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I. Die Dienstauffassung
der Bühnensklaven und ihr Verhältnis zu den Freien

Daß die Sklaverei in Theorie und Praxis der griechisch-römischen
Antike fast durchweg als selbstverständliche Basis des sozialen Gefüges
hingenommen wurde, ist durch die moderne Forschung eindeutig er-
wiesen. Um so größere Bedeutung kommt daher den wenigen Stimmen zu,
die sich vom Grundsätzlichen her mit der ihr innewohnenden Problema-
tik beschäftigten. Bahnbrechend wurden hier vor allem die Lehren der
Sophistik1. Ihre berühmte Antithese von Physis und Nomos, von Natur-
reclit und positivem Recht, erstreckte sich folgerichtig auch auf die
sozialen Unterschiede in der Gesellschaft und damit auch auf das gesell-
schaftliche Phänomen der Sklaverei: „denn nur nach Gesetz und Brauch
sei der eine Sklave, der andere frei; von Natur aus bestehe kein Unter-
schied. Deshalb sei es auch nicht gerecht, es sei ja reine Gewalt“, so gibt
Aristoteles die Theorie der Sophisten wieder, um dann gegen sie zu
polemisieren2. Auf solchen Gedanken fußend, konnte der Gorgiasschüler
Alkidamas die Freilassung messenischer Kriegsgefangener fordern mit
der Begründung, Gott habe alle Menschen als Freie geschaffen, niemand
sei von Natur aus zum Sklaven bestimmt: Ελευθέρους άφηκε πάυτας θεός·
ούδέυα δούλου ή φύσις πεποίηκεν3.
Verfolgt man die Einwirkung dieser Gedankengänge auf das Drama,
wobei in erster Linie an die Tragödien des Euripides zu denken ist, so
erkennt man, daß hier trotz aller Aufgeschlossenheit gegenüber der Sophi-
stik das Problem von einem wesentlich verschiedenen Standort aus be-
1 Vgl. R. Schlaifer, Greek Theories of Slavery from Homer to Aristotle, Harv.
Stud. in Class. Philol. 47 (1936), S. 184ff.; eine gute Zusammenfassung gibt
W. Richter, Seneca und die Sklaverei, Gymnasium 65 (1958), S. 198ff.; neuer-
dings auch S. Lauffer, Die Sklaverei in der griechisch-römischen Welt, XIe Congres
International des Sciences Historiques, Rapports II (1960), S. 71 ff.
2 Aristot. Pol. 1, 3, 1253b 18ff.; W. Nestle, Vom Mythos zum Logos, 2. Aufl.
Stuttgart 1942, S. 367ff.; J. Vogt, Sklaverei und Humanität im klassischen Griechen-
tum, Abhandl. der Geistes-u. sozialwiss. Kl. d. Akad., d. Wiss. u. Lit. Mainz 1953,
S. 172ff. 3 Aristot. Rhet. Schol. 13, 1373b 18ff.

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