NICHTS GEGEN DIE BEHORDEN!
Da es in der heutigen modernen Zeit ganz un-
möglich ist, sich der segensreichen Tätigkeit
der zahllosen Behörden zu entziehen und man
auf Schritt und Tritt von einer solchen betreut
wird, wollten Sie gern einmal etwas von dem
Wesen einer solchen Behörde hören. Also
hören Sie:
An der Spitze einer jeden Behörde steht der
Chef, der sogenannte „Dienststellenleiter". Das
ist der Mann, der das meiste Gehalt bezieht
und die Arbeit an die anderen weitergibt. Da-
für ist er an eine Dienstzeit nicht gebunden
und meist auch nicht anwesend. Da er staat-
liche Hoheitsaufgaben zu erfüllen hat, ist er
Zur Vermeidung von Zweifeln
Aus „Schleswig-Holsteinische Anzeigen
Justizministerialblatt für Schleswig-Holstein"
196. Jahrgang, Teil A Nummer 8, August 1949.
S. 255
Landesjustizminister:
Besetzung der Gerichte
Meine Anordnung vom 25. 2. 1948 (SchlHA 1948 S. 97) und
mein Hinweis vom 22.2. 1949 (SchlHA 1949 S. 159).
Zur Vermeidung von Zweifeln weise ich darauf hin, daß
meine Anordnung vom 25. 2. 1948 (SchlHA 1948 S. 97), die
auf Grund des Artikels 6 III Ziffer 4 der VO zur Änderung
von Vorschriften auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung,
der bürgerlichen Rechtspflege und des Kostenrechts vom
27. 1. 1948 (VOB1BZ 1948 S. 13) ergangen ist, über den
30. Juni 1949 hinaus bis zum 31. 12. 1949 Gültigkeit hat,
nacbdem § 1 der Zweiten Verordnung zur Änderung von
Übergangsvorschriften auf dem Gebiete der Gerichts-
verfassung vom 21. 6. 1949 (VOB1BZ 1949 S. 240) die in
Ziffer 4 des Artikels 6 III der VO vom 27. 1. 1948 in der
Fassung der VO vom 22. 1. 1948 (VOB1BZ 1948 S. 384) ent-
haltene Ermächtigung bis zum 31. 12. 1949 verlängert hat.
(UM V. 5. 7. 49 — VIII/34/310 — 2) (SchlHA 1949 S. 255)
Damit dürften nun alle Zweifel, die sich hätten er-
geben können, vermieden sein.
auch in der Demokratie in seiner Allmacht kei-
neswegs beschränkt und zur Repräsentation
verpflichtet. Für diese Mühe bezieht er eine
besondere Dienstaufwandsentschädigung. Auch
vieler Besichtigungen und Dienstreisen muß er
sich unterziehen. Dafür bekommt er Belohnung
nach dem Reisekostengesetz.
Seine Dienststelle ist in einzelne Referate ein-
geteilt, an deren Spitze je ein Referent schwebt.
Er hat die Aufgabe, die anfallende Arbeit an
die ihm „unterstellten" Sachbearbeiter zu ver-
teilen und aufzupassen, daß diese arbeiten. Da-
für bekommt er so bezahlt, als ob er die ganze
Arbeit allein machen würde. Sprechstunden
hält er ab, meist sogar mehrmals in der Woche
von 10—12 Uhr. Mitunter ist er dann zu spre-
chen, meist hat er allerdings gerade eine wich-
tige Konferenz oder ist dienstlich verhindert,
in Urlaub oder krank. Ist er wieder gesund, so
geht er auf Erholungsurlaub. Das Gehalt läuft
weiter.
Dann folgen also die Sachbearbeiter, die ein-
zigen, die die Dienstzeit haargenau innehalten.
Sie sind die tatsächlichen Arbeiter im Amt.
Deshalb werden sie auch am schlechtesten be-
zahlt. Je niedriger das Amt um so mehr Arbeit
und um so weniger Gehalt. Sie verfassen die
Berichte, die alsdann mit der Unterschrift des
Chefs versehen „nach oben" gehen, wo sie den
Nachweis der Notwendigkeit und Leistung
ihrer Dienststelle erbringen sollen. Gelingt
dies dem Sachbearbeiter, so wird sein Chef be-
fördert. Gelingt es ihm dreißig Jahre lang, so
wird auch er zum Abschied befördert. Andern-
falls ist er ungeeignet. Das kann dank dieser
Arbeitseinteilung den anderen nicht passieren.
Daneben wird natürlich auch etwas für die All-
gemeinheit getan, das dem Namen der Dienst-
stelle nahekommt. Meist sind es jedoch Ver-
weisungen an eine andere „zuständige" Dienst-
stelle. Läßt sich trotz der zahlreichen Gesetze,
Verordnungen, Dienstanweisungen usw. die
eigene Zuständigkeit nicht umgehen, so wird
die Sache zur Begutachtung oder Stellung-
nahme weitergegeben, es werden Rückfragen
und Ermittlungen angestellt, bis die Angele-
genheit von selbst überholt ist. Oft wird auch
ein sogenannter Zwischenbescheid erteilt, der
besagt, daß man sich keinen Rat weiß. Wäh-
rend Berichte an die vorgesetzte Dienststelle
immer pünktlich und zufriedenstellend sein
müssen (wegen der Beförderung), sind der Be-
arbeitung von höflich ergehenden Schreiben
des Publikums zeitlich und inhaltlich keine
Grenzen gesetzt.
Nun wollten Sie noch wissen, warum Ihr Ge-
such vom 14. Februar erst am 23. Oktober be-
antwortet wurde und warum das Antwort-
schreiben vom 23. Oktober erst am 11. Novem-
ber bei Ihnen eintraf. Das ist ganz einfach:
Ihr Schreiben vom 14. Februar ging am 16. Fe-
bruar auf der Dienststelle ein, d. h., es kam in
den „Posteinlauf". Dort wird es von einem An-
gestellten feierlich geöffnet. Der Herr Inspek-
tor versieht es zeremoniell mit dem Eingangs-
stempel und vermerkt die Stelle, die es vorerst
abnehmen muß. Vorher geht es aber erst in
die Registratur, die es sorgfältig mit einer
Nummer versieht und in das Brieftagebuch ein-
trägt. Das alles geschieht mitunter an einem
einzigen Tage. Alsdann wird es erst einmal
dem Chef vorgelegt (17. 2.). Der ist, wie gesagt,
keine san{knllökniönc
sondern neue Verse von Heinz Hartwig
Diese „Neuen Verse" mögen nicht jedem Leser angenehm in den
Ohren klingen. Sie. haben nichts mit zarter Lyrik zu tun. In ihnen
geißelt der Verfasser schonungslos die Krankheiten und Fehler
der Zeit und ihrer Menschen. Er nennt schlecht, was schlecht ist,
und setzt das Seziermesser einer beißenden Kritik überall da an,
wo etwas angekränkelt ist. Man muß diese Gedichte lesen, wenn
man wieder einmal in dem Wirrsinn einer Zeit sich nicht mehr
zurechtzufinden glaubt. Fränkische Landeszeitung.
. . . eine Pfeilspitze politische Lyrik, die schmunzeln macht. Man
liest und amüsiert sich königlich. Und stellt am Ende mit der
Träne der Erkenntnis fest, daß wir und unsere Zeit doch eigentlich
eher zu beweinen, denn zu belachen sind. Westfalen-Zeitung.
Die hier gesammelten Verse, Chansons und Zeitgedichte haben
Schliff und sind wie getränkt von der Lust am geistigen Streiten.
Basler Nationalzeitung.
Hinter dem beißenden Spott und der freundlichen Ironie kommt
das Antlitz des Menschen zum Vorschein, der mit beiden Beinen
und wachem Herzen in dem Geschehen seiner Zeit steht.
Fuldaer Volkszeitung.
Hartwig beweist in seinen gereimten Glossen nicht nur Geist und
Witz, er zeigt politische Wachsamkeit im besten Sinne und eine
gute Portion Zivilcourage. Schwäbisches Tagblatt.
Heinz Hartwig . . . gibt in seiner neuen Sammlung wiederum
einen Beweis seines sprühenden Humors, gepaart mit Weltoffen-
heit und tiefem Verständnis der politischen Zusammenhänge.
Die Freiheit.
Gebunden: DM 3.50
FREITAG-VERLAG G.m.b.H MÜNCHEN-SCHWABING
Werneckstraße 15a.
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30
Da es in der heutigen modernen Zeit ganz un-
möglich ist, sich der segensreichen Tätigkeit
der zahllosen Behörden zu entziehen und man
auf Schritt und Tritt von einer solchen betreut
wird, wollten Sie gern einmal etwas von dem
Wesen einer solchen Behörde hören. Also
hören Sie:
An der Spitze einer jeden Behörde steht der
Chef, der sogenannte „Dienststellenleiter". Das
ist der Mann, der das meiste Gehalt bezieht
und die Arbeit an die anderen weitergibt. Da-
für ist er an eine Dienstzeit nicht gebunden
und meist auch nicht anwesend. Da er staat-
liche Hoheitsaufgaben zu erfüllen hat, ist er
Zur Vermeidung von Zweifeln
Aus „Schleswig-Holsteinische Anzeigen
Justizministerialblatt für Schleswig-Holstein"
196. Jahrgang, Teil A Nummer 8, August 1949.
S. 255
Landesjustizminister:
Besetzung der Gerichte
Meine Anordnung vom 25. 2. 1948 (SchlHA 1948 S. 97) und
mein Hinweis vom 22.2. 1949 (SchlHA 1949 S. 159).
Zur Vermeidung von Zweifeln weise ich darauf hin, daß
meine Anordnung vom 25. 2. 1948 (SchlHA 1948 S. 97), die
auf Grund des Artikels 6 III Ziffer 4 der VO zur Änderung
von Vorschriften auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung,
der bürgerlichen Rechtspflege und des Kostenrechts vom
27. 1. 1948 (VOB1BZ 1948 S. 13) ergangen ist, über den
30. Juni 1949 hinaus bis zum 31. 12. 1949 Gültigkeit hat,
nacbdem § 1 der Zweiten Verordnung zur Änderung von
Übergangsvorschriften auf dem Gebiete der Gerichts-
verfassung vom 21. 6. 1949 (VOB1BZ 1949 S. 240) die in
Ziffer 4 des Artikels 6 III der VO vom 27. 1. 1948 in der
Fassung der VO vom 22. 1. 1948 (VOB1BZ 1948 S. 384) ent-
haltene Ermächtigung bis zum 31. 12. 1949 verlängert hat.
(UM V. 5. 7. 49 — VIII/34/310 — 2) (SchlHA 1949 S. 255)
Damit dürften nun alle Zweifel, die sich hätten er-
geben können, vermieden sein.
auch in der Demokratie in seiner Allmacht kei-
neswegs beschränkt und zur Repräsentation
verpflichtet. Für diese Mühe bezieht er eine
besondere Dienstaufwandsentschädigung. Auch
vieler Besichtigungen und Dienstreisen muß er
sich unterziehen. Dafür bekommt er Belohnung
nach dem Reisekostengesetz.
Seine Dienststelle ist in einzelne Referate ein-
geteilt, an deren Spitze je ein Referent schwebt.
Er hat die Aufgabe, die anfallende Arbeit an
die ihm „unterstellten" Sachbearbeiter zu ver-
teilen und aufzupassen, daß diese arbeiten. Da-
für bekommt er so bezahlt, als ob er die ganze
Arbeit allein machen würde. Sprechstunden
hält er ab, meist sogar mehrmals in der Woche
von 10—12 Uhr. Mitunter ist er dann zu spre-
chen, meist hat er allerdings gerade eine wich-
tige Konferenz oder ist dienstlich verhindert,
in Urlaub oder krank. Ist er wieder gesund, so
geht er auf Erholungsurlaub. Das Gehalt läuft
weiter.
Dann folgen also die Sachbearbeiter, die ein-
zigen, die die Dienstzeit haargenau innehalten.
Sie sind die tatsächlichen Arbeiter im Amt.
Deshalb werden sie auch am schlechtesten be-
zahlt. Je niedriger das Amt um so mehr Arbeit
und um so weniger Gehalt. Sie verfassen die
Berichte, die alsdann mit der Unterschrift des
Chefs versehen „nach oben" gehen, wo sie den
Nachweis der Notwendigkeit und Leistung
ihrer Dienststelle erbringen sollen. Gelingt
dies dem Sachbearbeiter, so wird sein Chef be-
fördert. Gelingt es ihm dreißig Jahre lang, so
wird auch er zum Abschied befördert. Andern-
falls ist er ungeeignet. Das kann dank dieser
Arbeitseinteilung den anderen nicht passieren.
Daneben wird natürlich auch etwas für die All-
gemeinheit getan, das dem Namen der Dienst-
stelle nahekommt. Meist sind es jedoch Ver-
weisungen an eine andere „zuständige" Dienst-
stelle. Läßt sich trotz der zahlreichen Gesetze,
Verordnungen, Dienstanweisungen usw. die
eigene Zuständigkeit nicht umgehen, so wird
die Sache zur Begutachtung oder Stellung-
nahme weitergegeben, es werden Rückfragen
und Ermittlungen angestellt, bis die Angele-
genheit von selbst überholt ist. Oft wird auch
ein sogenannter Zwischenbescheid erteilt, der
besagt, daß man sich keinen Rat weiß. Wäh-
rend Berichte an die vorgesetzte Dienststelle
immer pünktlich und zufriedenstellend sein
müssen (wegen der Beförderung), sind der Be-
arbeitung von höflich ergehenden Schreiben
des Publikums zeitlich und inhaltlich keine
Grenzen gesetzt.
Nun wollten Sie noch wissen, warum Ihr Ge-
such vom 14. Februar erst am 23. Oktober be-
antwortet wurde und warum das Antwort-
schreiben vom 23. Oktober erst am 11. Novem-
ber bei Ihnen eintraf. Das ist ganz einfach:
Ihr Schreiben vom 14. Februar ging am 16. Fe-
bruar auf der Dienststelle ein, d. h., es kam in
den „Posteinlauf". Dort wird es von einem An-
gestellten feierlich geöffnet. Der Herr Inspek-
tor versieht es zeremoniell mit dem Eingangs-
stempel und vermerkt die Stelle, die es vorerst
abnehmen muß. Vorher geht es aber erst in
die Registratur, die es sorgfältig mit einer
Nummer versieht und in das Brieftagebuch ein-
trägt. Das alles geschieht mitunter an einem
einzigen Tage. Alsdann wird es erst einmal
dem Chef vorgelegt (17. 2.). Der ist, wie gesagt,
keine san{knllökniönc
sondern neue Verse von Heinz Hartwig
Diese „Neuen Verse" mögen nicht jedem Leser angenehm in den
Ohren klingen. Sie. haben nichts mit zarter Lyrik zu tun. In ihnen
geißelt der Verfasser schonungslos die Krankheiten und Fehler
der Zeit und ihrer Menschen. Er nennt schlecht, was schlecht ist,
und setzt das Seziermesser einer beißenden Kritik überall da an,
wo etwas angekränkelt ist. Man muß diese Gedichte lesen, wenn
man wieder einmal in dem Wirrsinn einer Zeit sich nicht mehr
zurechtzufinden glaubt. Fränkische Landeszeitung.
. . . eine Pfeilspitze politische Lyrik, die schmunzeln macht. Man
liest und amüsiert sich königlich. Und stellt am Ende mit der
Träne der Erkenntnis fest, daß wir und unsere Zeit doch eigentlich
eher zu beweinen, denn zu belachen sind. Westfalen-Zeitung.
Die hier gesammelten Verse, Chansons und Zeitgedichte haben
Schliff und sind wie getränkt von der Lust am geistigen Streiten.
Basler Nationalzeitung.
Hinter dem beißenden Spott und der freundlichen Ironie kommt
das Antlitz des Menschen zum Vorschein, der mit beiden Beinen
und wachem Herzen in dem Geschehen seiner Zeit steht.
Fuldaer Volkszeitung.
Hartwig beweist in seinen gereimten Glossen nicht nur Geist und
Witz, er zeigt politische Wachsamkeit im besten Sinne und eine
gute Portion Zivilcourage. Schwäbisches Tagblatt.
Heinz Hartwig . . . gibt in seiner neuen Sammlung wiederum
einen Beweis seines sprühenden Humors, gepaart mit Weltoffen-
heit und tiefem Verständnis der politischen Zusammenhänge.
Die Freiheit.
Gebunden: DM 3.50
FREITAG-VERLAG G.m.b.H MÜNCHEN-SCHWABING
Werneckstraße 15a.
<5)te gute iaun e
ChrAdtMpferbergetCQ.gegr.WSO
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