,
Darmsfadt, Osanstraße 22 b
Bei nachlassen dar Manneskraft u. vor-
zeitigem titern bewährt sich das be-
kannte Hormonpräparat SANURSEX. El
gibt neue Spannkraft u. Lebensfreude.
■ Apotheken. Aufklaren
Niemand
errät ihr Alter:.
So soll es sein I Wenn aber das Leben
übermäßig die besten Kräfte bean-
sprucht, dann muß man dem Orga-
nismus zu Hilfe kommen, um die
jugendliche Spannkraft zu erhalten.
O K A S A
die weltbekannte Hormon-Vitamin -
Kombination hat sich In diesen Fällen
immer wieder hervorragend bewährt.
Okasa sichert die geistige und körper-
liche Leistungskraft, stärkt die Nerven
und gibt so wieder Freude am Leben.
Okasa-Gold für die Frau, -Silber für den
Mann, 100 Tabl DM 9*50 bzw 8,80, in
Apotheken. Verlangen Sie kostenlos aus-
führl. Prospekt von HORMO-PHARMA-
BERLIN SW 319 Kochstraße 18.
Männer über 40
verlg. sofort Prosp. Ober Akola D.R.P. (in ver-
schlossenem Brief) seit 1928. „Keine Präparate,
keine Medizin." Sofort normale Funktionstätig-
keit. Bei Nichterfolg Betrag sofort zurück.
G. WEIGEL, STUTTGART-S. KAUTZENHECKE 20
Franz Roh
Kommentare zur Kunst
Gebunden DM 5.50
Eine Zusammenstellung von Radio-
Kritiken des bekannten Kunsthisto-
rikers— wöchentliche Referate über
Bühne und bildende Kunst in M ü n -
chen während der Jahre 1945-1947.
Franz Roh selber steht dieser
Sammlung skeptisch gegenüber, er
fragt sich, ob man „besonderen
Gewinn aus Reden ziehen könne,
die dem vorübergehenden Alltag
dienten und sich nicht an Einge-
weihte wandten". Nun, die Auf-
sätze enthalten so viel Kluges,
Temperamentvolles, in gutem Sinn
Aggressives und die positiven
Kräfte Förderndes, daß auch ein
der lokalen Atmosphäre Fern-
stehender den jüngsten Bestrebun-
gen der auf große Kulturtradition
zurückschauenden Stadt Interesse
entgegenbringen wird. Das Buch
hat etwas Herzhaftes in seinem
Draufgängertum, und die lehrhafte
Note, die es mit voller Absicht dem
breiten Publikum gegenüber an-
schlägt, wird nie trocken oder über-
heblich, sondern diskutiert den Stoff
lebendig und da und dort auf eine
Art in die Tiefe gehend, die den
Laien nicht scheu macht, weil ihm
etwa zu viel Gelehrsamkeit serviert
wäre. National-Zeitung Basel.
FREITAG-VERLAG GMBH.,
MÜNCHEN-SCHWABING,
WERNECKSTRASSE 15a
DER SIMPL erscheint jeden zweiten Donnerstag
Bezugspreis pro Monat DM 1.— zuzügl. 6 Pfg. Zustellgebühr. Unsere Zeitschrift darf in Lesemappen nur mit ausdrückl. Zustimmung des Verlages geführt werden. Verlag „DER SIMPL" (Freitag-Verlag),
München 23, Werneckstr. 15a. Fernruf 362072. — Herausgeber u. allein verantwortlicher Chefredakteur: Willi Ernst Freitag. — Redaktion: M. Schrimpf. — Sprechstunden: Dienstag u. Donnerstag von 9 bis
12 Uhr. — Für unverlangt eingesandte Manuskripte u. Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Freiumschlag ist beizulegen. — Anzeigen nach Preisliste 3 vom 1. 9. 1948. Anzeigen-Verwaltung: Neue
Haasenstein & Vogler Gesellschaft für Wirtschaftswerbung m.b.H., München 1, Roman-Mayr-Haus (Kauhngerstr. 1/2). Tel. 20388. Klischees: Graphische Kunstanstalt Osiiis, München 5. — Druck und Vertrieb:
Süddeutscher Verlag, München 2, Sendlinger Str. 80, Telefon 28 4 51. Postscheckkonto München 5541. Bankkonto: Bayerische Bank für Handel und Industrie, DepoaitemkasM, Soaaenstrale 13, Hr. 74107.
sagt, fortan bleiben, wo der Pfeffer wächst. Nach dem Genuß von Erbsen zeigen
mir Flatulenzen, daß ich gegenwärtig doch noch mehr animal als anima bin.
Gedanke: was dem einen sein Jota, ist dem anderen sein L. Dies versöhnt
mich, indem es mich aus dem Solitären führt, das mir nur zusagt, soweit es
ästhetisch einwandfrei ist.
1. 11. 50. Wieder spät aufgestanden. Meine schon seit langen Wochen emsig be-
triebene Suche nach Steinen und Kräutern fortgesetzt. Den üblichen Krach mit
Admiranda und den Nachbarn, die behaupten, ich verplempere meine Zeit.
Hierin finde ich das kraftvolle Kavalleristenwort „Plempe" für Säbel und
sinniere über den Gestaltwandel der Worte. Stehe dabei an der hohen Brücke,
von der besetzter Omnibus in die Tiefe stürzt. Interessant, wie die hohen Schreie
nach dem Aufprall jählings verstummen. Farbenspiel der sich entwickelnden
Flammen beobachtet, in denen ich auch mit Entzücken aquamarine und ame-
thystene Farbvariationen bewundern kann. Dieses fesselnde Spiel der Elemente
wird plötzlich durch das Eingreifen hilfswilliger Kolonnen erstickt. Da die Farben-
glut abfällt, gibt sie ein formloses, schwarz verkohltes Durcheinander frei,
dessen geschmolzene Substanzen Qualm und üble Rüche absondern. Da nun die
niedere nützliche Hilfsarbeit im Gange ist, entferne ich mich mißmutig.
Abends mit C! C! eine Flasche 17er Cireaux ä la Möme. Dabei heute leichtere
Gespräche über die Grundprobleme der höheren Mathematik sowie über die
Hauptunterschiede zwischen patristischer und thomistischer Staatsauffassung.
Nehme mir fest vor, mich intensiver mit der bildenden Kunst der Indonesier im
13. Jahrhundert zu befassen. Auch in Südamerika beobachtete Spiralspinne will
ich mir vornehmen, wie man sagt.
Einfall: ist es vornehm, sich etwas vorzunehmen? Auf der anderen Seite sagt
das niedere Volk hierzulande: „nimm di nix vor, so sleit di nix fehl." Doch
scheint mir dies fatalster Fatalismus, der allenfalls in der Sphäre platter Realität
gültig sein mag. Mir als Geistigem wird es nach wie vor gut anstehen, realen
Tand und irdische Nichtigkeiten durch Wortpretiosen in höchste Schichten des
Bedeutenden zu projizieren.
SPLITTER VOM BAUME DER ERKENNTNIS
Jan Kiepura, der berühmte polnische Tenor, einst der Liebling Berlins, dann
als Emigrant in Hollywood, kam mit einem rührenden Film auch persönlich
besuchsweise nach Deutschland zurück. Er hielt dabei in München vor Presse-
vertretern eine längere Rede, die man wohl schlicht als politischen Gallimathias
bezeichnen darf. Er behauptete u. a., ihm allein sei es möglich, die acht Millio-
nen in Amerika lebenden Polen in ihr Heimatland zurückzuführen, aber ein
solches Ansinnen der Warschauer Regierung habe er abgelehnt. Er habe auch
anderes zu tun: nämlich in Deutschland zu filmen, um dem deutschen Film end-
lich wieder internationale Geltung zu geben.
Welch schlichte, bescheidene Selbsteinschätzung, welch tenorale Höhen der
Erkenntnis vom hohen C aus!
Die Geschäfte scheinen drüben nachzulassen. Die Stimme übrigens auch.
Auf dem Schutzumschlag des Reisebuches von E. Bock findet sich die Anpreisung:
„Die Kunst des Reisens, von Goethe so meisterhaft gekonnt, wird von Bock
fortgesetzt." Mit der Kunst des Schreibens scheint es das gleiche zu sein. Fort-
setzung folgt! Vim
SIMPL-BRIEFKASTEN
Fehllenkung In der Einfuhr. Sie haben voll-
ständig recht: immer noch fehlt es an den
richtigen Rohrstöcken, die endlich einmal
eingeführt werden mußten, damit der Er-
zieher nicht immer wieder unbewaffnet
mit der bloßen Hand oder dem schlichten
Lineal seinen ewigen Lausknaben gegen-
überstehen muß. Besonders in Bayern war-
tet man allseits immer noch auf das sozu-
sagen ausführende Organ der Züohtigungs-
bestimrnungen. Hoffen wir, daß unsere Im-
porteure neben Blumen und Datteln end-
lich auch das spanische Röhrl einführen
und sich nicht durch die lächerlichen Schreie
nach Eiern und Butter beirren lassen!
Fräulein Mla aus der P.....straße. Wir
verstehen Ihren Zorn durchaus und finden
ebenfalls, daß Ihr Einkommen aus Männer-
bekanntschaften dem Finanzamt für eine
steuerliche Erfassung zu schmutzig sein
müßte! Aber der Staat denkt sich in solchen
Fällen: Non olet oder „Geld stinkt nicht"
und veranlagt daher auch Sie und Ihre
Kolleginnen zur Einkommen- und gege-
benenfalls zur Umsatzsteuer, — entlastet
aber sein moralisches Gewissen und sein
Sittlichkeitsgefühl dadurch, daß er Sie vom
Arbeitsamt als „arbeitslos" führen läßt.
Empörter Wähler. Nur Ruhe: erst nach
einigen Dementis und Gegendementis wird
es sich zeigen, ob die Parteien sich wirk-
lich durch Abzweigung von Steuergeldern
an die eigene Adresse auf die finanz-
schwachen Beine helfen dürfen. Es wäre
Immerhin ein neuer Fall, daß man, ob man
will oder nicht, die übertriebene Betrieb-
samkeit anderer finanzieren müßte. Denn
wenn auch vielleicht eine dem einzelnen
spürbare Erhöhung der Steuer vermieden
wird, so fehlen doch die monatlich oder
jährlich abgezweigten Gelder an anderen,
uns vielleicht noch wichtiger erscheinenden
Stellen. Wir schlagen daher vor, um die
Hälfte weniger Bundestagsabgeordnete nach
Bonn zu senden!
Eifersüchtiger Klempner in D. Sie haben
es doch leichter als andere Ehemänner:
als Fachmann der Spenglerei können Sie
Ihrer Frau einfach einen soliden blecher-
nen Keuschheitsgürtel anmontieren, wie es
ein Eifersüchtiger in Neapel tat. Den
Schlüssel tragen Sie immer bei sich. Sie
werden ja nicht gleich das Pech haben,
daß Ihre Frau in Kollegenkreisen einen
Verehrer findet und sich in die Arme
eines Kunstschlossers wirft. Vom Einbau
von Alarmsicherungen würden wir abraten.
Nichtraucher In H. Sie rauchen nicht, trin-
ken nicht, tanzen nicht, schweifen nicht
aus, heiraten nicht und fühlen sich trotz-
dem nicht ganz glücklich? Das ist auch uns
völlig unerklärlich. Vielleicht müßten Sie
sich auch noch den Genuß des Schlafens
abgewöhnen?
Werden noch Verzeichnisse hergestellt?
Aber selbstverständlich gibt es Telefon-
bücher In sämtlichen Fernsprechzellen un-
serer Städte. Sie lind nur nie da, weil
Volksgenossen von Vor-Währungsoharakter
sie sich bevorzugt aneignen. Bleibt aber
einmal eins übrig, so kann man es nicht
benutzen, da man die zum Umblättern der
verklebten Seiten nötigen Brechwerkzeuge
oder eine Feuerzange selten in der Tasche
hat Doch geben die Schmutzkrusten be-
deutsame Einblicke in unsern Kulturstand,
der ja bekanntlich proportional zum Sei-
fenverbrauch eines Volkes angesetzt wer-
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Auf großem Fuß. Nehmen Sie Verbindung
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Sie können ihn ja noch erweitern durch
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können Sie es erzwingen, daß modische
Anmut auch den Besitzerinnen von Schuh-
größe 47 und Handschuhnummer 11 ge-
schenkt wird und die Devise „Jede Frau
kann schön sein!" sich erfüllt.
Wie Ist das zu verstehen? Der von Ihnen
gesehene Büstenhalter, der als besondere
Empfehlung die Anpreisung trug: „Hebt
und teilt!" hat Sinkendes zu heben und
das (oder die) Wogen des .Busens zu
teilen. Das Bild ist wahrscheinlich vom
Meerbusen genommen.
Freizeitgestaltung. Sie jammern, daß in-
folge der Beschlagnahme zahlreicher Schmutz-
und Schundhefte Ihr Bedarf an spannen-
der Lektüre und sinnlichem Erleben nicht
mehr gedeckt werden kann? Machen Sie
es wie jener amerikanische „Forscher",
der sich als Assistent des Verfassers
vom „Sexualleben der Männer" ausgab
und Damen telefonisch um Unterlagen bat
für ein dem weiblichen Sexualleben ge-
widmetes Werk ernster Wissenschaft.
Offenherzigste Auskünfte gaben ihm die
nötigen Einblicke und die Damen hätten
interessiert und still auf das Erscheinen
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für die Auskünfte versprochene Belohnung
geschickt hätte.
Schöne Büste
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lauch bei sterker Erschlaffung od.
ispörl. Entwickl. durch natürlich«
«.Behondl. mitd. garant. unschäd-
liehen „WUNDER FORM"-
Emulsion. Seit 12 Jahren
bewährt. Tausende Dankschr.
Paket 9.—DM u. Porto geg.
Nachnahme. (Ang. ob Präparat .V" zur Voll-
entwtckl. od. .A*z. Aufrichtung). Diskr. Versand
Erhältlich in Apotheken od. direkt durch
J.Adams Inst.tntBerimW30/12
Prospekte über fachwissenschaftlich begründete.
Erfolgswirkung gegen Rückporto.
WS
Keine
sanften Itöhniöne
sondern neue Verse von
Heinz Hartwig
In Heinz Hartwig hat Erich Kästner, der
Schöpfer einer stets ins Schwarze, das heißt
ins Finstere treffenden Zeitsatire, einen be-
fähigten Mitstreiter gegen alle von zwei
Weltkriegen nicht erschütterte Borniertheit
gefunden. Der Amtsschimmel, nach jedem
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die gleiche Hohe Schule des Bürokratismus
exerzierend, der Archaio- und Neofaschismus
einschließlich seiner Spielarten, die unsoziale
Trägheit eines noch im Besitz gebliebenen
Spießertums, der Parteiegoismus und der
Einzelpfründner, die tägliche Unmenschlich-
keit im großen und kleinen — gegen alle
diese Erzübel vergangener und jüngster Zeit
eröffnet Heinz Hartwig das Feuerwerk seines
Spottes. Ätzende Formulierungen, brillante
Wort- und Gedankenassoziationen, großzügige
und überraschende Reimerei, unpedantische
und mitreißende Rhythmik zeichnen dieses
politische Buch aus. Rudolf Schmitt-Sulzthal
in „Die Neue Zeitung" München.
Gebunden DM 3.50
FREITAG-VERLAG GMBH MÜNCHEN
WERNECKSTRASSE 15a
Mit „ALLES-K1TT"
verschlossen das
Briefkuvert, wider-
steht heißem Dampf
und noch viel mehr
(z. B. der Neugierde).
Engl. Franz.Span.Fern Unterricht
Lerne Daheim' Prosp. ent. Bminig's Lehrinstitnt Göllinzen 17
Fachausbildung
in Deutsch für Erwachsene, kaufmänn.
Rechnen, Buchführung, Stenographie,
Maschinenschreiben auf brieflichem
Wege mit Abschlußprüfung.
Verlangen Sie unseren Prospekt: M
Stenographenschule
Amorbach/Odenwald
(Schule für Büropraxis)
Raucher
Rasche Entwöhnung. Reichs-
pat. Näh. frei. Ch. Schwarz,
Darmsfadt, Osanstraße 22 b
Bei nachlassen dar Manneskraft u. vor-
zeitigem titern bewährt sich das be-
kannte Hormonpräparat SANURSEX. El
gibt neue Spannkraft u. Lebensfreude.
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So soll es sein I Wenn aber das Leben
übermäßig die besten Kräfte bean-
sprucht, dann muß man dem Orga-
nismus zu Hilfe kommen, um die
jugendliche Spannkraft zu erhalten.
O K A S A
die weltbekannte Hormon-Vitamin -
Kombination hat sich In diesen Fällen
immer wieder hervorragend bewährt.
Okasa sichert die geistige und körper-
liche Leistungskraft, stärkt die Nerven
und gibt so wieder Freude am Leben.
Okasa-Gold für die Frau, -Silber für den
Mann, 100 Tabl DM 9*50 bzw 8,80, in
Apotheken. Verlangen Sie kostenlos aus-
führl. Prospekt von HORMO-PHARMA-
BERLIN SW 319 Kochstraße 18.
Männer über 40
verlg. sofort Prosp. Ober Akola D.R.P. (in ver-
schlossenem Brief) seit 1928. „Keine Präparate,
keine Medizin." Sofort normale Funktionstätig-
keit. Bei Nichterfolg Betrag sofort zurück.
G. WEIGEL, STUTTGART-S. KAUTZENHECKE 20
Franz Roh
Kommentare zur Kunst
Gebunden DM 5.50
Eine Zusammenstellung von Radio-
Kritiken des bekannten Kunsthisto-
rikers— wöchentliche Referate über
Bühne und bildende Kunst in M ü n -
chen während der Jahre 1945-1947.
Franz Roh selber steht dieser
Sammlung skeptisch gegenüber, er
fragt sich, ob man „besonderen
Gewinn aus Reden ziehen könne,
die dem vorübergehenden Alltag
dienten und sich nicht an Einge-
weihte wandten". Nun, die Auf-
sätze enthalten so viel Kluges,
Temperamentvolles, in gutem Sinn
Aggressives und die positiven
Kräfte Förderndes, daß auch ein
der lokalen Atmosphäre Fern-
stehender den jüngsten Bestrebun-
gen der auf große Kulturtradition
zurückschauenden Stadt Interesse
entgegenbringen wird. Das Buch
hat etwas Herzhaftes in seinem
Draufgängertum, und die lehrhafte
Note, die es mit voller Absicht dem
breiten Publikum gegenüber an-
schlägt, wird nie trocken oder über-
heblich, sondern diskutiert den Stoff
lebendig und da und dort auf eine
Art in die Tiefe gehend, die den
Laien nicht scheu macht, weil ihm
etwa zu viel Gelehrsamkeit serviert
wäre. National-Zeitung Basel.
FREITAG-VERLAG GMBH.,
MÜNCHEN-SCHWABING,
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DER SIMPL erscheint jeden zweiten Donnerstag
Bezugspreis pro Monat DM 1.— zuzügl. 6 Pfg. Zustellgebühr. Unsere Zeitschrift darf in Lesemappen nur mit ausdrückl. Zustimmung des Verlages geführt werden. Verlag „DER SIMPL" (Freitag-Verlag),
München 23, Werneckstr. 15a. Fernruf 362072. — Herausgeber u. allein verantwortlicher Chefredakteur: Willi Ernst Freitag. — Redaktion: M. Schrimpf. — Sprechstunden: Dienstag u. Donnerstag von 9 bis
12 Uhr. — Für unverlangt eingesandte Manuskripte u. Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Freiumschlag ist beizulegen. — Anzeigen nach Preisliste 3 vom 1. 9. 1948. Anzeigen-Verwaltung: Neue
Haasenstein & Vogler Gesellschaft für Wirtschaftswerbung m.b.H., München 1, Roman-Mayr-Haus (Kauhngerstr. 1/2). Tel. 20388. Klischees: Graphische Kunstanstalt Osiiis, München 5. — Druck und Vertrieb:
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