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Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik: Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik — 5.1950

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https://doi.org/10.11588/diglit.6592#0026
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Wenn ich richtig beobachtet habe, so ist nicht
zu leugnen, daß früher — als wir dem Schnee-
treiben der Welt nicht nur durchs Astloch zu-
schauen durften — der Winter ganz anders aus-
gesehen hat. Er brachte grimmige Kälte und
schneidenden Wind mit sich, und was die Bazil-
len waren, die schnitten grimmige Gesichter
und fielen alle tot um. Heute aber muß man
singen: Ihr Kinderlein kommet, o kommet doch
all, zur „Grippe" her kommet . . . Das ist nicht
mein Fall. Im Januar müssen die Pelzmützen zu
Ehren kommen, und die dicken wollenen Schals.
Und die Ohrenklappen. Und rote Backen muß
man haben und blaue Finger! Gewiß steigt uns
auch heuer manchmal die Röte in die Wangen,
und viele haben Scheuklappen auf, oder sie
schaffen im Wolfspelz — aber das hat andere
Ursachen, Freunde. Und wenn mancher die
Faust in der Tasche ballt, so nicht, weil's ihm zu
kalt ist, sondern weil's ihm zu heiß wird. An-
statt daß das Thermometer fällt, steigt es, wie
die Anzahl der Grenzgänger in allen Teilen
der Welt, und auf dem Nullpunkt sind lediglich
die politischen Verhandlungen angelangt. Kein
Wunder, daß sich die Großmächte so „frostig"
begegnen.

Nicht einmal Schnee gibt es in diesem Jahre,
und man muß sich damit begnügen, daß uns die
Reporter was weiß machen. Wegen des fehlen-
den Schnees gibt es auch so wenig „Bälle" in
diesem Fasching, wenn man von denen absieht,
die sich gerissene Diplomaten gegenseitig zu-
werfen. Als Ersatz für die fehlenden natür-
lichen Niederschläge herrscht eisiges Schwei-
gen, wenn jemand die Einhaltung der garan-

tierten Menschenrechte verlangt und fahren die
Besatzungen weiter mit uns Schlitten. Unter
diesen Umständen haben es die Wintersportler
schwer. Sie können keine großen Sprünge
machen, denn es ist sozusagen alles im Harsch.
So bleiben die Bretter weiter vor den Köpfen,
und die Schlittschuhe liegen im Schrank wie ein-
gefrorene Auslandsguthaben. Richtig kalt wird's
einem nur, wenn man an die Zukunft denkt. Das
einzige, was wir von unseren Alpen haben, ist
der Alpdruck vor den kommenden Ereignissen,
von denen die Wahrsager und Sterndeuter be-
haupten, sie würden recht abkühlend auf die
Optimisten wirken. Aber vielleicht führen uns
die Astrologen nur aufs Glatteis. Und deshalb
wollen wir uns den Fasching nicht verderben
lassen. Stellen wir also ein paar Flaschen auf
Eis, und nehmen wir uns vor, noch närrischer
zu sein, als die anderen von uns verlangen. Für
den großen internationalen Maskenball 1950,
der mit Prinz-Karneval-Wahlen in Finn-, Eng-
und Griechenland beginnt, schlagen wir fol-
gende Kostümierungen vor: Mister Acheson
geht als Don-Kosake und Opa Stalin als Atom-
bombe. Der Gouverneur von Indonesien er-
scheint als fliegender Holländer und der Tito
im Biedermeiermanns-Kostüm mit Januskopf.
Bevin könnte im Hinblick auf die Common-
wealth-Konferenz auf Ceylon als Colombine
antreten, und der Doktor Adenauer geht als
akademischer Schuhmacher. Otto Grotewohl
maskiert sich als Pieck-Dame und Herr Remer

als (Haken)-Kreuz-As. Es gibt ja so viele Mög-
lichkeiten. Anna Pauker kommt als alte Schraube
und Rita Hayworth als junge Mutter. Winston
Churchill verkleidet sich als Pazifist und Gene-
ral Franco als Demokrat.

Es wäre ein lustiges Fest, wenn sie dann alle
die Maske fallen ließen. Fünf Minuten nach
zwölf. Wir Alltagsmenschen aber könnten ge-
mütlich zu Hause sitzen und uns den ganzen
Mummenschanz ansehen. Auch diesem oder
jenem ab und zu mit der Narrenpeitsche eins
über das dicke Fell ziehen. Aber leider wird's
wieder andersrum kommen. W i r werden uns
verkleiden müssen und einen Blechorden an
den bunten Rock bekommen, und die Groß-
kopfeten werden in Lack und Frack in der Loge
sitzen und über uns lachen. Uns bleibt dann
der Weinzwang.

Es wäre ja alles halb so schlimm, wenn wir
wenigstens einen richtigen Winter hätten, wie
bereits eingangs beklagt. Damals, als wir ihn
gar nicht gebrauchen konnten, Anno 1942, da
war er da, der General Winter. Aber jetzt ist er
pensioniert und lacht sich ins Fäustchen, wie die
meisten Generale. Und wir fragen mit Recht:
Wo bleiben Sie denn? Sie wollen uns im Stich
lassen? Ja, sind Sie denn des Teufels General?
Na, lassen wir's. Was dem einen sein Zuck, ist
dem andern sein Meyer, und wir wollen Atomas
Manns genug sein, diesem milden Winter kalt-
lächelnd ins Auge zu sehen und ihn trotzdem
zu lieben, solange er warm ist. Heißa, ihr Brüder!

BACH-KANTATE

Die Intendanten der westdeutschen Sender lehnten die
Übernahme der Bach-Konzerte vom SenderLeipzig ab.

Die Oder ist ein großer Strom.
Die Neiße ist ein Fluß.
Daß nun dazu auch noch ein „Bach"
uns Deutsche trennen muß . . .

O heiliger Sebastian,

den Sender Leipzig streich'!

Man hört dich nur von Hamburg an

und meint, das bleibt sich gleich.

Die „Kunst der Fuge" war der Bach,

der einte uns am End'.

Die Kunst des Unfugs, die ist — ach —

der Ozean, der uns trennt. Heinz Hartwig

..Finden Sie nicht, Herr Oberregierungsrat, vor dem Kriege waren die Faschingsleste bei der Baronin viel ausgelassener.

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Finden Sie nicht, Herr Oberregierungsrat"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "Finden Sie nicht, Herr Oberregierungsrat, vor dem Kriege waren die Faschingsfeste bei der Baronin viel ausgelassener."

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Dubout, Albert
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
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Der Simpl, 5.1950, Nr. 3, S. 26.

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