Die Gründung der Stadt
A
1 x Die Ringlegende
Über die Vorgänge, die zur Gründung der Stadt Gmünd führten, weiß keine
Quelle so viel zu berichten wie die Legende. Ihr Rankenwerk gedeiht meist dort
am üppigsten, wo der Boden der gesicherten Überlieferung nur dürftigen Ertrag
hervorbringt. Die weithin bekannte Ringlegende, die sich auf eine Lorcher Quelle
beruft, begegnet im Schrifttum zum ersten Mal in den Annales Suevici des MAR-
TIN CRUSIUS am Ende des 16. Jahrhunderts.1 In der deutschen Übersetzung
des Joh. Jacob Moser von 1733 lautet sie folgendermaßen:
„Sie sagen, es habe einmahls Friederich, des Alten Frau Gemahlin Agnes ihren
Trauungs-Ring an selbigem Ort verlohren, und habe sich darüber sehr bekümmert.
Da habe Hertzog Friederich, durch eine öffentliche Schrifft, dem der ihn finden
würde, ein grosses Geschenck versprochen, und sich dabey verpflichtet dahin, wo
der Ring würde gefunden werden, eine Statt zu bauen. Als man nun lang gesucht,
seye der Ring an dem Ort gefunden worden, wo jetzo Gmünd stehet. Als dann
habe man angefangen die Statt zu bauen und Gamunda oder Gemünd genannt,
welchen Nähme ihr der Friderich beygelegt habe, als wollte er sagen: Welt! freue
dich, der Ring ist gefunden. Ich laß dieses fahren, weils ungewiß ist. Dann ich
nachmahls anderswo gefunden, daß nicht Gmünd, sondern ein Closter um dieser
Ursache halber erbaut worden seye . . .“2
Der kritische Vorbehalt des Chronisten verdient Beachtung. Stellt man die Frage
nach der Glaubwürdigkeit oder nach dem historischen Kern der Legende, so ist
neben der Version des Crusius auch die Gmünder Lokaltradition zu hören. Un-
verkennbar sind hier manche neue Akzente gesetzt. Die Aussagen sind verdichtet
und vor allem genauer lokalisiert..
1 Die lat. Fassung in der in Frankfurt 1595/96 erschienenen 1. Aufl. in lib. IX pars II, S. 316 f.
2 Vgl. 2. Teil 9. Buch Kap. 4, S. 521.
4 Jagdgruppe unterhalb der Madonna
A
1 x Die Ringlegende
Über die Vorgänge, die zur Gründung der Stadt Gmünd führten, weiß keine
Quelle so viel zu berichten wie die Legende. Ihr Rankenwerk gedeiht meist dort
am üppigsten, wo der Boden der gesicherten Überlieferung nur dürftigen Ertrag
hervorbringt. Die weithin bekannte Ringlegende, die sich auf eine Lorcher Quelle
beruft, begegnet im Schrifttum zum ersten Mal in den Annales Suevici des MAR-
TIN CRUSIUS am Ende des 16. Jahrhunderts.1 In der deutschen Übersetzung
des Joh. Jacob Moser von 1733 lautet sie folgendermaßen:
„Sie sagen, es habe einmahls Friederich, des Alten Frau Gemahlin Agnes ihren
Trauungs-Ring an selbigem Ort verlohren, und habe sich darüber sehr bekümmert.
Da habe Hertzog Friederich, durch eine öffentliche Schrifft, dem der ihn finden
würde, ein grosses Geschenck versprochen, und sich dabey verpflichtet dahin, wo
der Ring würde gefunden werden, eine Statt zu bauen. Als man nun lang gesucht,
seye der Ring an dem Ort gefunden worden, wo jetzo Gmünd stehet. Als dann
habe man angefangen die Statt zu bauen und Gamunda oder Gemünd genannt,
welchen Nähme ihr der Friderich beygelegt habe, als wollte er sagen: Welt! freue
dich, der Ring ist gefunden. Ich laß dieses fahren, weils ungewiß ist. Dann ich
nachmahls anderswo gefunden, daß nicht Gmünd, sondern ein Closter um dieser
Ursache halber erbaut worden seye . . .“2
Der kritische Vorbehalt des Chronisten verdient Beachtung. Stellt man die Frage
nach der Glaubwürdigkeit oder nach dem historischen Kern der Legende, so ist
neben der Version des Crusius auch die Gmünder Lokaltradition zu hören. Un-
verkennbar sind hier manche neue Akzente gesetzt. Die Aussagen sind verdichtet
und vor allem genauer lokalisiert..
1 Die lat. Fassung in der in Frankfurt 1595/96 erschienenen 1. Aufl. in lib. IX pars II, S. 316 f.
2 Vgl. 2. Teil 9. Buch Kap. 4, S. 521.
4 Jagdgruppe unterhalb der Madonna