Das Motiv der Mantik im antiken Drama
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nächtliche Gesicht motiviert würde; auch davon ist nicht die
Rede, wenigstens nicht ausdrücklich 1
Marx 2 macht auf eine Eigentümlichkeit des Traumes in
der dramatischen Ökonomie aufmerksam: im Stücke selbst
wird nichts von den Dingen, von denen der Traum allegorisch
spricht, auf der Bühne wirklich ausgeführt, sondern nur er-
zählt; im „Rudens" dagegen, wie zumeist auch in den grie-
chischen Tragödien, zeigt der Traum nur das im voraus an,
was wirklich auf der Bühne vorgeht.
Marx 3 hat gegen Leo 4 trefflich gezeigt, daß der Traum
in dieser Komödie nicht griechische Schöpfung 5, sondern eine
— wie Marx im einzelnen dartut — recht unglückliche Er-
findung des Plautus selbst ist, der eine Kopie des Traumes
im Rudens liefern wollte. Demgegenüber sucht Kellermann
aaO. den Nachweis zu führen, daß der Traum nicht von Plautus,
sondern von einem späteren Schauspieler interpoliert sei in
der Absicht, den Zuschauern dasjenige, was sich nicht auf
der Bühne selbst abspielt, durch eine) Traumerzählung leben-
diger vor Augen zu stellen. Auf jeden Fall aber ist der
Traum in diesem Stück keine griechische Schöpfung.
§ 54. Miles
Hier begegnet uns das Traummotiv wieder in einer an-
deren Anwendungsart: bei der Ausführung der Intrigue gegen
den Miles bedient sich Philocomasium eines fingierten, von
Palaestrio für sie ersonnenen 6 Traumes, um dem Sklaven
Sceledrus, der sie im Nachbarhause ertappt hat, die Existenz
einer Zwillingsschwester glaubhaft zu machen. Philocomasium
erzählt dem Sceledrus den Traum (382 ff): ihre Zwillings-
schwester schien mit ihrem Liebhaber von Athen nach Ephesus
1 Es ließe sich denken, daß es nach all den Tragödien und Komödien,
in denen — nach den auf uns gekommenen Resten zu schließen — das
Motiv eine Rolle spielte, unnötig war, das Auftreten einer Person aus-
drücklich als durch Traum motiviert zu bezeichnen. 2 AaO. 22.
3 Interpretationes Latinae, Vorlesungsverzeichnis Greifswald 1892, 9
und noch eindringender in der erwähnten Abhandlung. 4 AaO. 147 ff.
5 Das Original ist der "E^nopos des Philemon, s. V. 9 des „Mercator".
6 V. 386.
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nächtliche Gesicht motiviert würde; auch davon ist nicht die
Rede, wenigstens nicht ausdrücklich 1
Marx 2 macht auf eine Eigentümlichkeit des Traumes in
der dramatischen Ökonomie aufmerksam: im Stücke selbst
wird nichts von den Dingen, von denen der Traum allegorisch
spricht, auf der Bühne wirklich ausgeführt, sondern nur er-
zählt; im „Rudens" dagegen, wie zumeist auch in den grie-
chischen Tragödien, zeigt der Traum nur das im voraus an,
was wirklich auf der Bühne vorgeht.
Marx 3 hat gegen Leo 4 trefflich gezeigt, daß der Traum
in dieser Komödie nicht griechische Schöpfung 5, sondern eine
— wie Marx im einzelnen dartut — recht unglückliche Er-
findung des Plautus selbst ist, der eine Kopie des Traumes
im Rudens liefern wollte. Demgegenüber sucht Kellermann
aaO. den Nachweis zu führen, daß der Traum nicht von Plautus,
sondern von einem späteren Schauspieler interpoliert sei in
der Absicht, den Zuschauern dasjenige, was sich nicht auf
der Bühne selbst abspielt, durch eine) Traumerzählung leben-
diger vor Augen zu stellen. Auf jeden Fall aber ist der
Traum in diesem Stück keine griechische Schöpfung.
§ 54. Miles
Hier begegnet uns das Traummotiv wieder in einer an-
deren Anwendungsart: bei der Ausführung der Intrigue gegen
den Miles bedient sich Philocomasium eines fingierten, von
Palaestrio für sie ersonnenen 6 Traumes, um dem Sklaven
Sceledrus, der sie im Nachbarhause ertappt hat, die Existenz
einer Zwillingsschwester glaubhaft zu machen. Philocomasium
erzählt dem Sceledrus den Traum (382 ff): ihre Zwillings-
schwester schien mit ihrem Liebhaber von Athen nach Ephesus
1 Es ließe sich denken, daß es nach all den Tragödien und Komödien,
in denen — nach den auf uns gekommenen Resten zu schließen — das
Motiv eine Rolle spielte, unnötig war, das Auftreten einer Person aus-
drücklich als durch Traum motiviert zu bezeichnen. 2 AaO. 22.
3 Interpretationes Latinae, Vorlesungsverzeichnis Greifswald 1892, 9
und noch eindringender in der erwähnten Abhandlung. 4 AaO. 147 ff.
5 Das Original ist der "E^nopos des Philemon, s. V. 9 des „Mercator".
6 V. 386.