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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0207

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deren Obhuf nicht zu ihren Aufgaben gehört, zu berücksich-
tigen, und werde sich hinsichtlich der baulichen Verwendung
des Grundstückes — sei es für einen Umbau oder Neubau —
lediglich von den Rücksichten leiten lassen, die das dienst-
liche Interesse vorschreibe.
Werden sich die Körperschaften, die diese Angelegenheit
in die Hand genommen haben, bei dieser Absage beruhigen?
Wir glauben es nicht Wenn die Postverwalfung Kunstdenk-
mäler, deren Obhut nicht zu ihren Aufgaben gehört, zerstören
will, so wird man an diejenigen Behörden appellieren müssen,
deren Obhut die historischen und Kunstdenkmäler anverfraut
sind. Hilft das nicht, so gibt es noch eine höhere Instanz: den
Reichstag. Frankfurt besaß nur zwei Gebäude aus dem vo-
rigen Jahrhundert, die wirkliche Kunstdenkmäler waren: das
Schweitzerische Haus und das Thum- und Taxis'sche Pa-
lais. Das Schweizerische Haus, dieses Meisterwerk Pi-
gage's, hat die Postverwalfung niedergerissen; an seine Stelle
hat sie jenen Kolossalbau gesetzt, für den die Zeil zu eng ist,
der alle umliegenden Gebäude erdrückt und den Charakter
dieser schönen Straße vernichtet hat. Jetzt bleibt uns noch
das Thum- und Taxis'sche Palais. Soll dieses auch fallen, so
wird es sicher nicht geschehen, ohne daß unsere Bürgerschaft
alle Hebel in Bewegung setzt, um diese himmelschreiende Bar-
barei zu verhindern.
Die gefälschten Papiere des Akademikers
Michel Chasles.
Der greise Mathematiker Wilfrid von F o n v i e 11 e ver-
öffentlicht in der „Revue Bleue" vom 1. October seine Er-
innerungen an eine Fälschergeschichfe, welche vor 30
Jahren die ganze gebildete Welf beschäftigte. Im Jahre 1885
hat Alphonse Daudet diese Geschichte als Stoff zu seinem
Buche „LTmmorfel" benutzt. Die einfachen Thatsachen, die
Fonvielle erzählt, klingen viel unwahrscheinlicher als Daudefs
Roman; man würde sie für ein Märchen halfen, wenn sie nicht
durch die Literatur, die darüber veröffentlicht worden ist,
bekannt wären und wenn die jüngsten Ereignisse nicht be-
wiesen, daß in Frankreich durch gefälschte Briefe das Un-
glaublichste glaubhaft gemacht werden kann. Fonvielle be-
zweckt mit seiner Veröffentlichung, die Lehren, welche sich
aus der Äffaire Chasles ergaben, auf die Affaire Dreyfus
anzuwenden. Wir geben in Nachfolgendem eine Uebersefzung
seines Berichtes.
Vor dreißig Jahren wurde die Akademie der Wissen-
schaften in Paris das Opfer einer dreisten Mystifikation,
welche die Gelehrfenwelt in Aufregung versetzte und die Lei-
 
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