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Springer, Anton; Osborn, Max [Editor]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0024
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Erster Abschnitt: 1750-1819.

Malerei überhaupt manches von ihm gelernt. Das geschah in derselben Zeit, da auch der eng-
lische Stahlstich sich der größten Beliebtheit erfreute und seine Härte von den Verehrern gar nicht
bemerkt wurde. Die lange Absperrung Englands vom Kontinent während der Napoleonischen
Kriege hat dazu beigetragen, daß, als der Verkehr frei wurde, die Werke englischen Ursprungs
mit einer großen Neugierde, allmählich auch mit Bewunderung betrachtet und als Muster ge-
priesen wurden. Diese Absperrung, und das ist viel wichtiger, hat auch die Ausbildung der
englischen Eigenart in Sachen des Geschmacks bewirkt. Die englische Kunst blieb von dem fran-
zösischen Einfluß frei, dem der Kontinent in so hohem Maße und so lange zinspflichtig wurde.

7. Die Toilette der Pandora, von John Flaxman.


2. David und seine Schule.
Die Größe und der Umfang des französischen Einflusses auf die Kunst des europäischen
Festlandes wurden teilweise durch äußerliche Verhältnisse, wie z. B. die Machtstellung des
französischen Kaiserreichs, bedingt. Die Völker Europas folgten überdies nur einer alten Ge-
wohnheit, wenn sie ihre Blicke staunend auf Paris richteten. Aber auch die ausnehmende
Rührigkeit der französischen Künstlerwelt, die hervorragende Bedeutung einzelner Maler dürfen
nicht vergessen werden. Nirgends wurde die neue klassische Richtung so geräuschvoll und mit
einem so reichen Aufwand an Mitteln ins Leben eingeführt wie in Frankreich. Eine Per-
sönlichkeit vor allen hat diesen Umschwung bewirkt und mit gewaltiger Energie sestgehalten:
Jacques Louis David (1748—1825). Er hielt sich nicht allein selbst sür einen der größten
Künstler, auch von seinen Zeitgenossen wurde er ohne Widerspruch so hoch eingeschätzt. Das
spätere Geschlecht hat den Ruhmestitel Davids arg gekürzt, seine Bedeutung in der Geschichte
der modernen Kunst aber nicht bestreiten können. Gerade das bis zum Übermaß gesteigerte
Selbstbewußtsein, seine Geringschätzung aller anderen Künstler und Kunstweisen, sein tyrannisches
Auftreten, als ihm in der Revolutionszeit seine politische Stellung die Diktatur im Künstler-
reiche in die Hände spielte, halfen mit, der von ihm vertretenen Richtung den Sieg zu sichern.
Davids Phantasie gebot über keinen großen Reichtum an'Wedanken und bewegte sich nur
schwerfällig. Auch hat er nicht etwa zuerst auf die antiken Muster hingewiesen und sie in die
Kunst eingesührt. Durch die heimischen Tragiker und im Kreise der Malerei durch Poufsin
war das klassische Element bereits stofflich in Frankreich eingebürgert worden, und seit der
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts konnte auf jeder Ausstellung der Akademiker, in jedem
 
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