ANMERKUNGEN UND BELEGE. 319
ohne mannigfachen Widersprach, zugeschrieben wird. Auch Perugino und
Pinturicchio treten auf den Plan. Leugnen lässt sich nicht, dass die
Federzeichnung einen fremdartigen Charakter besitzt. Am auffallendsten
erscheint der gespreizte Daumen, der grosse Zwischenraum zwischen
Daumen und Zeigefinger, der geknickte kleine Finger. Auch die Falten
sind anders als gewöhnlich bei Rafsael gelegt, mit Augen versehen,
knittriger im Charakter. Diese Merkmale wiederholen sich übrigens bei
mehreren anderen Blättern (Louvre Br. 250, Usfizi Br. 50 r u. a.), welche
dann gleichfalls, wenn das Blatt in der Albertina nicht Rafsael gehört,
diesem abgesprochen werden müssten. Wunderbar wäre es nicht, dass
sich Raffael in der ersten Zeit, als er noch in Perugino's Werkstätte
weilte, nach fremden Vorlagen richten musste, nicht weil er unfähig
war, selbständige Compositionen zu entwerfen, sondern weil es der
Besteller so wollte. Das Tafelbild in Berlin bleibt jedenfalls Rasfael's
Werk. Dieses beweist der landschaftliche Hintergrund, die Thurm-
bauten, welche auch auf anderen Zeichnungen (Oxford Br. r o, Louvre
Br. 255) und Gemälden (Predella mit der Verkündigung auf dem Bilde
der Krönung Maria?) wiederkehren. (Ich versuchte die Bilder und Zeich-
nungen aus der Jugend Rasfael's bis 1508 nach den landschaftlichen
Hintergründen zu ordnen, um vielleicht eine Handhabe für die Chrono-
logie zu gewinnen. Das letztere ist mir bis jetzt nicht gelungen und
ich glaube auch nicht, dass Rafsael immer erst ein landschaftliches Motiv
vollständig ausbeutete, ehe er zu einem anderen überging. Immerhin
liessen sich mehrere Hauptmotive, die für Rafsael charakteristisch sind
und in den einzelnen Zeitabschnitten vorherrschen, entdecken. Die ein-
gehende Erörterung des interessanten Gegenstandes bleibt einer Special-
studie vorbehalten.)
Aehnlich wie mit der Madonna mit den zwei Heiligen verhält es
sich mit der Madonna Solly, welche ebenfalls in der Berliner Galerie
bewahrt wird. Die Madonna (Halbfigur) liest in einem Buche, welches
sie in der Rechten hält und unterstützt mit der Linken den Fuss des auf
ihrem Schoosse sitzenden Christkindes. Dieses spielt mit einen Stieglitz,
hält aber die Augen auf das Buch gerichtet. Der Hintergrund zeigt
links einen bewachsenen Hügel, mit fünf dünnen Bäumchen bepssanzt,
rechts leicht ansteigendes grünes Gelände. Der Ausgangspunkt der Com-
position ist in einer Federzeichnung im Louvre (Br. 250) zu suchen, welche
nicht blos in der Zeichnung der Hände und des Kopfes von Rasfael's
sonst üblicher Weise abweicht, sondern auch in Einzelheiten von dem
Gemälde sich unterscheidet. Das Christkind faltet z. B. auf der Zeichnung
die Hände, während es aus dem Bilde in der Linken den Vogel, in der
Rechten den Faden hält, an welchem jener befesugt ist. — Wenn in der
Madonna Solly (in dem spielenden Kinde) ein Zug angedeutet wird,
ohne mannigfachen Widersprach, zugeschrieben wird. Auch Perugino und
Pinturicchio treten auf den Plan. Leugnen lässt sich nicht, dass die
Federzeichnung einen fremdartigen Charakter besitzt. Am auffallendsten
erscheint der gespreizte Daumen, der grosse Zwischenraum zwischen
Daumen und Zeigefinger, der geknickte kleine Finger. Auch die Falten
sind anders als gewöhnlich bei Rafsael gelegt, mit Augen versehen,
knittriger im Charakter. Diese Merkmale wiederholen sich übrigens bei
mehreren anderen Blättern (Louvre Br. 250, Usfizi Br. 50 r u. a.), welche
dann gleichfalls, wenn das Blatt in der Albertina nicht Rafsael gehört,
diesem abgesprochen werden müssten. Wunderbar wäre es nicht, dass
sich Raffael in der ersten Zeit, als er noch in Perugino's Werkstätte
weilte, nach fremden Vorlagen richten musste, nicht weil er unfähig
war, selbständige Compositionen zu entwerfen, sondern weil es der
Besteller so wollte. Das Tafelbild in Berlin bleibt jedenfalls Rasfael's
Werk. Dieses beweist der landschaftliche Hintergrund, die Thurm-
bauten, welche auch auf anderen Zeichnungen (Oxford Br. r o, Louvre
Br. 255) und Gemälden (Predella mit der Verkündigung auf dem Bilde
der Krönung Maria?) wiederkehren. (Ich versuchte die Bilder und Zeich-
nungen aus der Jugend Rasfael's bis 1508 nach den landschaftlichen
Hintergründen zu ordnen, um vielleicht eine Handhabe für die Chrono-
logie zu gewinnen. Das letztere ist mir bis jetzt nicht gelungen und
ich glaube auch nicht, dass Rafsael immer erst ein landschaftliches Motiv
vollständig ausbeutete, ehe er zu einem anderen überging. Immerhin
liessen sich mehrere Hauptmotive, die für Rafsael charakteristisch sind
und in den einzelnen Zeitabschnitten vorherrschen, entdecken. Die ein-
gehende Erörterung des interessanten Gegenstandes bleibt einer Special-
studie vorbehalten.)
Aehnlich wie mit der Madonna mit den zwei Heiligen verhält es
sich mit der Madonna Solly, welche ebenfalls in der Berliner Galerie
bewahrt wird. Die Madonna (Halbfigur) liest in einem Buche, welches
sie in der Rechten hält und unterstützt mit der Linken den Fuss des auf
ihrem Schoosse sitzenden Christkindes. Dieses spielt mit einen Stieglitz,
hält aber die Augen auf das Buch gerichtet. Der Hintergrund zeigt
links einen bewachsenen Hügel, mit fünf dünnen Bäumchen bepssanzt,
rechts leicht ansteigendes grünes Gelände. Der Ausgangspunkt der Com-
position ist in einer Federzeichnung im Louvre (Br. 250) zu suchen, welche
nicht blos in der Zeichnung der Hände und des Kopfes von Rasfael's
sonst üblicher Weise abweicht, sondern auch in Einzelheiten von dem
Gemälde sich unterscheidet. Das Christkind faltet z. B. auf der Zeichnung
die Hände, während es aus dem Bilde in der Linken den Vogel, in der
Rechten den Faden hält, an welchem jener befesugt ist. — Wenn in der
Madonna Solly (in dem spielenden Kinde) ein Zug angedeutet wird,