Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik: Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik — 5.1950

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6592#0011
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
C. Sturtzkopt

Adenauer: „ich brauche kein
Ermächtigungsgesetz. Ich schieße
meine Gegner sofort ab."

DER WEG IN DIE RETORTE

Aus einem Vortrag des Vorsitzenden des Menschenzüchtervereins e. V. Dr. M ßryo

„Vereinsgenossen und -genossinnen! Auf einem
seiner bekanntesten Blätter, darauf eine Berliner
Range naseweis zu ihren vielen Geschwistern sagt:
,Vatta wird sich freuen, wenn er aus 'et Zuchthaus
kommt, det wa schon so ville sind!' hat Heinrich
Zille, der Altmeister Berliner Humors schon ein
Problem angedeutet, das heute erst in aller Munde
ist: die künstliche Befruchtung. Denn wie anders
soll die Vermehrung der Familie dieses Vaters vor
sich gegangen sein, während der Erzeuger hinter
Gittern saß? Was aber der Karikaturist ahnungs-
voll voraussah, ist inzwischen Wirklichkeit ge-
worden: Der Mensch, auf seinem Wege zur völli-
gen Ausschaltung der Natur unaufhaltsam vor-
dringend, konnte wahrlich eine staatspolitisch so
bedeutsame Sache wie die Fortpflanzung nicht
länger dem Zufall oder der Liebe oder sonst un-
kontrollierbaren Vorgängen überlassen. Die dahin-
zielende Anordnung Adolf Hitlers, die Schwanger-
schaftszeit mit sofortiger Wirkung auf acht Wochen
herabzusetzen, konnte ja leider nicht mehr zur Durch-
führung kommen. Dafür aber hat die Referentin im
ungarischen Unterrichtsministerium, Martha Ligitt,
unlängst Pläne für wissenschaftliche Menschen-
zucht dargelegt, aus denen hervorgeht, daß der So-
wjetstaat, wie sie sagte, auch im Schöße der Frau
Ordnung schaffen wird. Dabei wurde vor allem auf
die beispiellose Materialverschwendung hingewie-
sen, die sich die Natur bei der von ihr angeregten
Art der Zeugung erlaubt und die ein geordnetes,
sparsam haushaltendes und auf Planwirtschaft ein-
gestelltes Staatswesen nicht länger dulden kann.
Auch sollen, wie die Dame sagte, den Frauen in Zu-
kunft peinliche Überraschungen erspart und nur
noch männliche Edelexemplare im Sinne der Kör-
Gesetzgebung zur Zucht, verwendet werden.
Schon jubeln die Statistiker auch über die zunen-
mende Zahl künstlicher Besamungen (.Insemina-
tions') in England und Amerika, und aus Frank-
reich liegen die ersten offiziellen Geburtsanzeigen
künstlich erzeugter Kinder vor. Es muß nur noch
die Alimentationsfrage juristisch grundlegend ge-
klärt werden, um dem Spritzenkind Tür und Tor
zu öffnen. Der gütige Spender väterlicher Zutaten,
die künftig durch Hauslisten- und Straßensamm-
lungen erfaßt werden sollen, will selbstverständ-
lich nicht weiter herangezogen werden. Auch lernen
sich — ein schöner, feinsinnig durchdachter Zug —
Vater und Mutter überhaupt nicht kennen — und
es wird wohl eine glatte Erfindung französischer
Karikaturisten sein, wenn sie behaupten, diese
künstlichen Kinder seien infolge ihrer spritzenför-
migen Köpfe .Ganz der Papa'.

Ungeahnte Möglichkeiten aber eröffnen sich des
weiteren unserer menschenzüchterischen Arbeit,
von denen wh nur zwei der bedeutendsten näher
beleuchten wollen: die Aufrechterhaltung der Ge-
burtenziffer auch während langer Kriege und die
Züchtung geschlechtsloser Menschen.
Immer schon war es eine große Sorge verantwor-
tungsbewußter Staatslenker, daß durch die kriegs-

bedingte lange Abwesenheit der Männei der sol-
datische Nachwuchs jahrgangsweise nicht mehr
gleichmäßig gesichert erschien. Die den Männern
gewährten Urlaube hatten nicht immer das ge-
wünschte Ergebnis und brachten überdies eine viel
zu lange Abwesenheit der Krieger vom Schlacht-
feld mit sich. Jetzt aber kann auch die kämpfende
Truppe durch die Feldpost samenspenderisch ein-
gesetzt werden, wobei die neuzeitliche Errungen-
schaften der Jopa-Tiefkühlung die Haltbarkeit der
Sendung garantieren. Noch bedeutsamer aber er-
scheint uns Züchtern die Möglichkeit, endlich Er-
zeugung und Zucht des Menschen in die Hand des
Staates zu legen, der somit im wahrsten Sinne des
Worts alle Potenzen in sich vereinigt und omni-
potent werden wird. Er wird nicht nur die bekann-
ten unerwünschten Nachwüchse ausschalten, son-
dern er wird Familienveredelung treiben und aus-
schließlich Menschen mit den ihm erwünscht schei-
nenden Eigenschaften herstellen.
So wird es uns gelingen, den vollständig lupen-
reinen Beamten zu züchten, den totalen Lands-
knecht, den freiwilligen Uranbergmann, den star-
ken Parteiführer, den Nur-Wähler und den Hen-
necke schlechthin. Kurz, wir können schon im Mut-
terleibe Berufslenkung treiben und jeden benötig-
ten Spezialisten einfach bestellen Aber auch die

Herstellung des geschlechtslosen Menschen wird
sehr bald möglich sein, des Idealtyps des Untei-
tanen, der außer seiner Arbeit keinerlei ablenken-
den Impuls in sich spürt. Und weil auf dem Wege
über das Neutrum wohl auch die lang ersehnte all-
seitige Neutralität zu erreichen sein wird, muß
unser Ziel heißen: Maulesel an die Front. Weg mit
den veralteten Erscheinungsformen von Mann und
Weib, wir wollen das Maulmensch. Der kleine
Sprung vom Mutterleib in die Retorte, in der ja
künftig auch die Austragung des Kunstproduktes
stattfinden muß, bietet für die Wissenschaft dann
kaum noch Schwierigkeiten. Der künstlich erzeugte,
in der Retorte bei gleichmäßiger Wärme ausge-
brütete Säugling braucht zuletzt nur abgeholt und in
geeigneten Anstalten zum vollwertigen, kriegs- und
arbeitsfrohen, weltanschaulich straff ausgerichteten
Staatsbürger erzogen zu werden. Heil!" Vim

RADIO-WOCHEN KOMMENTAR

„Verehrfe Hörerinnen und Hörer!

Grundsätzlich kann man heute schon sagen, daß in die-
ser Woche neue Ausgangsstellungen gesdiaffen wurden,
um zum Schlußpunkt einer politischen Entwicklung zu ge-
langen, die uns durch mannigfache Geschehnisse — seien
wir ehrlich! — belastet.

Es ist uns heute zumute wie jenem Mann, der einst auf
die Frage, ob er einen Teller Nudelsuppe wünsche, kurz
entschlossen antwortete: „Ja!"

Das Kernproblem freilich, — wie wir aus unserer über-
alterten Schematik heraus zu einer Neubewertung der
Umstände und Verhältnisse übergehen können, — ist da-
durch noch nicht gelöst.

Statt sich mit Zusammenhängen ohne parteipolitische
Voreingenommenheit auseinanderzusetzen, verharrt ein
Großteil unserer Verantwortlichen weiterhin in wirk-
lichkeitsfremder Weisungsgebundenheit. Fast scheint es,
als wolle das formale Recht über eine Erweiterung der
Entschlußfreiheit triumphieren.

Wenn jedoch, wie man in wohlunterrichteten Kreisen er-
klärt, eine gemeinsame Basis für kommende Verhand-
lungen festgelegt werden konnte, so ändert dies die Sach-
lage von Grund auf. Man läßt vielerorts durchblicken,
daß man damit einen bedeutsamen Schritt vorangekom-
men sei, — eine Auffassung, der wir uns anschließen
dürfen, ohne den Vorwurf der Leichtfertigkeit befürchten
zu müssen.

Wie der Sprecher einer hohen Behörde mitteilt, sind wir
in eine neue Phase gesamtpolitischer Wechselbeziehungen
eingetreten. Was hinter uns liegt, — d. h. also in erwei-
tertem Sinne: Die Vergangenheit, ■— liegt hinter uns;
was die Zukunft bringt, muß sich erst noch zeigen. Dar-
über sind sich die leitenden Staatsmänner von fünf Kon-
tinenten — um nur einige aufzuführen — einig.

In den Wandelgängen raunt man sich zu, daß ein be-
ratender Aussdiuß bereits in Bildung begriffen sei. Ja,
der Korrespondent eines angesehenen Blattes will sogar
erfahren haben, daß dieser wiederum in einen Oberaus-
schuß und einen Unterausschuß zerfallen werde.

Derartige Spekulationen mögen verfrüht erscheinen, doch
besteht kein Zweifel, daß ein Markstein der Geschichte
im Werden begriffen ist.

Indem ich hoffe, Ihnen — verehrte Hörerinnen und Hörer
— durch meine Ausführungen das politische Leben un-
serer Tage nähergebracht und — man verzeihe mir
die Kühnheit — verständlicher gemacht zu haben,
wünsche ich Ihnen nun allerseits noch einen recht fidelen
Abend!" ATA

IST ES SCHON WIEDER SO WEIT?

W. Schäfer

Leichtes Bundesintanterie-Sturmgepäck

11
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ist es schon wieder so weit?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschriften: 1) "Adenauer: „Ich brauche kein Ermächtigungsgesetz. Ich schieße meine Gegner sofort ab."" 2) "Leichtes Bundesinfanterie-Sturmgepäck"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schäfer, Wolfgang
Sturtzkopf, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 5.1950, Nr. 1, S. 11.

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen