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Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0269
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4. Das Erwachen der Farbe in Deutschland.

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Landschaftskunst anbahnten. Dielmann
war es, der, gleichfalls schon in den
fünfziger Jahren, die Frankfurter
Künstler nach dem kleinen Orte Kron-
berg im Taunus führte, wo sie sich
ähnlich wie die Meister von Barbizon
im ungestörten Studium der Natur
in die Geheimnisse der farbigen Wirk-
lichkeit versenkten, ohne anderes Ziel,
als die Schätze zu heben, die hier
ruhten. Dort fand sich auch Burger
ein, zum Vorteil seiner malerischen
Entwicklung. Dort ward Peter Bur-
nitz (1824—1886) seßhaft, der selbst
schon ein Jahrzehnt lang in Paris ge-
wesen war und von dort eine feine
Landschaftskunst mitgebracht hatte, die
ihre Abstammung von der Schule von
Fontainebleau nicht verleugnen kann.
Dort siedelte sich Otto Scholderer
(1834—1902) an, der geschmackvolle,
gleichfalls in Paris gebildete und schon
von Courbet beeinflußte Stillebeumaler.
Ferner Ad o lf S chre y er(1828—1899),
der in langer Wanderschaft das östliche
Europa, Kleinasien und Nordafrika durch-
reiste, den Krimkrieg mitmachte und in


243. Lustige Unterhaltung, von Fritz Werner.
(Nach der Origtrialradierung des Künstlers)

feinen Pferdebildern Fromentin an Breite und Lebendigkeit des Vortrags nacheiferte. Sein
Freund und Landsmann Teutwart Schmitson (1830 —1863), der aber seiner Vaterstadt
Frankfurt schon frühzeitig untreu wurde, liebte gleich ihm die zügellosen, ungezähmten Pferde
der Steppe (Abb. 239) und die Herden der Pußta, die er mit außerordentlichem Temperament
und in glänzender Technik besonders gern in wilder dramatischer Bewegung, in dichtgedrängten
Rudeln, zwischen aufgeweichten Schneemasfen, im Regen und Sturm schilderte. Auch den
Hanauer Friedrich Karl Hausmann (1825—1886), dessen starke koloristische Begabung die
Jahrhundertausstellung wieder aus der Vergessenheit zog, darf man den Frankfurtern zurechnen.
Hausmann hatte sich wiederum in Paris gebildet und sich dort eine malerische Kraft und eine
souveräne Sicherheit der Pinselführung angeeignet, die fast an Delacroix und Daumier denken
lassen (Abb. 240). Seine italienischen Kircheninterieurs mit den farbigen Gewändern der Kar-
dinäle und Bischöfe vor allem find in der Gruppierung der Figuren und in der Anordnung
der Farbenwerte ungewöhnliche Leistungen für jene Zeit. Auch fein großes Historienbild
„Galilei vor dem Konzil", dessen Skizze freilich stärker wirkt als das ausgeführte Gemälde
selbst, wird durch solche Eigenschaften über den Durchschnitt dieses Genres hoch emporgehoben.
Aber nicht allein in Frankfurt, in ganz Deutschland macht sich um jene Zeit, in den
fünfziger und sechziger Jahren, eine Kunst bemerkbar, die, abseits von der Historien- und
Genremalerei, wenn auch vielfach in Beziehungen zu ihr, zur Einfachheit und Naturwahrheit
und von der oft lauten Buntheit des neu gewonnenen Kolorismus zu schlichter Tonschönheit
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