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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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III. und IV. Lieferung
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Gronau, Georg: Zu Jacometto Veneziano
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Frimmel, Theodor von: Ein raffaeleskes Bild im Besitz von Rudolf Abt
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0060

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venezianische Miniatur von vorzüglicher Qualität zu dem, was man von
Jacometto voraussetzen darf; es iäßt sich auch stilistisch mit dem Doppel-
bildnis in Beziehung bringen. Brustbilder ohne Hände bieten ja dem stil-
kritischen Vergleichen besondere Schwierigkeiten; jedoch scheint mir ein
Zug hier und dort den Rückschluß auf die gleiche Meisterhand zu gestatten.
Bei dem männlichen Bildnis der Liechtensteinschen Galerie beobachtet man
die scharf markierte Linie, die sich von der Nase bis in die Höhe des
Mundes mit leichter Rundung herunterzieht, sowie die schräg dazu gestellte
kleinere, die den rechten Mundwinkel schneidet. Diese beiden Linien findet
man genau ebenso bei den drei Bildnisköpfen der Miniatur wieder, mit
kleinen Varianten der Linienführung, je nach dem Alter des Dargestellten,
aber in der gleichen, etwas schematischen Art.
Den Namen des Giovanni Bellini, unter dem das Blatt auf der ge-
nannten Ausstellung erschien, wird man ohne weitere Motivierung beiseite
stellen dürfen, ebenso wie der Hinweis im damaligen Katalog auf eine Stelle
bei Michiel*) gegenstandslos ist, da sie sich auf ein anderes Werk beziehen
muß: der Venezianer hätte es gewiß nicht unterlassen, zu bemerken, daß
hier ein Doge dargestellt war. Wichtig dagegen ist hier das Datum, das sich
uns aus dessen Erscheinen ergibt; in die Regierungszeit Vendraminos (1476
bis 1478) fällt Jacomettos Schaffen noch hinein.
Was man also bisher von Jacomettos Kunst sich vorzustellen vermag,
ist wenig genug; dieses Wenige aber, vorausgesetzt, daß unsere Zuschrei-
bung Beifall findet, mag behilflich sein, um Verwandtes aufzuspüren. Aller-
dings wird man seihe Aufmerksamkeit weniger auf die Galerien richten
dürfen als auf die Mappen der Miniaturensammler. Gerade von den kost-
baren Einzelminiaturen wird sich wohl noch das eine und andere Blatt mit
Jacometto in Verbindung bringen lassen.

EIN RAFEAELESKES BILD IM BESITZ VON RUDOLF ABT.
Will sich einer recht tüchtig auf dem Kunstmarkt umsehen, so kann
er in gewöhnlichen Zeitläuften des Jahres Tausende von leidlichen, mittel-
wertigen Bildern kennenlernen. Wirklich gute Sachen werden ihm nur zu
Hunderten begegnen und der vorzüglichen, besonders bedeutsamen, nur
wenige. Ein derlei vorzügliches, hervorragendes Werk hat sich aus der
Münchner Sammlung Hoch in den Besitz des gleichfalls Münchner Buch-
händlers Rudolf Abt gerettet. Dieses geradeswegs fesselnde Bild ist 1892
bei Gelegenheit der Höchschen Versteigerung böse mißverstanden und
nachweisbar falsch benannt worden. Man hat auf Francesco Albani ge-
raten und ältere, gewiß sinnigere Benennungen kurzweg beiseite geschoben.
Die Abbildung im Versteigerungsverzeichnis zeigte das Bild in stark über-
maltem Zustand. Seither ist es scharf geputzt und neuerlich übermalt worden.
Ich habe behufs einer genauen Prüfung einige Stellen abgedeckt und in
diesem Zustand war das Gemälde, als im Dezember 1915 eine neuerliche
Aufnahme gemacht wurde. Diese liegt der Abbildung auf Tafel IX zu-
grunde. Diese Abbildung soll uns alsbald mitten in den ziemlich verwik-

) Ed. O. Frizzoni, p. 219.
 
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